Volksfest Indersdorf:Zwischen Vorfreude und Sorge

Lesezeit: 5 min

Marianne Sennefelder freut sich auf die zehn Tage des Indersdorfer Volksfestes, sie sagt: "Ich liebe es. Solange ich zucke, werde ich das noch machen". (Foto: Toni Heigl)

Endspurt bei den Vorbereitungen für das Indersdorfer Volksfest: Seit Tagen schrauben, schrubben und polieren die Schausteller und Gastronomen auf der Festwiese. Ein Rundgang.

Von Luisa Müller, Markt Indersdorf

Vom Festplatz tönen hämmernde, klopfende und sägende Geräusche. Die letzten Vorbereitungen für das Indersdorfer Volksfest laufen, bis es in wenigen Stunden wieder heißt: O'zapft is! Wie sehr sich die Schausteller auf die kommenden zehn Tage freuen, ist am Mittwochvormittag zu spüren. Marianne und Detlef Sennefelder haben ihren Stand mit süßen Spezialitäten direkt am Eingang des Festplatzes. Die obligatorischen Lebkuchenherzen hängen mit ihren bunten Bändern bereits von der Decke: Geliebter Teufel, Bärli, Feschs Dirndl oder "I mog di" ist darauf in Zuckergussschrift zu lesen. "Wir sind schon fast ein Antiquitätengeschäft hier" lacht Marianne Sennefelder. Denn ihr Stand ist einer der ältesten auf dem Indersdorfer Volksfest. Vor 35 Jahren hat das Ehepaar die Schaustellerbude von Familie Aigner übernommen und seither in Familientradition fortgeführt. Mittlerweile helfen auch die Kinder und Enkelkinder mit. "Wir waren schon immer ein Familienbetrieb und werden auch immer einer bleiben", erzählt sie stolz. "Ich liebe es. Solange ich zucke, werde ich das noch machen."

Für Familie Sennefelder ist das Indersdorfer Volksfest Saisonauftakt, danach folgen Lohhof, Karlsfeld und Dachau. Ihr Stand verkörpert das Traditionelle: Die rote Markise, die braunen Dachziegel und die vielen LED-Lichter, die das Dach schmücken. Die Augen von Marianne Sennefelder leuchten, ihr Lachen versprüht Herzlichkeit. Doch es liegen schwere Zeiten hinter ihr, während der Pandemie habe sie an den Sparstrumpf gehen müssen, erzählt sie, umso glücklicher ist sie, dass es im vergangenen Jahr so gut lief. Mit dem gleichen Ansturm rechnet Sennefelder in diesem Jahr aber nicht. "Ich wäre zufrieden, wenn es so wäre wie vor der Pandemie." Volksfeste seien schon immer ein Auf und Ab gewesen: Jahre, in denen es nur regnet, in denen es viel zu heiß gewesen sei - das Ehepaar Sennefelder ist vieles gewohnt. Aber die höheren Preise gehen auch an Marianne Sennefelder nicht spurlos vorbei. Bis jetzt halte es sich aber die Waage, wie sie sagt. Die Verkaufspreise habe sie bereits vor Corona erhöhen müssen, heuer seien es aber die gleichen Preise wie im Vorjahr. "Es ist immer weitergegangen. Es wird auch jetzt weitergehen", sagt sie hoffnungsvoll.

Teil einer Dynastie: Die Familie von Paul Diebold ist schon seit 1845 im Schaustellergeschäft unterwegs. (Foto: Toni Heigl)
Der Break Dance ist zurück und ersetzt das Fahrgeschäft Blackout, das die Fahrgäste 20 Meter in die Höhe katapultierte. (Foto: Toni Heigl)
Ein neues Gesicht auf dem Indersdorfer Volksfest: Severin Seiler, Betreiber des Riesenrades, hofft auf ein gemütliches Fest. (Foto: Toni Heigl)

Nur wenige Meter vom Süßwarenstand der Sennefelders entfernt steht der Rainbow Star, ein Karussell für die ganzen Kleinen. Paul Diebold füllt gerade das Kompressor-Öl ein, damit die Micky Maus, der gelbe Hubschrauber oder der kleine Elefant geschmeidig in der Luft fliegen können. In fünfter Generation ist er bereits Schausteller und gehört zur großen Schausteller-Dynastie Diebold. Davon zeugt nicht nur der große Stammbaum, den er zeigt, sondern auch die Autoscooter-Anlage schräg gegenüber: Dessen Betreiber Florian Diebold sei der Sohn seines Cousins, erzählt er. Die farbenfrohen Autoscooter stehen bereits ordentlich aneinandergereiht auf der Fahrbahn. Auf der Wand dahinter ist in großen gelben Buchstaben Edmund Diebold zu lesen, der Großvater von Florian Diebold.

Paul Diebold findet keinen Nachfolger für seine Fahrgeschäfte

Für den Rainbow Star und die anderen Fahrgeschäfte, die Paul Diebold betreibt, sei nach ihm jedoch Schluss, wie er erzählt. Seit 1845 arbeitet seine Familie im Schaustellergeschäft, doch er selbst findet niemanden, der den Rainbow Star, den Ballwurf Magic Star oder das Pferdekarussell übernehmen möchte. Der Frust des 52-Jährigen ist spürbar, denn der Arbeitskräftemangel in der Branche macht sich auch bei ihm bemerkbar. Generell würde er keine Arbeitskräfte mehr finden, sagt er. Aus diesem Grund mache er fast alles alleine, mit der Unterstützung seiner Familie: "Mein Sohn hat sich einen Tag freigenommen und beim Aufbau geholfen. Den Betrieb machen meine Frau und ich und am Mittwoch kommt dann meine Tochter dazu", sagt er.

