Stellenabbau:Appelle aus Berlin an die MAN-Spitze

Stellenabbau: Tausende von Arbeitsplätzen sollen im MAN-Werk am Münchner Standort, also in Karlsfeld und in Dachau, abgebaut werden. Darunter sind auch etwa 2200 Beschäftigte aus dem Landkreis Dachau, die um ihren Job bangen müssen.

Tausende von Arbeitsplätzen sollen im MAN-Werk am Münchner Standort, also in Karlsfeld und in Dachau, abgebaut werden. Darunter sind auch etwa 2200 Beschäftigte aus dem Landkreis Dachau, die um ihren Job bangen müssen.

(Foto: Toni Heigl)

Der Abgeordnete Michael Schrodi (SPD) protestiert gegen den geplanten Stellenabbau bei dem Lkw-Hersteller in Karlsfeld. Auch Katrin Staffler (CSU) und Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) wollen der Belegschaft helfen.

Von Jacqueline Lang, Dachau/Berlin

In ihren Anfängen war die SPD eine Arbeiterpartei. Lange ist es her. Aber daran mag sich der MAN-Betriebsratsvorsitzende Saki Stimoniaris erinnert gefühlt haben, als er eine Einladung des Dachauer und Fürstenfeldbrucker Bundestagsabgeordneten Michael Schrodi nach Berlin erhielt. Der Sozialdemokrat war der einzige Parlamentarier, der in dem drohenden Stellenabbau bei MAN in Karlsfeld und Dachau den Beschäftigten Hilfe angeboten hat.

Für den MAN-Standort München geht es derzeit um alles: Die Jobs von 9000 Mitarbeitern stehen auf dem Spiel, darunter rund 2200 aus dem Landkreis Dachau. Die Unternehmungsführung hat Ende September den Weg freigemacht für betriebsbedingten Kündigungen. Verträge mit einer Jobgarantie bis zum 31. Dezember 2030 wurden zum 1. Januar 2021 gekündigt. Betriebsratsvorsitzender Saki Stimoniaris hat diese Entscheidung als "Kulturbruch" bezeichnet. Der Schock sitzt tief bei den Mitarbeitern, die teils schon jahrelang für den Lkw-Hersteller tätig sind. Bis klar wurde, dass der Konzern vor betriebsbedingten Kündigungen nicht Halt machen wird, hatten viele noch daran geglaubt, dass sich Betriebsrat und Vorstand schon einigen würden. Doch das scheint in weite Ferne gerückt zu sein.

"Die Arbeitsplätze müssen unbedingt erhalten bleiben"

Das von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vor kurzem erst verlängerte Instrument der Kurzarbeit solle Unternehmen in einer Krise wie der aktuellen helfen und "gerade verhindern, dass Arbeitsplätze abgebaut werden", erklärt Schrodi. Der Bundestagsabgeordnete beanstandet, dass das Unternehmen seiner Beschäftigtenverantwortung nicht gerecht werde: "Die Arbeitsplätze müssen unbedingt erhalten bleiben. Dafür möchte ich mich einsetzen. MAN muss den Standort München zukunftsfest machen, und dazu gehört, dass die Unternehmensführung noch mehr in neuen Technologien denkt." Es gehe um alternative, klimafreundliche Antriebstechnologie wie den Wasserstoffantrieb - gerade im Hinblick auf Klima und den auch von seiner Partei geforderten Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Die SPD im Bundestag setze sich dafür ein. "In der Wirtschafts- und Energiepolitik wollen wir noch stärker Ökonomie, Ökologie und Soziales miteinander vereinen", sagt Schrodi. Bis 2024 würden 1,5 Milliarden Euro für "Zukunftsinvestitionen der Fahrzeughersteller und der Zulieferindustrie" sowie für innovative Forschung und Entwicklung bereitgestellt. Damit sollen Wissenschaft und Wirtschaft bei ihrer Gemeinschaftsaufgabe unterstützt werden, die notwendigen Transformationsprozesse anzukurbeln und Arbeitsplätze zu erhalten.

Treffen Schrodi mit MAN-Betriebsrat

MAN-Betriebsratsvorsitzender Saki Stimoniaris (rechts) und der SPD-Politiker Michael Schrodi (links) in Berlin.

(Foto: oh)

Schrodi, erklärt er selbst, habe bewusst nicht sofort nach Bekanntwerden des geplanten Stellenabbaus Kritik an dem Vorgehen geäußert. "Ich will keine Symbolpolitik und dafür stehe ich auch nicht", betont Schrodi im Gespräch mit der SZ. Vielmehr will er sein Hilfsangebot an die Beschäftigten als Appell an den MAN-Vorstand verstanden wissen. Er sehe ähnlich wie der Betriebsrat die Versäumnisse auf Seiten des Vorstands; die derzeit schwierige Lage sei nicht allein Produkt der Corona-Krise, sondern vielmehr Ergebnis jahrelanger Versäumnisse. In den Konjunkturpaketen gebe es auch für MAN zahlreiche Möglichkeiten, um zeitnah "Zukunftstechnologien auf die Straße zu bringen". Um diese Möglichkeiten aufzuzeigen, seien mit Vertretern der Münchner SPD auch weitere Gespräche sowohl mit dem Betriebsrat als auch mit der Konzernspitze. Schrodi sei "guter Dinge", dass diese Gesprächsangebote für die Mitarbeiter, die nun um ihre Arbeitsplätze bangen, nicht zu spät kommen.

Bundestagsabgeordnete zeigen sich besorgt über die Entwicklungen

Die Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler (CSU) und Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) zeigten sich auf Nachfrage der SZ besorgt über die Entwicklungen. "Lange Jahre haben Stadt und Landkreis Dachau gute Beziehungen zu MAN gepflegt. Diese Partnerschaft nun aus heiterem Himmel einseitig aufzukündigen, zeugt von schlechtem Stil und enttäuscht mich sehr", so Staffler. Selbstverständlich stehe sie deshalb an der Seite der Arbeitnehmer. Unbestritten brauche es im Lkw- und Busbereich genau wie für die Automobilbranche "einen Zukunftsplan". Bereits seit einiger Zeit sei sie mit MAN deshalb im Gespräch.

Walter-Rosenheimer findet, man könne die verhandelten Beschäftigungssicherung bis 2030 nicht einfach "in den Wind schießen", so eine Vereinbarung sei schließlich verpflichtend. Ihre Partei sei der Meinung, dass hier dringend eine Lösung mit der IG Metall gefunden werden müsse. "Ein so großer Betrieb wie MAN trägt schließlich auch eine hohe gesellschaftliche Verantwortung. Und auch in einer sozial-ökologischen Transformation muss er der Verantwortung gerecht werden", so die Grünen-Politikerin. Sie wolle für kommenden Donnerstag einen Termin mit dem Betriebsrat von MAN vereinbaren.

Auf Seiten des Betriebsrats zeigt man sich ob dieser Solidaritätsbekundungen aus Berlin indes nur vorsichtig optimistisch. Saki Stimoniaris begrüßt die Einladung der SPD zwar. Wichtig sei allerdings, dass die Politik den Handlungsbedarf erkenne und sich für den Erhalt der Industrie vor Ort und die Arbeitsplätze der Beschäftigten einsetze. "Es ist im eigenen Interesse Deutschlands und Bayerns, dass gerade Nutzfahrzeuge weiter in Deutschland und Bayern produziert werden. Die Politik sollte sich konkret dafür einsetzen - beispielsweise mit dem Flottenerneuerungsprogramm. Das hilft der Nutzfahrzeugbranche und verbessert die Emissionswerte auf den Straßen", betont Stimoniaris.

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