Markt Indersdorf:Geistreich und kritisch

Markt Indersdorf: 92 Schüler haben am Gymnasium Markt Indersdorf ihr Abitur gemacht. Am Freitag bekamen sie endlich das lang ersehnte Abschlusszeugnis

92 Schüler haben am Gymnasium Markt Indersdorf ihr Abitur gemacht. Am Freitag bekamen sie endlich das lang ersehnte Abschlusszeugnis

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Indersdorfer Gymnasiasten nehmen ihr Reifezeugnis entgegen

Von Anna-Sophia Lang, Markt Indersdorf

Freiheit kann vieles bedeuten. Unabhängig zu sein, sich einen lang ersehnten Wunsch zu erfüllen, hingehen zu können, wo immer man will. Für die Abiturienten des Gymnasiums Markt Indersdorf bedeutet sie in diesen Tagen vor allem eins: endlich keine Schule mehr. Ein neuer Lebensabschnitt ist zum Greifen nahe. "Ich brauch mehr Platz und frischen Wind", singen die Schüler bei ihrer Abschlussfeier, "ich mach 'nen Kopfsprung durch die Tür, lass' alles hinter mir, hab' großes im Visier."

Damals in der fünften Klasse, erzählt Schülersprecherin Katharina Buchberger, seien die Zukunftsvorstellungen der Stufe noch sehr naiv gewesen. "Astronaut, Fußballprofi, Prinzessin wollten wir werden - oder sogar Lehrer." Jetzt, da sie den ersten großen Schritt in die Zukunft getan haben, wünscht ihnen Elternbeirätin Marion Schmeller Humor und Selbstvertrauen. Mut, etwas zu wagen und auch mal Nein zu sagen und die Fähigkeit, querzudenken, eigenständig und originell. Es sind gute Wünsche, aber auch Eigenschaften, die die Schüler längst besitzen. Acht Jahre nach dem ersten Tag am Gymnasium sind aus den Kindern mit den naiven Wünschen junge Menschen geworden: geistreich, kritisch und selbstreflektiert.

Auch Landrat Stefan Löwl und Schuldirektor Thomas Höhenleitner sparen nicht mit Ratschlägen. Dass Löwl nach dem Abschluss erst mal alle seine Übungsblätter in einer Verbrennungszeremonie in Asche verwandelt hat, gehört vielleicht zu den weniger ernst gemeinten Anmerkungen. "Nehmen Sie das Feuer mit in die Zukunft. Brennen Sie für Ihr Leben", sagt er dann. Und erinnert die Abiturienten daran, dass sie das nun zwar selbst in der Hand hätten, aber die neu gewonnene Freiheit auch die herausfordernde Aufgabe mit sich bringe, eigene Entscheidungen zu treffen. Eigene Entscheidungen sind auch das Herzstück von Höhenleitners Rede - man muss sie fast schon Appell nennen.

"Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann 'ne Gedichtsanalyse schreiben. In vier Sprachen", hatte die Kölner Gymnasiastin Naina vor einigen Monaten getwittert und eine deutschlandweite Debatte über den Sinn der Lehrinhalte ausgelöst. "Das ist eine Frage der Gewinnoptimierer und Nutzenmaximierer", sagt Höhenleitner und kritisiert, dass sich marktwirtschaftliche Prinzipien schon in zu viele Bereiche der Gesellschaft verirrt hätten. "Es geht nur dann, wenn der einzelne freiwillig mehr tut als das Notwendige und Rentable", sagt er zu den Abiturienten, zitiert Alexander von Humboldts Philosophie der allgemeinen Bildung und Immanuel Kants Aufruf gegen die selbst verschuldete Unmündigkeit. "Heute bekommen Sie Ihr Zeugnis, Ihr Reifezeugnis", sagt er, "das prädestiniert Sie zur Mitgestaltung der Welt." Dass sie ihre Verantwortung erkennen, ihren Gestaltungsspielraum nutzen, sich nicht aus Bequemlichkeit Debatten entziehen und darüber die eigene Rolle vergessen - das wünscht der Schulleiter den Abiturienten. Und manchmal steckten ja auch in Gedichten wahre Lebensanleitungen, wie in Hermann Hesses "Stufen". "Streben Sie nicht alleine Gewinn und Nutzen an, werden Sie ganz im Sinne Humboldts Menschen mit Herz, Mut und Charakter", gibt er ihnen mit auf den Weg. Da muss er sich bei diesem Jahrgang keine Sorgen machen.

Für besondere schulische Leistung geehrt wurden Sophia Aiello, Sonja Ernst, Johannes Hayes, Marie Lask, Anna Schneewind und Cornelia Ziehm, die ihren Abschluss mit 1,5 machten. Alexander Lörcher ist der Jahrgangsbeste, er machte sein Abitur mit 1,4, genau wie Elisabeth Stöckl.

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