Mitten im Landratsamt:Zeichen des Verfalls

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Über der Treppe, die zu den Sitzungssälen führt, klafft dort, wo einst weißer Putz war, derzeit ein großes graues Loch. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Im Dachauer Landratsamt fällt der Putz von der Decke, ein Neubau ist jedoch bei klammen Kassen in weite Ferne gerückt. Da hilft nur eines: Aufkehren und Helm auf.

Glosse von Jacqueline Lang, Dachau

Freitagmorgen, kurz nach 8 Uhr. Mal wieder steht eine Ausschusssitzung im großen Sitzungssaal an. Doch, nanu: Am Geländer der Treppe, die in den ersten Stock führt, flattert rot-weißes Absperrband. Handelt es sich etwa um eine Kunstinstallation, von der man nichts mitbekommen hat? Mitnichten, wie Landrat Stefan Löwl wenig später klarstellt – und man wird den Verdacht nicht los, dass er etwas Genugtuung in seiner Stimme mitschwingt. Fast so, als wolle er sagen: „Ich hab’s euch doch gesagt.“

Auch via Facebook informiert er seine 7922 Followerinnen und Follower über die nächtlichen Ereignisse, drei Fotos vom Tatort inklusive. Wie ernst die Lage ist, merkt man nicht zuletzt auch daran, dass der Selfie-König auf den geposteten Bildern nirgends auftaucht, nicht mal in einer Ecke. Doch was war überhaupt geschehen? Irgendwann in der Nacht habe sich an der Haupttreppe zu den Sitzungssälen im Dachauer Landratsamt der Putz von der Decke gelöst, schreibt Löwl.

„Stück für Stück fällt’s halt zusammen“

„Grund ist wohl das Alter des Gebäudes und die aktuell außergewöhnlich hohe Luftfeuchtigkeit, welche den Putz löst.“ Derzeit prüfe man, „was an der Schadstelle zu machen ist“. Ein schneller Kontrollgang am Montagmorgen zeigt: Das Flatterband ist zwar weg, aber der Putz an der Decke eben auch. Man habe ihn sogar sicherheitshalber komplett entfernt, teilt Pressesprecherin Sina Török auf Nachfrage mit, „sodass auch nichts mehr herunterfallen kann“. Zudem habe der Hochbau keine weiteren Gefahrenstellen ausgemacht, das werde aber von einer Fachfirma auch noch mal geprüft.

Selbst wenn also vorerst nicht mit weiterem herabfallenden Putz zu rechnen ist: Gut ist solch ein Vorfall für eine stark frequentierte Behörde wie das Landratsamt freilich nicht. Dass niemand zu Schaden gekommen ist, ist schließlich nur dem Umstand zu verdanken, dass der Putz erst von der Decke gekracht ist, also schon niemand mehr da war.

Doch auch wenn der Landrat froh sein dürfte, dass in seinem Haus niemand verletzt wurde, steht fest: Löwl ist sozusagen qua seines Amtes ein großer Befürworter der Idee, das aktuelle Landratsamt durch einen Neubau zu ersetzen. Gründe dafür gibt es viele, die wachsenden Aufgaben seiner mehr werdenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das damit einhergehende Platzproblem zum Beispiel.

Damit wäre man dann auch schon beim herabgefallenen Putz, der im übrigen knapp 50 Jahre gehalten hat. Denn der Vorfall beweist, was der Landrat in der Vergangenheit immer wieder betont und auch am Freitagmorgen noch einmal feststellt hat: „Stück für Stück fällt’s halt zusammen.“ Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Trotz des nun sichtbar gewordenen Verfalls wird es auf absehbare Zeit kein neues Landratsamt geben. Der Landkreis kann sich das einfach nicht leisten. Da hilft nur eines: Aufkehren und Helm auf.

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