Josef Reif aus Hebertshausen hat ein summendes Mitbringsel dabei. Um genau zu sein, sogar sehr viele kleine Mitbringsel. Mit einem ganzen Bienenstock ist er an diesem Donnerstag in den Edeka-Markt in Bergkirchen gekommen. Der Bio-Imker möchte damit Aufmerksamkeit für seine regionalen Produkte erzeugen. Josef Reif ist einer von zehn Teilnehmenden des Regionaldialogs, bei dem Vertreter aus Landwirtschaft, Handel und Politik darüber beraten, wie die Landwirtschaft vor der Haustüre erhalten und ausgebaut werden kann.
Dass regionale Lebensmittel wichtig sind, darüber sind sich alle Teilnehmer einig. Doch über die Art und Weise, wie diese Produkte, etwa in Supermärkten, qualitativ hochwertig und trotzdem noch erschwinglich bleiben können, darüber wird kontrovers diskutiert.
Regionale Produkte werden oft als zu teuer empfunden
Adriane Schua ist Vorsitzende der Dachauer Land-Solidargemeinschaft. Letztere gehört zu den zehn regionalen Verbänden, die im Dachverband „Unser Land“ die Erzeugung und Vermarktung regionaler Lebensmittel aus zwölf Landkreisen rund um München und Augsburg koordinieren. Aber Schua berichtet von immer größer werdenden Herausforderungen, welche die Erzeuger regionaler Produkte in ihrem Verband belasten: „Steigende Kosten durch die aktuellen Krisen, den Mindestlohn sowie die immer umfangreicheren Zertifizierungen und Auflagen für Landwirte sind die Hauptthemen.“ Vonseiten der Händler macht Daniel Schermelleh-Sandeck, Betreiber zweier Edeka-Filialen in Bergkirchen und Karlsfeld, auf das veränderte Kundenverhalten aufmerksam: „Seit der Pandemie sind die Menschen preissensibler geworden.“ Regionale Produkte, die nicht zu Aktionspreisen angeboten werden, würden als zu teuer empfunden.
Ähnlich wie der Dachauer Landtagsabgeordnete Johann Groß (Freie Wähler) betont Schermelleh-Sandeck auch, dass die Themen Landwirtschaft und regionale Lebensmittel auch ein wichtiger Teil des Unterrichts sein sollten. Denn nur dort könne effektiv ein Bewusstsein für Regionalität und Nachhaltigkeit bei den zukünftigen Verbrauchern geschaffen werden. Beispiele dafür gibt es genug, etwa bei Kreisbäuerin Heidi Patzelt. Auf ihrem Hof bekommt sie regelmäßig Besuch von Schulklassen, denen sie die Landwirtschaft so näherbringen möchte. Dabei gibt es für die Kinder auch Frisches vom Bauernhof. „Die Kinder merken, dass die regionalen Produkte besser schmecken“, sagt Patzelt. Viele Schülerinnen und Schüler bekämen aber von ihren Eltern nur abgepackte Sachen in die Schule mitgegeben – da sei ein Besuch auf dem Bauernhof mit frischen Lebensmitteln eine willkommene Abwechslung.
Mehr Verständnis für Saisonalität und Ernteausfälle
Die Regionaldialoge finden in mehreren Märkten im Gebiet des Unser Land-Verbandes statt, denn viele Kunden wüssten nicht, wo sie regionale Produkte im Supermarkt finden können. Deshalb sei es wichtig, dass der Verband hier Präsenz zeige und mit Handel und Politik in Kontakt bleibe, sagt die Vorsitzende Adriane Schua.
Supermarktbetreiber sehen in regionalen Produkten aber oft auch ein Risiko. Sorgen bereiten ihnen die höheren Preise und unsicheren Margen. Zudem sollten die gelieferten Warenmengen möglichst groß sein und zuverlässig ankommen, damit die Regale nicht leer und teure Ladenfläche nicht ungenutzt bleiben. Daniel Schermelleh-Sandeck möchte in seinen Märkten jedoch gezielt für Regionalität werben. Der Unser Land-Verband wiederum wünscht sich mehr Verständnis für Saisonalität und wetterbedingte Ernteausfälle bei Handel, Politik und Kunden. Denn, so Adriane Schua „es ist immer noch die Natur“. Auch mit modernster Technik lasse sich diese nicht immer kontrollieren.