Unterstützung aus Berlin:Parteiübergreifende Hilfe für MAN-Arbeiter

Unterstützung aus Berlin: Parteipolitik muss in dieser Situation hinten anstehen, finden Beate Walter-Rosenheimer (l.) und Katrin Staffler.

Parteipolitik muss in dieser Situation hinten anstehen, finden Beate Walter-Rosenheimer (l.) und Katrin Staffler.

(Foto: Niels P. Jørgensen, Toni Heigl)

Die Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler (CSU) und Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) stemmen sich gemeinsam gegen den geplanten Stellenabbau beim Lastwagenhersteller.

Von Christiane Bracht, Dachau/München

Es ist ein beachtlicher Schulterschluss: Katrin Staffler (CSU) und Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) unterstützen gemeinsam die Mitarbeiter von MAN Bus & Truck. Die Parteien der beiden Bundestagsabgeordneten für die Landkreise Dachau und Fürstenfeldbruck standen sich bisher nicht besonders nahe, vor allem nicht in Bayern. Doch Staffler und Walter-Rosenheimer sind sich einig: Die Umstrukturierung des Nutzfahrzeugherstellers muss zwar in Angriff genommen werden, damit das Unternehmen zukunftsfähig bleibt, aber sie soll nicht auf dem Rücken der Beschäftigten geschehen. "Koalition und Opposition gemeinsam können mehr erreichen", sagt Walter-Rosenheimer. Parteipolitik müsse hintanstehen. Immerhin gelte es, Arbeitsplätze zu retten.

Rund 3000 MAN-Mitarbeiter im Stammwerk in München und Dachau sollen ihren Job verlieren, wenn es nach dem Willen des Vorstands geht. Betroffen von dem Stellenabbau sind rund 9000 Beschäftigte, darunter 2200, die im Landkreis Dachau wohnen. "Als ich das vor ein paar Wochen zum ersten Mal gehört habe, war ich wie vom Blitz getroffen. Ich habe sprachlos vor meinem Handy gesessen", sagt Staffler. In ihrer Verzweiflung haben sich einige MAN-Mitarbeiter bereits an die beiden Bundestagsabgeordneten gewandt. Staffler und Walter-Rosenheimer arbeiten in derselben Enquete für berufliche Bildung. Gemeinsam haben sie vergangene Woche mit Betriebsrat und Vertretern der Geschäftsführung Videokonferenzen abgehalten, sich informiert, aber auch Erwartungen und Bitten formuliert. "Es war uns wichtig, beide Seiten zu hören", betont Staffler. In den Gesprächen hätten die beiden Politikerinnen versucht, sinnvolle Impulse zu geben, um für die Beschäftigten "das Bestmögliche herauszuholen". "Verhärtete Fronten bringen uns im Moment nicht weiter."

Was können die beiden Politikerinnen wirklich bewirken?

"Wir wollen die technologische Entwicklung unterstützen und finanziell flankieren, damit sie schnell umgesetzt werden kann", sagt Staffler, die davon überzeugt ist, dass Wasserstoff in der Nutzfahrzeugbranche das Thema der Zukunft ist. Dazu müsse der Bund die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen. Dass man dazu bereit sei, haben die Politikerinnen der Konzernspitze von MAN signalisiert. Einen Termin mit dem Wasserstoffbeauftragten der Bundesregierung Stefan Kaufmann (CDU) vermittelten sie ebenfalls. Wie sich konkret der Wandel vollziehen wird, sei jedoch Sache des Unternehmens, so Staffler. Man könne nur Gesprächsbereitschaft zeigen, Förderrichtlinien verändern und Kooperationen mit großen deutschen Forschungsinstituten initiieren, um die Technologie voranzubringen.

Beim Vorstand ist der Besuch offenbar gut angekommen. "Es ist immer gut, wenn man einen Austausch mit der Politik hat", sagt Unternehmenssprecher Manuel Hiermeyer. Mehr will er erst sagen, wenn die Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen sind.

Doch was können die beiden Politikerinnen wirklich bewirken? "Es ist ein privatwirtschaftliches Unternehmen. Die Politik kann sich nicht einfach von oben herab einmischen", erklärt Staffler. Das habe die Bundesregierung nicht mal bei der Lufthansa gemacht, obwohl der Konzern Milliardenhilfen bekommen habe. Aber man habe klare Botschaften formuliert. Etwa dass es wichtig sei, die Mitarbeiter mitzunehmen. Schließlich sei MAN eines der Unternehmen, die unter dem aktuellen Fachkräftemangel litten. Um so wichtiger sei es, die Mitarbeiter nicht zu entlassen, sondern sie für andere Aufgaben zu qualifizieren. "Ich erwarte, dass für jeden versucht wird, eine gute Lösung zu finden", sagt die CSU-Politikerin. Erst vergangene Woche ist bekannt geworden, dass die Konzernspitze auch keinen Auszubildenden übernehmen will. Doch die beiden Bundestagsabgeordneten setzen sich sehr für den Nachwuchs ein. Sie fordern eine bessere Informationspolitik, welche die Beschäftigen in den Zeiten des Umbruchs so früh wie möglich mitnimmt und sie in Strategieprozesse einbindet. Durch die Kündigung der Jobgarantien, sei viel Vertrauen verloren gegangen, dies müsse nun wieder hergestellt werden, so Walter-Rosenheimer. Die Grüne legt auch Wert auf, mehr betriebliche Mitbestimmung seitens der Arbeitnehmer. "Das führt zu mehr Produktivität", erklärt sie. Beide Bundestagsabgeordneten wollen im intensiven Austausch mit MAN bleiben.

"China wirbt die Schlüsselindustrien ab"

Auch ihr Kollege von der SPD, Michael Schrodi, hat Gespräche mit dem Betriebsrat geführt und kämpft für die Belegschaft. "MAN ist wichtig für den Industriestandort Deutschland, deshalb müssen wir alles tun, um das Unternehmen hier zu halten. Und wir müssen uns drum kümmern, dass die Arbeitsplätze hier bleiben", sagt Schrodi. "China wirbt die Schlüsselindustrien ab." Alle drei Bundespolitiker sind der Ansicht, dass man über alle Ebenen hinweg an einem Strang ziehen müsse. Auch die Kommunalpolitik sei gefordert und ein wichtiger Partner für MAN - einerseits beim Bestellen der Busflotte, andererseits wenn es um die Infrastruktur geht. Landrat Stefan Löwl (CSU) zeigt sich sehr besorgt. Auch er hat bereits Gespräche mit der Konzernspitze geführt, "jede Unterstützung zugesagt" und ein "massives Plädoyer für den Standort" gehalten.

"Nur gemeinsam mit der Politik können wir die schwierigen Herausforderungen in unserer Industrie bewältigen", sagt der Konzernbetriebsratsvorsitzende Saki Stimoniaris. "Wir freuen uns, dass sich Katrin Staffler und Beate Walter-Rosenheimer für die Kollegen einsetzen. Das stärkt uns den Rücken in unseren schwierigen Verhandlungen mit dem Vorstand."

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