Paul Diebold war bereits als Kind im Betrieb seiner Eltern dabei, seit 1988 ist er selbständig. Die Erfahrung komme ihm vor allem beim Aufbau zugute. "Wir sind schnell", lacht er. Vor ein paar Tagen hätten er und sein Sohn um halb acht Uhr mit dem Aufbau begonnen und seien schon um 14 Uhr wieder fertig gewesen. Nach dem Volksfest in Markt Indersdorf geht es für ihn nach Sonthofen im Allgäu, dann nach Kaufbeuren und unter anderem noch auf das Erdinger Herbstfest und den Dachauer Christkindlmarkt.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Rechts neben dem Rainbow Star steht das altbewährte Break Dance, welches das Fahrgeschäft Blackout ersetzt, in dem sich die Besucher im vergangenen Jahr in 20 Metern Höhe durchrütteln lassen konnten. Der Break Dance ist ein Karussell der schnellen Art, dessen bunte Gondeln sich auch um die eigene Achse drehen. Noch sind sie mit einer blauen Plane bedeckt, doch schon bald dröhnt wieder lautes Geschrei und beliebte Pop-Musik aus den Anlagen des Break Dance.

Das höchste Fahrgeschäft in diesem Jahr ist 38 Meter hoch. Bereits aus kilometerweiter Entfernung ragt das Riesenrad heraus. Nicht nur die Höhe verspricht eine unvergessliche Aussicht, sondern auch die rundum verglasten Panoramagondeln. Betreiber ist Severin Seiler, der 40-Jährige arbeitet schon seit fünf Jahren für seinen besten Freund, dem das Riesenrad und andere Fahrgeschäfte gehören, wie er erzählt. Seine Premiere hatte das neue Riesenrad erst vor wenigen Monaten auf dem Landshuter Weihnachtsmarkt. Mit den Nachbarn habe er sich schon bekannt gemacht, erzählt Seiler. Jetzt freue er sich insbesondere auf ein "gemütliches Fest". In Markt Indersdorf will er seinen Kunden nicht nur eine Panorama-Aussicht bieten, sondern auch eine kleine Auszeit. Davon zeugt nicht nur der karibische Hintergrund, der auf der Rückwand des Riesenrades mit weißem Sandstrand, Palmen und hellblauem Meer abgebildet ist, sondern auch die Chill-Out Musik, die über die Lautsprecher zu hören ist.

Julia Baehr, die Stieftochter von Festwirt Brandl und Bierbrauer René Schnotz bei den letzten Vorbereitungen vor dem Anstich. (Foto: Toni Heigl)
Das Zauberschloss mit den wehenden Fahnen steht einige Tage vor dem Volksfestbeginn noch schräg . (Foto: Toni Heigl)

Mit vier Lastwagen und einem Wohnwagen sind Seiler und zehn weitere Männer zum Aufbau vor wenigen Tagen angerückt. "Weil es noch relativ neu ist, brauchen wir momentan noch zwei Tage für den Aufbau", sagt er. Vorher waren sie bereits auf dem Münchner Frühlingsfest, als Nächstes steht dann das Ikarus Festival in Memmingen an.

Direkt neben dem Riesenrad wehen bereits die Fahnen des Kinderkarussells Zauberschloss. Noch stehen die Türme des Schlosses mit den roten Spitzdächern in Schieflage und bis auf die Türme lässt nur wenig darauf schließen, dass es sich um ein Zauberschloss handelt. Doch auch hier ist der Aufbau in Gange. Aus dem Lkw, der neben dem eingeklappten Schloss steht, schauen bereits ein kleines Feuerwehrauto und ein Drache heraus.

10,60 Euro kostet die Maß in diesem Jahr

Am oberen Ende des Platzes steht das Festzelt der Familie Brandl. Von außen scheint alles bereit zu sein für den Anstich. Auf der überdachten Terrasse steht Julia Baehr, die Stieftochter von Festwirt Peter Brandl und gibt über ein Funkgerät letzte Anweisungen. Im Festzelt sind rund zehn Menschen fleißig am Arbeiten, unter ihnen René Schnotz vom Kapplerbräu, der auch in diesem Jahr wieder das Bier liefert. Seit 1925 gibt es das Festzelt Brandl, seit vergangenem Jahr auch auf dem Indersdorfer Volksfest. Baehr ist seit 17 Jahren mit dabei, wie sie erzählt. Auch für Familie Brandl ist das Indersdorfer Volksfest die erste Station im Jahr, anschließend geht es auf das Karlsfelder Siedlerfest. Julia Baehr freut sich vor allem auf ein volles Zelt und das Gefühl von der Bühne auf die Menge herunterzuschauen und die Stimmung zu spüren.

Trotz fehlender Arbeitskräfte in der Gastronomie kann sich die Familie Brandl auf ihr Stammteam verlassen, wie Baehr erzählt. "Wir haben seit Jahren ein konstantes, loyales Team, die auch alle nach Corona wiedergekommen sind." 10,60 Euro kostet die Maß in diesem Jahr. Durch die gestiegenen Lieferantenkosten mussten sie die Preise anheben, wie Julia Baehr erzählt. Viele Reservierungen habe sie trotzdem entgegengenommen. Und die gestiegenen Preise dürften die meisten Volksfestgänger auch nicht vom Feiern abhalten.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBenjamin Sedlmair aus Petershausen
:Wie ein 15-Jähriger mit Schwimmfarn den Klimawandel stoppen will

Benjamin Sedlmair baut in seinem Garten in Petershausen Azolla, eine Pflanze mit enormen Potenzial, an: Sie bindet viel CO₂, lässt sich als Düngemittel einsetzen und als Soja-Ersatz an Tiere verfüttern. Über einen jugendlichen Visionär.

Von Anna Schwarz

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: