Landtagswahlen:Der Quereinsteiger

Landtagswahlen: Ein womöglich kreativer Moment: Frank Sommerfeld, der Landtagskandidat der FDP, sprüht nur so vor Ideen und möchte die Selbstbestimmung eines jeden Einzelnen fördern.

Ein womöglich kreativer Moment: Frank Sommerfeld, der Landtagskandidat der FDP, sprüht nur so vor Ideen und möchte die Selbstbestimmung eines jeden Einzelnen fördern.

(Foto: Toni Heigl)

Frank Sommerfeld ist erst seit einem guten Jahr bei der FDP. Der 52-jährige Orthopäde will "etwas wuppen": ein Kindermuseum in der alten MD-Papierfabrik, eine staatliche Hochschule und ein "Start-up-Hub"

Von Thomas Hürner , Dachau

Zur Begrüßung lächelt Frank Sommerfeld seinen Patienten in monochromem schwarz-weiß entgegen. Ein großer Pappaufsteller des FDP-Landtagskandidaten steht im Eingangsbereich seiner orthopädischen Praxis in Dachau, auf dem Porträtbild trägt er eine randlose Brille und ein aufgeknöpftes, weißes Polo-Hemd. Die Kontraste ließen einen etwas besser und schlanker aussehen, lacht Sommerfeld, an die Attraktivität von Christian Lindner komme er aber selbstverständlich nicht heran. Wie sein Parteichef als personifizierte Botschaft im Wahlkampf platziert zu werden, würde beim Politikneuling Sommerfeld, 52, aber ohnehin nicht funktionieren. Erst seit etwas mehr als einem Jahr ist er in der FDP, doch Sommerfeld ist ein Quereinsteiger mit großen Ambitionen. Wenn er etwas anfange, erzählt der gebürtige Niedersachse, dann wolle er auch "etwas wuppen". So wie seine Partei eben zuletzt viel "gewuppt" habe, Parteichef Lindner sowieso. Doch warum ausgerechnet die FDP, jene Partei, die sich nach den Bundestagswahlen im vergangenen Jahr vor dem Regieren drückte? Für Sommerfeld ist die Antwort klar. Die FDP ist in etwa so, wie er sich auch den Staat in Zukunft vorstellt: schlank, effizient, übersichtlich, modern und innovativ. Manchmal sei die Partei in der allgemeinen Wahrnehmung noch etwas kühl und unnahbar, sagt Sommerfeld, "aber Wärme entwickelt sich auch, wenn man die Lebensqualität der Menschen verbessert."

Um die Probleme der Bürger zu verstehen, möchte er in den Dialog mit ihnen treten. Egal, wann und wo. In den Räumen seiner Praxis liegen stapelweise Flyer, sie animieren die Patienten zum regen Austausch, sagt Sommerfeld. "Durch meinen Beruf habe ich einen Draht zu Leuten, egal welche soziale Schicht oder Nationalität." Auf den Flyern wiederum steht eine Handynummer, unter der ihn die Menschen den ganzen Tag erreichen können, um Fragen zu stellen oder ihre Meinung zu sagen. Angerufen habe zwar bislang noch niemand, erzählt er, aber "alleine die Möglichkeit zu bieten, ist wichtig." Politik sei aber längst nicht mehr analog, sondern digital. Deshalb ist er auch in den sozialen Netzwerken präsent, etwa auf Facebook und Twitter.

