Markt Indersdorf:Aufstand der Schäfchen

Im Dorf Ainhofen laufen die Bewohner Sturm gegen Pläne des Pfarrers. Der will die 100 Jahre alte Orgel der Wallfahrtskirche verkaufen.

Sonja Siegmund

Seit einigen Wochen sind die Bürger im 350-Einwohner-Dorf Ainhofen richtig wütend. Grund sind die Pläne von Pfarrer Stefan Hauptmann, der den Pfarrverband Indersdorf leitet. Nach dessen Vorstellungen soll die Empore in der Marienwallfahrtskirche verkleinert, die alte Orgel verkauft und ein neues Instrument erworben werden. Empört sind die Einwohner vor allem darüber, dass das Vorhaben aus ihren Spenden für die Kirchenrenovierung mitfinanziert werden soll (siehe Kasten). Mit einer Unterschriftenaktion hat sich die gesamte Dorfgemeinschaft für den Erhalt von Empore und Orgel ausgesprochen.

Markt Indersdorf: Der geplante Rückbau der im 19. Jahrhundert erweiterten Empore auf ihren barocken Zustand stößt in der Ainhofener Kirchengemeinde auf Widerstand.

Der geplante Rückbau der im 19. Jahrhundert erweiterten Empore auf ihren barocken Zustand stößt in der Ainhofener Kirchengemeinde auf Widerstand.

(Foto: DAH)

Die Vertreter der Ainhofner Kirchenverwaltung mit Kirchenpfleger Josef Schmaus, Katharina Schroll, Johannes Ostermair und Anton Doll haben das Vorhaben bereits zweimal schriftlich abgelehnt. "Aber das scheint Pfarrer Doktor Hauptmann überhaupt nicht zu interessieren. Im Gegenteil, jetzt fordert er noch eine dritte Stellungnahme von uns", sagt Kirchenpfleger Schmaus. Die Verantwortlichen im Bau- und Kunstreferat der Erzdiözese München-Freising empfehlen, dass die im 19. Jahrhundert erweiterte Empore "auf ihren barocken Zustand zurückgebaut" wird. Als Begründung diente zunächst die "statische Gefährdung" der stützenlosen Empore. Durch diese Maßnahme würde das "ikonographische Programm im Innenraum wieder ablesbar (Wand- und Deckenflächen), sodass die Kirche von der Eingangsseite her stimmig wahrnehmbar" werde, heißt es in einem Schreiben des Ordinariats. Eine statische Untersuchung habe indes ergeben, dass aus "sicherheitstechnischen Gründen kein Rückbau notwendig ist", was Architekt Martin Spaenle in einem Schreiben bestätigt. Vielmehr seien jetzt nur noch "ästhetische Gründe" maßgebend für die geplante Baumaßnahme.

Im Zuge des Rückbaues soll die 1910 entstandene Orgel durch eine neue Truhenorgel ersetzt werden, die man im Chorraum aufstellen will. Den Wunschvorstellungen von Pfarrer Hauptmann und den Verantwortlichen der Erzdiözese schließen sich die Untere Denkmalschutzbehörde sowie das Landesamt für Denkmalpflege an. Die Kirchenverwaltung Ainhofen indes stellt sich geschlossen gegen diese Pläne.

Ein Rückbau kommt für uns nicht in Frage, weil das immer mit dem Verlust unserer alten Orgel verbunden wäre", sagt Kirchenverwaltungsmitglied Johannes Ostermair. "Wir müssten uns schämen, wenn diese Orgel, die unsere Urgroßeltern vor hundert Jahren in mageren Zeiten mitfinanziert haben, einfach so verramscht würde." In einer weiteren Kostenschätzung soll der Verkauf des von dem Münchner Orgelbauer Willibald Siemann hergestellten Instrumentes 15 000 Euro einbringen.

Für einen Erhalt spricht sich hingegen der Orgelsachverständige Michael Hartmann aus, der lediglich eine umfassende Reinigung und Intonation empfiehlt. Der Neukauf einer Truhenorgel, die laut Pfarrer Hauptmann "in den nächsten Jahren 50 Jahren kaum Kosten verursacht", wird in dieser Kalkulation mit 30 000 Euro veranschlagt. Um den Verantwortlichen aufzuzeigen, wie die Dorfgemeinschaft zu den geplanten Maßnahmen steht, hat die Kirchenverwaltung Ainhofen vor kurzem eine Unterschriftenaktion initiiert. Darin haben sich 206 Ortsbewohner über 18 Jahre, also nahezu die gesamte Einwohnerschaft, für den Erhalt der erweiterten Empore und der historischen Orgel ausgesprochen. Für den ehemaligen Kirchenpfleger Josef Fischhaber war "diese Aktion supergut. Nur gemeinsam können wir etwas bewirken."

Die Gymnasialreferendarin Franziska Schießl würde es bedauern, "wenn eine uralte Tradition abgeschafft wird. Zu unserer Wallfahrtskirche gehört diese Orgel und Empore einfach dazu". Anneliese Schilcher, Hausfrau, kann nicht einsehen, "warum etwas geändert werden soll, was nicht unbedingt notwendig ist".

Unterstützt wird die Kirchenverwaltung nicht nur von der Dorfgemeinschaft. Nach der Kirchenstiftsordnung steht auch die Rechtslage auf Seiten der Kirchenverwaltung. Auf Nachfrage der SZ erklärte ein Mitglied des Indersdorfer Pfarrverbandes, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, dass eine Kirchenverwaltung als öffentlich rechtliche Körperschaft fungiere. "Nach Artikel 19 der Kirchenstiftsordnung gilt immer der Mehrheitsbeschluss. An diese Regeln muss sich jeder Pfarrer halten." Eine Stellungnahme von Pfarrer Stefan Hauptmann war leider bislang nicht möglich, das Indersdorfer Pfarrbüro ist während der Weihnachtsferien geschlossen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: