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Zum Bericht "Stadt zahlt nicht für Schwimmkurse" vom 13. Juli:

Mit der Entscheidung im Familien- und Sozialausschuss zeigen die Stadträte der CSU, dass das Bundeswahlprogramm der CDU/CSU nur eine "hohle Hülse" ist. Aus dem Antrag der Klosterschule geht hervor, dass es eine Tatsache ist, dass immer mehr Schüler im Grundschulalter nicht schwimmen können und aus diesem Grunde eine Gefahr besteht, dass die Kinder in der Freizeit dann gefährdet sind bis zum schlimmsten Fall, dass ein Kind ertrinkt.

Es mag sein, dass Stadtrat Jürgen Seidl (FDP) als Rechtsanwalt es sich selbstverständlich leisten kann, für sein Kind einen Schwimmkurs im Wert von 40 Euro zu bezahlen. Ich gehe auch davon aus, dass sich die Schulreferentin Katja Graßl dies selbstverständlich leisten kann. Es gibt aber auch im "Speckgürtel Münchens" Familien, denen es schwer fällt, diesen Kurs zu bezahlen. Ich erlebe beruflich immer wieder als Fachanwältin für Familienrecht, dass besonders alleinerziehende Mütter/Väter ganz genau kalkulieren müssen, für was sie ihr Geld ausgeben, und dann neben der Befriedigung der Grundbedürfnisse kein weiteres Geld mehr zur Verfügung steht, um einen Schwimmkurs zu finanzieren.

Es wird zwar von den Politikern dann immer wieder vorgetragen, man könnte doch einen Antrag stellen, um einen Zuschuss zu erhalten. Diese Politiker sollen sich aber einmal vor Augen führen, dass es für Eltern auch erniedrigend und zeitaufwendig ist, immer wieder Anträge stellen zu müssen für die verschiedensten Möglichkeiten zur Teilhabe an Bildung und Förderung (Sportverein, Zuschuss für Kinderbetreuung, Jobcenter, Schulausflüge). Gerade diese Kinder, die es sowieso schwer haben, da zu Hause oft nicht genügend Geld zur Verfügung steht, bleiben dann diesen Aktivitäten fern. Dies bestätigt dann wieder die Tatsache, dass es in dem wohlhabenden Freistaat Bayern von der Bildung der Eltern und dem Wohlstand der Eltern abhängt, welche Ausbildung und Förderung die Kinder bekommen.

Im Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2017 führt die CDU/CSU auf S. 24 ff. unter anderem aus, "Ehe und Familie zu fördern, bleibt uns eine der wichtigsten Aufgaben des Staates". Weiterhin wird ausgeführt: "Noch stärker als bisher wollen wir in den kommenden vier Jahren unsere Förderung auf Familien und Kinder ausrichten. Wir finden uns nicht mit Kinderarmut ab. Wir wollen, dass alle unsere Kinder die bestmögliche Erziehung, Bildung und Betreuung erhalten, unabhängig von Herkunft und Lebenssituation der Eltern".

Dieses Wahlprogramm sollte aber nicht nur Bundespolitiker verpflichten, sondern auch die Kommunalpolitiker. Diese müssen "an der Basis" zeigen, dass sie es ernst mit Ihrem Wahlprogramm meinen.

Die Entscheidung der CSU-Stadträte im Familien- und Sozialausschuss zeigt, dass es ihnen nicht daran liegt, Familien und Kinder zu fördern. Ansonsten hätte es nicht an einem Geldbetrag in Höhe von 6500 Euro aus dem Stadthaushalt scheitern dürfen, wenn man berücksichtigt, dass im "Vorbericht zum Haushaltsplan 2017" für Zuweisungen und Zuschüsse ein Betrag von 15 500 000 vorgesehen ist.

Es besteht grundsätzlich eine Pflicht der Allgemeinheit dafür zu sorgen, dass ganz besonders die Schwächsten, nämlich die Kinder, bestmöglich gefördert werden. Die Sicherheit der Kinder ist in unser aller Interesse. Sie darf nicht davon abhängen, ob es sich Eltern leisten können (oder wollen) oder nicht, da dies die Aufgabe der Allgemeinheit ist.

Claudia Gierke, 85221 Dachau

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