Landtagswahl in Bayern:Der Revolutionär

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Drei Politikfelder sind Jonathan Westermeier wichtig: Bildung, Digitalisierung und der Umgang mit Drogenkonsumenten. (Foto: privat)

Jonathan Westermeier ist Landtagskandidat der Linken. Er wirbt mit einer "Politik der Vernunft" und will die Partei aus dem Exoten-Dasein führen.

Von Thomas Radlmaier, Karlsfeld

Es heißt, die Letzten werden die Ersten sein. Und wer durch Dachau läuft, der sieht an Straßenkreuzungen, Laternenmasten und Bäumen, wo die Konterfeis der Politiker hängen, plötzlich ein neues Gesicht. Die Linke hat erst vor wenigen Wochen - und damit viel später als andere Parteien - ihren Direktkandidaten für den Dachauer Stimmkreis plakatiert. Es sei schwer, Wahlkampf mit so wenig Leuten zu organisieren, sagt Jonathan Westermeier, der Kandidat. Aber das späte Plakatieren habe sich als gar nicht so schlecht herausgestellt. Westermeier verweist darauf, dass die Plakate an den dafür vorgesehen Wänden in Dachau anfangs so gut gehaftet haben wie an einer Eisstockbahn. Und, sagt er, er falle den Leuten damit gerade jetzt in der entscheidenden Phase auf.

Jonathan Westermeier, 25, sieht stets das Gute. Der Karlsfelder kandidiert auf Listenplatz 14 und weiß, dass es wahrscheinlich nichts wird mit dem persönlichen Einzug in den Landtag. Aber im Landkreis nehme man die Linke auch durch seine Kandidatur nun vielleicht etwas mehr wahr als noch vor ein paar Monaten. Auch die Mitgliederzahl sei gestiegen. "Da verändert sich gerade etwas."

Tatsächlich darf sich die Linke Hoffnungen machen, in den Landtag zu kommen. Meinungsforscher sehen die Partei bei rund fünf Prozent. Dabei zählte diese bisher zu den Exoten, die man am Wahlabend unter Sonstige zusammenfasste, weil sie zu wenig Menschen gewählt haben. "Es schaut gut aus", sagt Westermeier.

Der IT-Administrator im öffentlichen Dienst, der in seiner Freizeit in einer Rockband spielt und einen Schrebergarten in Dachau besitzt, ist erst im vergangenen Jahr in die Linke eingetreten. Einer der Hauptgründe sei die AfD gewesen, "die immer stärker wurde". Als eine Mehrheit des Landtages in Sachsen-Anhalt im August 2017 auf Antrag der AfD beschloss, eine Enquetekommission gegen Linksextremismus einzurichten, habe Westemeier gedacht: "Jetzt muss ich was tun." Er sagt: "Gegen die Hetze und den ganzen Wahnsinn will ich dagegen halten mit einer Politik der Vernunft und Fakten."

Drei Politikfelder sind ihm wichtig: Bildung, Digitalisierung und Umgang mit Drogen. Er verweist darauf, dass sich die Zahl der Drogentoten in München seit Jahren auf einem hohen Niveau bewegt. Für ihn ist das ein Ausdruck einer "verfehlten Politik" der CSU. Auch hier müsse man sich endlich an Fakten und Wissen ausrichten, sagt Westermeier. Die sogenannten Konsumräume, wo zum Beispiel Suchtkranke steriles Spritzbesteck und ärztliche Hilfe bekommen, könnten dabei helfen, Infektionen zu verringern. Doch anders als in anderen Bundesländern fehlt dafür in Bayern die rechtliche Grundlage. Würde er in den Landtag kommen, würde er sich dafür starkmachen. Er plädiert dafür, sich ein Bespiel an Portugal zu nehmen und "alle Drogen zu entkriminalisieren".

SZ-Grafik (Foto: N/A)

Westermeier ist niemand für politisches Klein-Klein. Er ist der Meinung, dass sich grundsätzlich in vielen Bereich etwas ändern muss. Er fordert eine "Bildungsrevolution" dahingehend, dass man Schüler auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet. Es helfe nichts, wenn alle ein bisschen programmieren können, sagt er. "Wir brauchen spezialisierte Leute mit Eigeninitiative." Ansonsten werde diese Gesellschaft in 20 bis 30 Jahren scheitern. Er sagt Sätze wie: "Der flächendeckende Glasfaserausbau ist nicht optional." Oder: "40 000 Wohnungen müssen künftig pro Jahr gebaut werden. Das ist Aufgabe des Staates." Oder: "Wenn wir langfristig auf diesem Planeten leben wollen, dann brauchen wir 100 Prozent erneuerbare Energien."

Bei jungen Wählern kommt Jonathan Westermeier jedenfalls gut an. Bei einer Veranstaltung des Kreisjugendrings mit allen Direktkandidaten sollten Erst- und Zweitwähler angeben, welcher Politiker sie am meisten überzeugte. Westermeier erhielt 24 Prozent und landete auf dem zweiten Platz. Auf Facebook postete er ein Bild des Tortendiagramms und schrieb dazu: "14. Oktober, bitte Wahlergebnis übernehmen."

© SZ vom 09.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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