Süddeutsche Zeitung

Alternative Ernährung :Vegetarische und vegane Angebote im Landkreis Dachau

Lesezeit: 4 min

Vegetarische und vegane Ernährung liegt im Trend. Die Kulturschranne in Dachau bietet viele Varianten für alternative Esser. Doch auf dem Land ist die Küche meist traditionell bayerisch.

Von Jacqueline Lang, Dachau

Statt Schweinebraten Gemüseauflauf, statt Wiener Schnitzel Sojageschnetzeltes. Vegetarische, aber auch vegane Ernährung liegen weltweit im Trend. Vor allem junge Menschen achten auf ihre Ernährung, viele von ihnen essen mittlerweile auch dem Klima zuliebe fleischlos. Laut einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach verzichten deutschlandweit mittlerweile 6,1 Millionen Menschen auf Fleisch und Fisch, 950 000 verzichten gänzlich auf tierische Produkte - und täglich werden es mehr (Stand Juli 2019). Ist das ein Trend, der auch die Wirtshäuser im Dachauer Landkreis schon erreicht hat? Ein Blick auf die Speisekarte.

Restaurants in nahezu allen Preiskategorien gibt es viele in Dachau und dem Umland. Ein Großteil serviert traditionell bayerische Küche - und die ist eher fleischlastig. Ein gutes Beispiel dafür ist die Speisekarte des Wirtshauses am Erdweg. Unter der Rubrik "Veggi ist in - Ohne Fleisch geht's auch mal" findet man genau zwei Hauptgerichte, die explizit für Vegetarier ausgeschrieben sind: Käsespätzle und Gemüsemaultaschen. Darüber hinaus gibt es noch ein "Merrettichschaumsupper'l" bei dem man zumindest fragen könnte, ob man den dazu gereichten Baconspieß weglassen könnte und immerhin zwei der vier Salate kommen auch ganz ohne Fleischbeilage aus.

Fragt man Inhaberin Gabriele Reyer, ob das denn reicht, ist die Antwort eindeutig: "Absolut." Die Mehrheit bestelle nach wie vor Fleisch und Fisch. Und wenn jemand nach einer veganen Option fragt? Dann könne man da schon was machen, sagt Reyer. Allzu oft komme das aber nicht vor.

Ähnlich sieht das auch ihr Kollege vom Kapplerbräu in Altomünster. "Eine Tendenz ist Richtung vegan zu vernehmen, auch werden Allergien häufiger", sagt Betreiber Hans Wiedemann. Dennoch würden die meisten Menschen nach wie vor Fleisch und Fischgerichte bevorzugen. Vegane Gerichte würde man daher bislang nur auf Nachfrage anbieten. Das vegetarische Angebot beschränkt sich auch bei ihm auf Klassiker wie Käsespätzle und Spinatknödel. Zusätzlich dazu gibt aber zum Beispiel auch einen Salat mit Ziegenkäse und karamellisierten Trauben oder gerade saisonal auch eine Kürbiscremesuppe. Beide Gerichte kommen ebenfalls ohne Fleisch aus. Das vegetarische Angebot ist damit zwar immer noch vergleichsweise klein, aber praktisch auf allen Karten vorhanden. Vegane Alternativen? Sucht, wer mehr will, als einen grünen Salat mit Dressing, nahezu vergeblich.

Ein Blick in den Gaststättenführer, den der Verein Dachau Agil für das Dachauer Land herausgibt, offenbart ein ähnliches Bild: Einzelne Piktogramme weisen auf Besonderheiten wie Barrierefreiheit, Übernachtungsmöglichkeiten, aber eben auch auf vegetarische oder vegane Angebote hin. Kein einziges der aufgeführten Wirtshäuser bietet standardmäßig vegane Küche an, von insgesamt 26 Wirtshäusern haben nach eigenen Angaben nur 17 vegetarische Gerichte auf der Speisekarte, darunter auch das Wirtshaus am Erdweg und der Kapplerbräu. Die Liste sei nicht vollständig, weil die Gastronomiebetriebe selbst entscheiden könnten, ob sie aufgeführt werden wollten und mit welchen Hinweisen, erklärt eine Mitarbeiterin des Vereins. Tatsächlich sei es aber so, dass Touristen, für die der Gaststättenführer ja gedacht sei, selten explizit nach vegetarischen oder veganen Restaurants fragen würden.

