Landwirtschaft:Coronakrise trifft Kartoffelbauern hart

Landwirtschaft: Die Kartoffelbauern Peter Gradl junior und senior wollen sich trotz des schwierigen Pandemiejahres nicht unterkriegen lassen.

Die Kartoffelbauern Peter Gradl junior und senior wollen sich trotz des schwierigen Pandemiejahres nicht unterkriegen lassen.

(Foto: Toni Heigl)

In den Monaten des Lockdowns ist die Nachfrage nach den Knollen stark geschwunden - vor allem die konventionelle Landwirtschaft, die an die Industrie liefert, leidet unter dem enormen Preissturz

Von Katja Gerland, Dachau

Kartoffelbauer Peter Gradl denkt nicht gern an die Anfänge der Pandemie zurück. "Der Mai letztes Jahr war eine schlimme Zeit", erinnert sich der Landwirt aus Feldgeding in der Gemeinde Bergkirchen. Auf seinen Äckern wachsen wie bei vielen anderen konventionellen Landwirtschaftsbetrieben sogenannte Verarbeitungskartoffeln. Seine Ernte landet deshalb nicht direkt auf dem Teller der Verbraucher, sondern geht in die Weiterverarbeitung. Die Produktion von Pommes frites ist kein schlechtes Geschäft. Bisher. Denn dann kam mit Ausbruch der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 der Lockdown: Gaststätten, Kantinen und Schnellimbisse mussten schließen; Schwimmbäder, Fußballstadien waren zu, keine Weihnachtsmärkte und Volksfeste - das Dachauer fällt in diesem Jahr wieder aus -, entsprechend fielen damit die Kartoffelpreise in die Tiefe.

Das Jahr 2021, die Pandemie ist längst noch nicht überwunden, und die Menschen essen nach wie vor nicht so viele Kartoffeln wie vor Corona, vor allem nicht so viele Pommes. Die Preise am freien Markt haben sich noch nicht erholt. Anfang 2020 lagen sie bei rund 20 Euro pro 100 Kilo, derzeit gerade einmal bei rund acht Euro. "Es war schwierig", schätzt Simon Sedlmair, Obmann des Bayerischen Bauernverbands im Landkreis mit etwa 1400 Mitgliedern, die Lage der Dachauer Kartoffelbauern im vergangenen Jahr ein.

Die Pandemie war laut Sedlmair besonders für konventionelle Bauern ein herber Schlag, die wie Gradl auf die Nachfrage der Industrie angewiesen sind. Bio-Bauern hätten beim Verkauf ihrer Speisekartoffeln zwar ebenfalls den Preisdruck zu spüren bekommen, der sei aber nicht mit den finanziellen Problemen der konventionellen Landwirtschaft zu vergleichen, erklärt der Kreisobmann.

Dass Gradls Bauernhof vergleichsweise glimpflich davongekommen ist, hat nur an seinen bereits vor der Krise bestehenden Verträgen gelegen. Die Industrie nahm ihm vertragsgemäß einen Großteil der Kartoffeln ab - "ein Teil der Ernte bleibt aber jedes Jahr übrig", erklärt Gradl. Weil er für seinen Ernteüberhang keine anderen Abnehmer fand, landete der in der Stärkeproduktion. 3,50 Euro habe er dort für 100 Kilogramm seiner Kartoffeln bekommen - weniger als ein Viertel des Preises in der Pommes-Frites-Industrie.

Doch das Glück, wie Gradl schon vor dem Preiseinbruch auf dem Markt vertraglich abgesichert gewesen zu sein, hatte nicht jeder Kartoffelbauer. Für Landwirte, die ihre Ernte in der Hoffnung auf einen besonders guten Kartoffelpreis spekulativ zurückhielten, sei das letzte Jahr katastrophal gewesen, sagt Kreisobmann Sedlmair. "Das ist ein bisschen wie ein Lottospiel", meint Gradl. Auf die höchste Rendite am Kartoffelmarkt zu spekulieren, könne zwar enorme Gewinne einbringen. Im vergangenen Jahr sei das aber "nur mit Problemen" verbunden gewesen.

