Markt Indersdorf:Frontalunfall mit Rauschbrille

Polizei und Verkehrswacht führen Schülern des Indersdorfer Gymnasiums vor Augen, welche Folgen Alkohol und Drogen am Steuer haben.

Von Sarah Stemmler, Markt Indersdorf

"Das war Rot! Grün heißt fahren, bei Rot musst du stehenbleiben!" Der Ausruf kann dem Radfahrer nicht mehr helfen. Frontal ist er gegen die Kühlerhaube des Wagens geprallt, als er an einer Ampel über die Straße wollte. Doch der Unfall hat zum Glück keine Folgen, außer, dass die Fahrsimulation beendet ist. Die Elftklässlerin, die nicht rechtzeitig bremsen konnte, steigt vom Sitz des Pkw-Simulators. Ihre Fahrt fand unter erschwerten Bedingungen statt: Durch einen angedeuteten Tunnelblick und verlangsamte Reaktionszeit erlebt sie, wie sich 0,8 Promille auf die Fahrtüchtigkeit auswirken. Auf einmal fährt man Schlangenlinien, hat Mühe, das Auto auf der Fahrbahn zu halten, verschätzt sich beim Abbiegen fatal.

Der 50 000 Euro teure Fahrsimulator, der auch zur Schulung von Rettungskräften genutzt wird, ist Teil einer Aktion am Gymnasium Markt Indersdorf (GMI). Während die anderen Schüler den Countdown zu den Sommerferien mit den sogenannten Projekttagen verbringen, nehmen die Elftklässler an einer Prävention zum Thema Alkohol und Drogen im Straßenverkehr teil. Insgesamt neun Stationen durchlaufen die Schüler dabei auf dem Gelände des GMI, organisiert wird die Veranstaltung von der Kreisverkehrswacht und der Polizeiinspektion Dachau. Polizeihauptkommissar Richard Wacht geht es in erster Linie darum, die künftigen Verkehrsteilnehmer zu sensibilisieren. Die Station "Unfallszenario" soll den Schülern klarmachen, welche Konsequenzen ein Verkehrsunfall für Opfer und Angehörige haben kann. Zwei Polizistinnen spielen hierfür die Streife in einer Unfallnacht nach, wie sie tatsächlich im Landkreis Dachau stattgefunden hat. "Wir schauen immer, dass wir es nah herziehen", sagt Wacht, denn reale Ereignisse können die Jugendlichen umso mehr aufrütteln.

Markt Indersdorf: Die Schüler versuchen, die Linien nachzulaufen.

Die Schüler versuchen, die Linien nachzulaufen.

(Foto: Toni Heigl)

Schicksale von Unfallopfern

Erschütternd ist auch die Station "Schatten", eine Ausstellung des ADAC, bei der sechs persönliche Schicksale von Unfallopfern dargestellt werden. Das Zimmer von Alexander Freyberg, Leiter der Ambulanz des Klinikums Dachau, verlassen die Schüler ebenfalls mit nachdenklichen Mienen. Freyberg schildert unter anderem, was mit Jugendlichen geschieht, die volltrunken in seine Obhut kommen und spart unangenehme Details wie das Magenauspumpen keineswegs aus. "Warum trinkt man überhaupt Alkohol?", beginnt er sein Programm provokant. "Weil es gut schmeckt", lautet eine Antwort. "Weil es die Stimmung verändert." Und, nicht zu vergessen: "Weil man angeben will."

Auch Thomas Slamanig, Jugendbeamter der Polizeiinspektion Dachau, sucht den Dialog mit den Elftklässlern. Obwohl er für eine Schülergruppe nur eine halbe Stunde Zeit hat, gelingt es ihm, eine vertraute, fast freundschaftliche Atmosphäre zu schaffen. Slamanig unterhält sich mit den Jugendlichen über Drogen, hauptsächlich über Marihuana. Statistisch gesehen würde pro Klasse mindestens ein Schüler Marihuana konsumieren. Die Droge wirke generell als Gefühlsverstärker, egal, ob es um positive oder negative Emotionen geht. Slamanig spricht mit den Schülern hauptsächlich über die Folgen für den eigenen Körper, erhöhtes Krebsrisiko, drohende Impotenz, höhere Wahrscheinlichkeit für Fehlgeburten. Mit all dem geht er locker um, nicht altklug. "Kiffer bewegen sich oft sehr langsam, sehr gechillt. Nicht, weil sie so cool sind, sondern weil es nicht mehr anders geht." Cannabis lege sich auf die Synapsen, verlangsame die Reaktionen. "Ziemlich viel läuft nicht mehr gescheit." Keine Frage, wie sich das im Straßenverkehr auswirken kann.

Markt Indersdorf: Mit Rauschbrillen fahren die Schüler durch Parcours.

Mit Rauschbrillen fahren die Schüler durch Parcours.

(Foto: Toni Heigl)

Abwechslungsreich und informativ

Wie lange ihre eigene Reaktionszeit ist, können die Elftklässler beim Bremssimulator der Kreisverkehrswacht herausfinden. Die Simulationen faszinieren die Schüler, jeder will es mal ausprobieren. "Früher hat man alles versucht, um junge Leute anzulocken", sagt Hannes Beck von der Verkehrswacht und grinst. "Da hat man versucht, seine Flyer in der Fußgängerzone loszuwerden. Jetzt kommt jeder freiwillig." Schulleiter Thomas Höhenleitner ist überzeugt, dass das "lebensnahe, praktische Angebot" die Schüler weiterbringen wird. Die Resonanz der Elftklässler ist sehr positiv, vor allem der Fahrsimulator findet Gefallen. Auch die Gokartfahrten mit Rauschbrillen führen die Auswirkungen von Alkohol am Steuer deutlich vor Augen. Insgesamt ist es ein abwechslungsreiches und informatives Programm, das die Polizeiinspektion Dachau gemeinsam mit der Kreisverkehrswacht zusammengestellt hat.

Die Aktion ist vor allem für Schüler zwischen 16 und 18 gedacht, die gerade ihren Führerschein machen. In der vergangenen Woche hat die Prävention auch am Josef-Effner-Gymnasium in Dachau stattgefunden. Bei Interesse können Schulen das Programm bei der Polizei anfordern.

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