Ganz anders in der Kulturschranne in der Dachauer Altstadt. Vegetarische und auch vegane Gerichte stehen viele auf der Speisekarte des Restaurants und auch der täglich wechselnde Mittagstisch hat neben einem Fleischgericht immer auch eine vegetarische Alternative zu bieten. Für Geschäftsführerin Christiane Liebhart ist das ganz selbstverständlich: "Man muss mit der Zeit gehen." Die Nachfrage nach vegetarischen und veganen Gerichte sei groß, nicht nur bei jungen Leuten. Ihr Küchenteam versuche deshalb, eine abwechslungsreiche Karte zu entwickeln, auf der für jeden Geschmack was dabei sei. Seit kurzem gebe es am Wochenende sogar eine große Auswahl an veganen oder auch glutenfreien Kuchen. Klar, manchen sei das ein wenig zu speziell. Die würden dann auch statt der eigentlich sehr beliebten "Dachauer Quinoa-Power-Bowl" lieber was "Normales" haben - aber für die gebe es eben dann das Geschnetzelte oder das Wiener Schnitzel.

Dass sie mit diesem Konzept, das sowohl Vegetariern, Veganern als auch Allesessern gleich viele Wahlmöglichkeiten bietet, im Landkreis Dachau bislang eher die Ausnahme ist, ist Liebhart bewusst, aber sie sagt auch: "Ich glaube schon, dass das auch auf dem Land noch kommt, aber es dauert eben noch ein bisschen." In der Kulturschranne immerhin gibt es schon jetzt einen veganen Stammtisch.

Auch Christoph Wallner beobachtet, dass sich ein Wandel vollzieht. Wallner ist Ernährungsberater und hat sich selbst eine Zeit lang vegan ernährt. Mittlerweile isst er immer noch zu 80 Prozent vegan, hin und wieder kommt bei ihm seit ein paar Jahren aber auch wieder Käse aufs Brot und Fisch auf den Teller. Einfach, weil er gemerkt hat, dass das für seinen Körper so am besten funktioniert. Ernährung, das sei schließlich eine ganz individuelle Angelegenheit, sagt Wallner. Per se ist der Dachauer deshalb auch nicht gegen Fleisch oder Süßigkeiten. "Die Dosis macht das Gift", ist er überzeugt. Eine vegane Ernährung könne bei einem erwachsenen, gesunden Menschen funktionieren. Bei Kindern hält er sie indes für grob fahrlässig. Anders sieht er das bei einer vegetarische Diät: Die könne auch bei Kindern gefahrlos angewendet werden.

Er selbst kennt einige Dachauer Lokale, wie das Effe & Gold oder das HiFive in denen man vegane Gerichte - in beiden Fällen Burger - auf der Karte findet. Außerdem gebe es ein paar indische oder griechische Restaurants, bei denen zumindest die Auswahl für Vegetarier gut sei. Nur wer Lust auf traditionell bayerische Küche hat - eine Küche, mit der Wallner selbst aufgewachsen ist - tut sich immer noch schwer. Und: Je weiter man aus der Stadt rausfahre, desto schwerer werde es, so Wallners Erfahrung. Allerdings, vermutet der Ernährungsberater, liege das auch daran, dass es die jungen Menschen, die auf der Suche nach veganen Alternativen sind, Richtung Stadt ziehe.

Wenn er deshalb in einem bayerischen Wirtshaus auf dem Land nach einer fleischlosen Alternative frage, dann sei er immer noch der "Sonderling". Verstehen kann er das nicht ganz, denn praktisch jedes Restaurant habe doch sowieso Reis und Kartoffeln da. Er ist deshalb überzeugt: "Bayerische Wirtshäuser haben schöne Möglichkeiten, innerhalb der traditionellen Küche auch ein paar leckere vegetarische und vegane Gerichte anzubieten."

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Quelle:
SZ vom 21.11.2019
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