"Ich kann nur von Glück reden, dass wir nicht von der Industrie abhängig sind", sagt Johann Märkl, der ebenfalls konventionell Kartoffeln anbaut. Weil auf seinen Feldern in Mitterndorf ausschließlich Speisekartoffeln gedeihen, habe er wenig von den Problemen mit der sinkenden Nachfrage in der Pommes-Produktion zu spüren bekommen. Allerdings: Auch die Nachfrage nach seinen Kartoffeln litt im vergangenen Jahr, da sich der monatelange Lockdown in der Gastronomie natürlich auch auf den Absatz der Speisekartoffeln auswirkte. Die Ware, die er in den Jahren davor direkt an Gastwirte lieferte, konnte er im Frühjahr und Winter kaum mehr verkaufen. Etwa ein Viertel seiner Ernte musste er deshalb in die Biogasanlage geben. Einen Euro für 100 Kilo, oft auch gar nichts, habe er dort für seine Speisekartoffeln bekommen.

"Aber wir waren trotzdem froh, die Kartoffeln loszuwerden." Denn in Märkls Lagern wartet nun schon die Ernte des vergangenen Jahres darauf, an Privatkunden und Gastwirte verkauft zu werden. Bis jetzt fällt der Umsatz noch durchwachsen aus: Der wochenlange Regen im April und Mai führt in der Gastronomie zu einer nur verhaltenen Nachfrage nach Kartoffeln. Denn: "Wer sitzt bei dem Wetter schon im Biergarten", sagt Bauer Märkl, auch wenn der Lockdown nun aufgehoben worden ist.

Das Wetter macht auch den Bio-Bauern im Landkreis zu schaffen. "Die Witterung momentan ist nicht ganz ideal", sagt Leonhard Mösl aus Ebertshausen. Weil Bio-Lebensmittel bei den Konsumenten in der Pandemie ein Hoch erfuhren, hatte er 2020 keine Probleme, seine Speisekartoffeln an den Mann zu bringen. Die Verbraucher blieben zu Hause, kochten viel mehr selbst als vor der Pandemie und verwendeten zunehmend Bioerzeugnisse. Doch das kalte und regenreiche Frühjahr gefalle den Knollen, die es eigentlich warm mögen, gar nicht. "Aber wenn die Natur will", meint Mösl, "kann sie relativ viel ausgleichen." Grund zur Sorge sehe er deshalb erst einmal nicht.

Jetzt liegen die Knollen erst einmal bis August im Boden. Die Landwirtschaft ist anfällig, die Bauern kämpfen nicht allein mit dem Preisverfall in Folge der Corona-Krise. Genügend viele andere Faktoren können die Ernte beeinträchtigen: Welche Schädlinge die Kartoffelknollen befallen, wie das Wetter sich weiter entwickelt, ob die Früchte richtig keimen. Und dann eben auch noch: ob sie überhaupt je verkauft werden können. Der Klimawandel mit Wetterextremen wie Starkregen und großer Hitze macht alles schwerer, und dann sind da die immer schärferen Qualitätsauflagen der Lebensmittelindustrie. Der Preisdruck ist hoch, denn die Verbraucher schauen in ihrer Mehrheit nach wie vor auf den Preis, sie wollen in den Supermärkten billige Lebensmittel einkaufen.

Peter Gradl will sich dennoch vom Pandemiejahr nicht unterkriegen lassen. "Bei Kartoffeln gibt es immer ein Auf und Ab." Nach dem Tiefpunkt im vergangenen Jahr müsse es deshalb jetzt wieder bergauf gehen. So sieht das der Landwirt. Skeptischer sieht hingegen Kreisobmann Sedlmair in die Zukunft. Er ist sich sicher: "Wenn die Gastronomien heuer wieder schließen, wäre das eine riesige Katastrophe für die Kartoffelbauern."

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