MAN:Noch mehr Pendler, noch mehr Güter, noch mehr Stau

MAN Baustelle

Und so soll das MAN-Rechenzentrum aussehen, wenn es wie geplant 2017 in Betrieb geht.

(Foto: Simulation: MAN (oh))

MAN investiert 1,2 Milliarden Euro in den Ausbau seines Betriebs. Das schafft Arbeitsplätze, bringt aber auch die überlasteten Straßen an ihre Grenzen.

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld/Dachau

Mehr als 9000 Beschäftigte arbeiten für den Nutzfahrzeughersteller MAN am Standort München, davon schätzungsweise 4000 aus dem Landkreis. Die Zahl dürfte in den kommenden Jahren noch einmal deutlich wachsen, denn bis zum Jahr 2020 investiert MAN in München und Dachau die ungeheure Summe von mehr als 1,2 Milliarden Euro. Das Unternehmen, inzwischen Teil des VW-Konzerns, steckt mitten im Umbau.

Es konzentriert die Produktion verstärkt auf den Raum München. In diesem Jahr wurde im Werk Dachau mit dem Bau des MAN-Rechenzentrums auf 600 Quadratmetern Fläche begonnen. 2017 soll die Anlage in Betrieb gehen, ebenso wie die neue, hochmoderne Lackiererei auf dem Werksgelände München, das sich der Konzern noch einmal rund 80 Millionen Euro kosten lässt.

"Wir reden hier auch von Wohlstand"

Damit stehen auch Karlsfeld, Dachau und der Landkreis vor einer gewaltigen Aufgabe: Denn nicht nur MAN expandiert, auch andere Firmen bauen ihre Standorte im Großraum München aus. Die Flächen sind knapp, Wohnungen für Mitarbeiter fehlen allerorten. Neue Technologien wie E-Mobilität und digitalisierte Fahrzeugtechnik könnten dazu führen, dass MAN noch weitere Sparten in und um München ansiedeln muss. Und damit noch mehr Mitarbeiter beschäftigt, die jeden Tag von und zur Arbeit fahren. Wie lange geht das noch auf Straßen, die heute schon zu den Stoßzeiten heillos verstopft sind?

MAN Baustelle

In Dachau wird gerade das Rechenzentrum für den MAN-Konzern hochgezogen. Noch ist das Gelände eine Baustelle.

(Foto: MAN (oh))

Diese Frage stellen sich auch die Arbeitnehmervertreter bei MAN: "Wenn da nichts passiert, werden wir bis 2020 unser blaues Wunder erleben", warnt der MAN-Betriebsratsvorsitzender Saki Stimoniaris. Die wirtschaftlichen Folgen eines Verkehrskollaps wären für alle Betriebe in der Region verheerend. "Wir reden hier auch von Wohlstand", sagt Stimoniaris. Nach einem ersten, ergebnislosen Gespräch im Mai will sich der Betriebsrat im Laufe des Jahrs erneut mit Vertretern des Landkreises, der Gemeinde Karlsfeld, aber auch mit Vertretern des Bundes treffen, um über Strategien zur Lösung des Verkehrsproblems zu beraten.

Im vergangenen Jahr hat MAN ein neues Parkhaus mit 1400 Stellplätzen errichtet. "Das ist jetzt schon überfüllt", klagt Stimoniaris. Forderungen von Kommunalpolitikern, gerade von Karlsfelder Seite, wieder verstärkt Werksbusse einzusetzen, finden bei Stimoniaris durchaus Gehör: Betriebsintern laufe gerade eine Umfrage, wer einen Werksbus nutzen würde. Sechs bis sieben Busse aus dem Landkreis wären wohl zu füllen, sagt Stimoniaris. Die Erwartung, alle Mitarbeiter würden künftig Bus fahren, hält er aber für eine Illusion. "Die Arbeitswelt hat sich flexibilisiert. Der eine Kollege fängt um acht Uhr an, der andere um acht Uhr dreißig, der nächste muss noch sein Kind in die Krippe bringen."

Auch BMW macht Druck

MAN ist nicht das erste große Unternehmen im Münchner Norden, das Druck macht, leistungsfähigere Verkehrsverbindungen zu schaffen. Der Autohersteller BMW, der sein Forschungs- und Innovationszentrum im Münchner Norden ausbauen und 15 000 neue Arbeitsplätze ansiedeln will, verhandelt schon seit geraumer Zeit mit Stadt und Bahn über die Umnutzung der Güterzugtrasse als S-Bahnnordring. Davon könnte auch der Landkreis profitieren.

Der Karlsfelder CSU-Fraktionschef Bernd Wanka wirbt schon lange dafür, eine Haltestelle in Karlsfeld einzurichten, um wenigstens einen Teil des Pendlerverkehrs von der Münchner Straße zu bekommen, über die sich jeden Tag mehr als 40 000 Fahrzeuge schieben.

Der Ausbau hat aber nicht nur Folgen für den Personen-, sondern auch für den Güterverkehr: Künftig sollen vom Standort München täglich 500 Lkw-Fahrzeughäuser ausgeliefert werden; sechs passen auf einen Anhänger. Macht mehr als 80 schwere Lastwagen am Tag, die zusätzlich über die wichtigste Pendlerroute aus dem Landkreis Richtung Autobahn rollen. "Und das ist nur eine Komponente", sagt der Chef des MAN-Betriebsrats. Eine wirkungsvolle Entlastungsmaßnahme wäre aus seiner Sicht die Untertunnelung der Münchner Straße. Eine Kurzvariante über 1,2 Kilometer durch Karlsfeld hat es zwar in den neuen Bundesverkehrwegeplan geschafft, aber nur unter der Rubrik "weitere Bedarfsplanung".

Selbst Optimisten rechnen frühestens in zehn Jahren mit einer Umsetzung. "Wir müssen pragmatische Lösungen finden", sagt Stimoniaris. Damit liegt er auf der Linie der Gemeinde Karlsfeld, die in ihrem neuen Verkehrsentwicklungsplan eher auf ein Bündel von Einzelmaßnahmen setzt als auf ein einzelnes Großprojekt. Es gibt aber auch Dissens: Stimoniaris wirbt für die Dachauer Ostumfahrung. In Karlsfeld finden diese Pläne so gut wie keine Unterstützung.

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