Ausstellung des Heimatvereins:Die Engel von Indersdorf

Ausstellung des Heimatvereins: Jahrzehntelang kümmerten sich die Barmherzigen Schwestern in Indersdorf um Kinder, Alte und Kranke.

Jahrzehntelang kümmerten sich die Barmherzigen Schwestern in Indersdorf um Kinder, Alte und Kranke.

(Foto: Toni Heigl)

Nach dem Zweiten Weltkrieg betreuten die Barmherzigen Schwestern in der Marktgemeinde traumatisierte Kinder, sie pflegten Kranke, organisierten Schulunterricht und Konzerte. Eine Ausstellung des Heimatvereins erinnert nun an ihre vielfältigen Verdienste.

Von Dajana Kollig, Markt Indersdorf

Auf dem Foto des früheren Lehrerkollegiums der Vinzenz-von-Paul-Realschule in Indersdorf sieht man in den hinteren Reihen einen Mann mit blondem Haar. "Das bin ich in jungen Jahren", sagt Anton Wagatha lachend, Vorsitzender des Heimatvereins Indersdorf e.V. und langjähriger Rektor der Realschule.

Die Fotografie wird mit zahlreichen weiteren Bildern, Dokumenten und Exponaten im Rahmen der Ausstellung "Barmherzige Schwestern in Indersdorf - Unterwegs im Dienst für die Menschen" im Augustiner-Chorherren-Museum gezeigt.

Die Geschichte des Ordens in Indersdorf beginnt im Jahr 1854

Die Geschichte des Ordens in Indersdorf beginnt im Jahr 1854, als die sozial engagierte Gräfin Viktorine von Butler-Haimhausen für das von ihr betreute Kinderheim fachliche Unterstützung suchte und sich hierbei an das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern in München wandte. Die Schwestern, die es als Teil ihrer Sendung sehen, Menschen in Not beizustehen, und deren Gemeinschaft besonders auf karitative Zwecke ausgerichtet ist, hielten kurz darauf Einzug in dem Kinderheim, das sich damals noch in Haimhausen befand. 1856 erfolgte aus Platzgründen der Umzug in das damals leer stehende Klostergebäude der Salesianerinnen in Indersdorf.

Zahlreiche ausgestellte Fotografien zeugen von dieser Zeit, Bilder des Sportunterrichts im Kinderheim in den 20er Jahren, Bilder der Schülerinnen aus der 1922 angegliederten Landfrauenschule. Er sei froh, noch Bilder aus dieser Zeit bekommen zu haben, sagt Wagatha, die meisten stammen aus Privatbesitz. Für ihn ist das Highlight eine alte Schulbank, die bis heute erhalten geblieben ist. Die Sütterlinschrift auf der alten Schiefertafel erinnert an den Unterricht von vor 100 Jahren und dürfte heutigen Schülern ähnlich fremd sein wie chinesische Schriftzeichen.

Außerdem ist eine Aufzeichnung aller Schülerinnen der Haushaltsschule erhaltengeblieben, was den Besucher die Sorgfalt erahnen lässt, mit der die Schwestern das Haus leiteten. Über Seiten ziehen sich in säuberlicher Handschrift die zahlreichen Namen und Adressen der Mädchen. Bis 1938 führte der Orden das Kinderhaus, genannt Marienanstalt, bis sie von den Handlangern des NS-Regimes vertrieben wurden. Die Rückkehr der Schwestern in das Heim erfolgte in Zusammenarbeit mit der UNRRA, der Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen. Die chaotischen Zustände bei der Pflege der oftmals traumatisierten Kinder sorgten für Unstimmigkeiten und führten letztendlich zu der Kündigung des Verhältnisses zwischen der Organisation und den Schwestern. Diese zogen sich daraufhin 1946 für zwei Jahre wieder in das Mutterhaus nach München zurück. In dieser Zeit war die Einrichtung der IRO, einer Unterorganisation der UNRRA, unterstellt, die es in schwer beschädigtem Zustand 1949 den Schwestern wieder überließ. Ziel der Ordensgemeinschaft war es, die Marienanstalt wieder aufzubauen. Dies erwies sich als schwieriger als zunächst gedacht, es waren aufwendige Renovierungsarbeiten nötig. Aus dieser Zeit sind Dokumente über die Verwüstung erhalten geblieben, das Übernahmeprotokoll der Schwestern beispielsweise, oder auch Bilder der vermüllten Räume. Das neue Marienheim konnte 1951 wiedereröffnet werden. Hierzu gehörten mittlerweile ein Kindergarten, eine Landfrauenschule und ab 1952 auch eine Mittelschule und eine Haushaltungsschule mit Internat.

Auch im Alltag der Indersdorfer hatten die Nonnen einen festen Platz

Die verschiedenen Wirkungsstätten der Schwestern umfassten nicht nur die Schulen und den Kindergarten. Sie waren außerdem im Bezirks- und späteren Kreiskrankenhaus, in den Altenheimen und der Sozialstation aktiv. Doch auch im Alltag der Indersdorfer hatten die Nonnen einen festen Platz. Durch Konzerte und Veranstaltungen im Barocksaal des Klosters spielten die Ordensschwestern eine große Rolle im kulturellen Leben der Gemeinde. Bilder zeigen lange Prozessionen der Nonnen mit Flügelhauben, einer damals üblichen Kopfbedeckung der Ordensfrauen. Viele Jahre prägten sie das Straßenbild, bis sich die verbliebenen acht Schwestern 1992 altersbedingt aus Indersdorf verabschiedeten. In den Köpfen der Indersdorfer sind sie aber immer noch präsent, und auch die bis heute bestehenden Schulen in den ehemaligen Klostergebäuden erinnern an diese Zeit. Man wollte den Schwestern eine Ehre erweisen, für all ihre Dienste zum Wohl der Marktgemeinschaft, erklärt Wagatha, das sei der Anlass für den Aufbau der Ausstellung durch den Heimatverein gewesen. Viele Taten wie die Mitwirkung der Schwestern im Krankenhaus oder Altersheim seien schlicht in Vergessenheit geraten. Auch die Schwestern selbst kommen zu Wort: Auf einem Computer können Besucher sich Interviews mit verschiedenen früheren Indersdorfer Nonnen anhören, darunter auch Schwester Borromäa, Ehrenbürgerin der Marktgemeinde, die von ihrem persönlichen Weg zur Marienanstalt erzählt.

Er sei stolz auf diese Ausstellung, sagt Wagatha. Und schmunzelt, jetzt könne er in Ruhe in Pension gehen. Die Dokumentation des Wirkens der Barmherzigen Schwestern in Indersdorf wird am Samstag, 27. April, um 18.30 Uhr im Augustinerchorherren-Museum eröffnet und ist bis zum 15. September jeden Samstag und Sonntag zu den üblichen Museumsöffnungszeiten zu sehen.

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