Landtagswahl 2018:Hängepartie

Landfrauentag

15-Stunden-Tage sind für ihn nicht selten: Anton Kreitmair auf dem Landfrauentag vor zwei Wochen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Eigentlich hatte sich Anton Kreitmair schon entschlossen, im Herbst nicht mehr zu kandidieren. Die Doppelbelastung als Politiker und Bauernpräsident sei zu groß. Parteifreunde drängen ihn aber, weiter zu machen

Von Benjamin Emonts, Dachau

Es ist eine bemerkenswerte Nachricht, die da ziemlich weit hinten in einer Pressemitteilung des kleinen CSU-Ortsverbands Schwabhausen auftaucht. Es heißt darin: "Anton Kreitmair gab bekannt, dass er auf eine erneute Landtagskandidatur verzichten wird, um sich auf die Arbeit im Bayerischen Bauernverband konzentrieren zu können." Mit der Meldung konfrontiert, wirkt Kreitmair ungewohnt unsicher und überrascht am Telefon. Er habe das so gesagt, bestätigt er, doch die Entscheidung sei noch nicht endgültig. "In zwei bis drei Tagen kann ich mehr sagen", verspricht der 54-Jährige. "Ich hatte mich schon entschieden. Aber ich bin von meinen Kollegen massiv bedrängt worden, weiter zu machen."

Der Vorgang an sich ist schon kurios. Erst verkündet Kreitmair auf einer - mit Verlaub - eher unbedeutenden CSU-Ortsversammlung ohne Rücksprache seinen Rückzug, und dann rudert er wenige Tage später wieder zurück. Es scheint so, als sitze Kreitmair in einer Zwickmühle. Sein Rückzug war offenbar schon beschlossene Sache - bis seine Parteifreunde ihm ins Gewissen redeten. Sie wissen vermutlich, was sie an Kreitmair haben. Der Landwirt aus Kleinberghofen ist ein gefragter Mann in Oberbayern. Seit nunmehr sechs Jahren ist er Bezirkspräsident des Oberbayerischen Bauernverbandes und Ansprechpartner für mehr als 32 000 Bauernfamilien aus der Region. Nur ein Jahr später, im Herbst 2013, zog er über Listenplatz 129 für die CSU in den bayerischen Landtag ein. Kreitmairs Lobby und Bekanntheit sind weiter gewachsen. Bei den kommenden Landtagswahlen am Sonntag, 14. Oktober, verspricht sich die CSU etliche Zweitstimmen für den bayernweit umtriebigen Bauernobmann.

Doch dem 54-Jährigen wird seine Doppelbelastung offenbar zu viel. "Ich stelle mir die Frage, ob ich das die nächsten fünf Jahre noch so treiben kann", sagt er. Als Bauernpräsident reist er fast täglich zu Veranstaltungen, die oft weit auseinander liegen. Hinzu kommen die zahlreichen Bürgeranfragen und die Verantwortung als bayerischer Landtagsabgeordneter. "Wenn man am Tag 15 Stunden unterwegs ist, dann geht das schon irgendwann an die Substanz", sagt Kreitmair. "Die Arbeit kostet Nerven und Kraft".

Auffällig ist, dass er in der Vergangenheitsform spricht, wenn er am Telefon sehr offen seine schwierige Situation darlegt. "Ich habe unvorstellbar viel Erfolg im Landtag gehabt. Als Mann im Hintergrund sind unwahrscheinlich viele Gesetzesinitiativen und Anfragen von mir gekommen", bilanziert er. "Es war eine interessante Herausforderung." Andererseits schmeicheln ihm offensichtlich die Avancen seiner Parteifreunde im Landtag. Sie seien alle schockiert gewesen, als sie von seinem geplanten Rückzug erfahren hätten, allen voran die neue Bauministerin Ilse Aigner. Allein in den vergangenen Tagen habe die Ministerin drei Mal versucht, ihn umzustimmen. "Mir ist alles erdenklich Mögliche zugesagt worden, ein extrem guter Listenplatz und Werbung über Dachau hinaus. Die tun alles dafür, dass ich noch mal weiter mache."

Das mag auch daran liegen, dass die CSU den Platz von Kreitmair im Landtag womöglich an eine andere Partei verlieren würde. Eine erfolgversprechende Alternative ist im Landkreis Dachau zumindest auf den ersten Blick nicht vorhanden. Der Landtagsabgeordnete und Dachauer CSU-Kreisvorsitzende Bernhard Seidenath will sich über einen möglichen Plan B erst äußern, wenn die Entscheidung endgültig ist. Er sagt nur, dass er schon seit Monaten versuche, Kreitmair von seiner Entscheidung abzubringen. "Weil er ein hervorragender Abgeordneter ist und es schade wäre, wenn er aufhören würde."

Kreitmair selbst wirkt sehr angespannt, seine Situation belastet ihn offenbar. "Ich habe den Druck, diese Woche zu entscheiden. Die Entscheidung war ja schon gefallen, aber jetzt ist sie wieder offen."

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