Landwirtschaft:Frust über Knöllchen

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Auf dem Pasenbacher Acker von Georg Großmann-Neuhäusler wachsen heuer nur kleine Kartoffeln, manche davon „zu klein zum vermarkten“ wie der Landwirt sagt. Die Nässe hat vielerorts zu Krautfäule geführt, gegen die Biobauern nahezu machtlos sind. (Foto: Toni Heigl)

Die Erntebilanz des nassen Sommers fällt mau aus. Landwirte klagen über Krautfäule, Mehltau – und zu niedrige Preise auf dem Weltmarkt. Besonders der Starkregen hat Kartoffeln, Mais und Getreide zugesetzt.

Von Jessica Schober, Dachau/Schwabhausen/Vierkirchen

Nass und faulig, so mag es die Kartoffel gar nicht. Und auch der Kartoffelbauer nicht. Doch wenn Georg Großmann-Neuhäusler sich auf den Weg zu seinem Pasenbacher Acker macht, dann sieht genauso die Lage des Biobauern aus: düster. Die Ernte des Jahres 2024 fasst der 38-Jährige in drei Wörtern zusammen: „Kein gutes Jahr“.

Und das ist noch fast eine Untertreibung für die Situation mancherorts im stark landwirtschaftlich geprägten Landkreis Dachau. „Manche Kartoffeln sind so klein, dass sie nicht vermarktungsfähig sind“, sagt Bauer Großmann-Neuhäusler. Die Feuchtigkeit habe das Pilzwachstum gefördert, und da er als Biobauer keine Fungizide spritze, habe er teilweise der Ernte nur noch beim Verschimmeln zuschauen können. Mit 30 bis 40 Prozent weniger Ertrag als geplant rechnet er. „Es ist heuer frustrierend.“

So schlecht wie in 40 Jahren nicht

Auch Simon Sedlmair, Kreisobmann des Bauernverbandes, hat von vielen Landwirten Klagen über diesen Sommer gehört, egal ob sie konventionell oder biologisch anbauten. „Die Getreideernte war ganz schlecht“, sagt Sedlmair und meint sowohl Ertrag als auch die Qualität. In den 40 Jahren, in denen er nun in der Landwirtschaft arbeite, habe er noch nie so schlechte Weizenqualität gesehen. Manche Müller müssten gar Weizen von außerhalb dazu kaufen, der ihre Standards erfülle – ein großer Schaden für die Region.

Aus einem Hektar Land lassen sich laut Sedlmair in Durchschnittsjahren etwa 7,5 bis 8,5 Tonnen Weizen ernten. Heuer waren es nur 5 bis 6,5 Tonnen. Hingegen seien Sommergerste und Raps einigermaßen gediehen. Bei den Zuckerrüben, die noch auf den Feldern stehen, sehe das Bild noch recht unterschiedlich aus. Aber besonders die Kartoffeln hätten durch die Nässe häufig Krautfäule bekommen. Und auch konventionelle Bauern seien wegen der nassen Böden kaum auf ihre Felder hinausgekommen zum Spritzen.

Extreme Niederschlagsmengen

Für Sedlmair, der in Schwabhausen rund 120 Hektar Land bewirtschaftet, kam die verregnete Saison unvorhersehbar. „Die Niederschlagsmengen waren in unserer Region extrem.“ Statt rund 700 Litern pro Quadratmeter habe es bereits mehr als 1000 Liter geregnet. „Wir haben bereits jetzt fast das Doppelte an Wasser“, sagt Sedlmair. Damit habe nach den trockenen Vorjahren kaum jemand gerechnet. Viele Landwirte hätten sich sogar eher auf hitzefeste Sorten festgelegt, die gut der Trockenheit standhalten könnten. „Heuer ist es so nass, da kann man ja fast Reis anbauen“, sagt Sedlmair.

Kilian Kellerer hat sich einen 100 000 Euro teuren Rüben-Hackroboter angeschafft. Das Gerät, das er im Juli präsentierte, sät und hackt Unkraut aus den Gassen zwischen den Pflanzenreihen. Doch dafür war der Acker heuer oft zu nass. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Auch Mathias Großmann-Neuhäusler beklagt die schlechte Kartoffelernte (Foto: Toni Heigl)

Andere Anbausorten überlegt sich inzwischen auch der Biobauer Kilian Kellerer aus Schwabhausen. Auf seinen Feldern steht momentan noch Soja und Körnermais. Von Letzterem wird der 28-Jährige sich wohl verabschieden. Erst haben ihm die Saatkrähen die Körner vom Feld gepickt, dann lief die Staunässe im Boden nicht ab, und zuletzt stand das Unkraut hoch, weil er wegen des Regens nicht striegeln oder hacken konnte. „Das hat mich jetzt heuer so geärgert mit dem Körnermais, da muss ich mir etwas anderes einfallen lassen“, sagt er. Generell sei es nicht empfehlenswert, sich nur von der Landwirtschaft und damit vom Wetter abhängig zu machen, sagt Kellerer. Deshalb habe er ein zweites Standbein – er bekämpft Borkenkäfer.

Auch Heu wird knapp

Das Unkraut mechanisch loszuwerden sei für Biobauern wie ihn in dieser Saison „extrem schwierig“ gewesen. Teilweise sei er dazu übergangen, Problemunkräuter auf seinen 50 Hektar Anbaufläche mit der Hand zu entfernen, wie Flughafer, Ackerfuchsschwanz oder Ampfer. Ein mühsames Geschäft. In manche Ackerfläche habe er monatelang viele hunderte Euro an vorbereitender Bepflanzung investiert, nur um jetzt zuzuschauen, wie durch den Regen vieles im Unkraut vergehe.

Wegen des vielen Regen seien Gras und Unkräuter reichlich gewachsen. Doch nicht einmal die Heuernte konnte davon profitieren. Laut Sedlmair sei es besonders für Pferdebetriebe derzeit schwer, qualitativ gutes Heu aus dem Landkreis zu bekommen. Im Juni habe die Witterung kaum zugelassen, das Gras zu mähen. Und wenn es zum Trocknen auslag, begann es oft schon innerhalb der nächsten Tage wieder zu regnen oder es kam zu Überschwemmungen – so wurde viel Grünschnitt vernichtet.

„Die Preise sind katastrophal“

Was den Landwirten außerdem zu schaffen macht, sind die Preise für ihre Produkte, die stark vom Weltmarkt beeinflusst sind. Sedlmair erklärt: „Früher sagte man: Wenn die Ernte insgesamt schlecht war, dann gingen wenigstens die Preise hoch. Heute sind die Preise katastrophal.“ Das hänge mit der Globalisierung, aber auch mit Handelsabkommen wie mit der Ukraine zusammen. Erst in der vergangenen Wochen seien die Getreidepreise nochmals nach unten gegangen.

„Das Wetter wird immer unkalkulierbarer, und wir müssen mit mehr Risiko planen und Ausfälle anders kompensieren“, sagt Großmann-Neuhäusler. Wein statt Kartoffeln könnte dabei helfen. Sein Vater Peter immerhin will heuer zum zweiten Mal seine Reben in Arzbach ernten – doch auch der Weißwein könnte von Mehltau betroffen sein. Das wird sich in den kommenden Wochen bei der Weinlese zeigen.

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