Der "Input" sei über all diese Kanäle der gleiche: Viele Leute sind frustriert, sie fühlen sich nicht wertgeschätzt und unzureichend wahrgenommen. Der Grund? "Verdrossenheit gegenüber der Politik, weil sich die Politik nicht mehr um die Menschen, sondern nur noch um sich selbst kümmert", antwortet Sommerfeld. Als Lösung für dieses Problem sieht er ein Wiedererstarken liberaler Grundsätze vor: Mehr Selbstbestimmung und unternehmerische Freiheit, weniger Verordnungen und administrative Vorschriften. "Wir müssen wieder an den Punkt kommen, an dem jeder der Architekt seines eigenen Lebens sein kann", sagt Sommerfeld, der sogleich Beispiele aus seinem eigenen Leben nennt: So half er beispielsweise schon beim Aufbau einer Bäckerei im irakischen Mossul, war mal beteiligt an einer Internetplattform für Landwirte und engagiert sich als Vorstand in der Gesundheitsregion Dachau plus. "Nichts besonderes", sagt Sommerfeld, allerdings würde er sich wünschen, dass mehr Menschen einen "gewissen Drive" entwickeln. Das würde die Gesellschaft als ganze voranbringen, sowohl die Wirtschaft als auch den Zusammenhalt. Klar, man könne sich auch zurücklehnen, sagt er, allerdings erst wenn man genug Geld hat oder gar nicht erst die Ambition, besonders viel davon zu verdienen. Nur eines geht nicht: "Auf den Taschen der anderen liegen, wenn man selbst nicht bereit ist, etwas zu leisten."

Dazu müsse man die Menschen motivieren, sie sollen Möglichkeiten erhalten und diese nach ihren individuellen Fähigkeiten auch nutzen können. Für den Landkreis Dachau etwa hat Sommerfeld "drei Visionen", die "junge Schlüsselkompetenzen" fördern sollen: Ein Kindermuseum auf dem MD-Gelände, eine staatliche Hochschule und ein "Start-up-Hub" - so etwas wie ein Gründerzentrum, in dem sich junge Menschen treffen können, um gemeinsam Geschäftsideen zu entwickeln. "Von was lebt denn eine Stadt?", fragt Sommerfeld und liefert auch gleich die Antwort: "Von der Kreativität natürlich, das bringt alle weiter und steigert die Lebensqualität." Zugleich müsse die Bürokratie in den Kommunen abgebaut werden, "dieser unübersichtliche Sumpf voller Kosten", wie er sagt. Das alleine würde das Wohnungsproblem in der Region jedoch nicht lösen, beim Bauen müsse auch das Niveau angepasst werden. "Wir brauchen auch schlichte und einfache Gebäude", sagt er, "allerdings natürlich von einer vernünftigen Qualität."

Wenn Sommerfeld von seinen Ideen spricht, dann sprudeln diese nur so aus ihm heraus, er erläutert Innovation um Innovation und springt dabei von einem Thema zum nächsten. Ob so etwas im traditionell-konservativen Bayern überhaupt erfolgreich sein kann? "Sturköppe" gebe es schließlich überall, antwortet Sommerfeld, "aber auch das ist ja irgendwie liebenswert." Seinen Dialekt kann und will er gar nicht erst verbergen. "Wäre ja auch affig, wenn ich jetzt einfach anfange Bayerisch zu reden", sagt er, "aber das hat ja auch nichts damit zu tun, ob ich die Eigenarten hier verstehe oder nicht." Sommerfeld kommt zwar ursprünglich aus Niedersachsen, aber eben aus einer ebenso ländlichen Gegend. "Das ist eigentlich sehr ähnlich", sagt er, "dieselben Werte, dieselben Ängste, dieselben Probleme." Daher habe er keine Schwierigkeiten, sich in die Perspektive der Menschen in der Region hineinzuversetzen und ihre Prioritäten in den Blick zu nehmen. "Wäre ich nicht Arzt geworden, dann wäre ich heute bestimmt Landwirt", sagt Sommerfeld. Eine bayerische Eigenart, gegen die man nur schwer ankämpfen kann, gibt es dann aber doch. "Jeder Besenstiel wählt hier eben die CSU", sagt er, andererseits sei aber auch "eine Menge Frustration" zu spüren. Eine Chance für seine FDP? "Klar", sagt Sommerfeld, denn wer lösungsorientiert arbeite, der könne auch "was wuppen".

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