Landkreis Dachau:Sexueller Missbrauch auf dem Spielplatz

In einer Neubausiedlung in Schwabhausen wird ein sechsjähriger Bub auf einem Spielplatz sexuell missbraucht - von einem Jugendlichen. Die Bewohner sind entsetzt.

Eine ganze Siedlung ist entsetzt. An einem sommerlichen Sonntagvormittag spielen und lachen dort normalerweise viele Kinder und Jugendliche. Aber der Spielplatz ist an diesem Sonntag leer. Ein einziges Mädchen pflückt in einer Wiese nebenan Mohnblumen. Als ein Vater, dessen Tochter auf dem Kletterturm turnt, erfährt, was sich hier am vergangenen Freitagabend ereignet hat, fahren beide nach einem kurzen Telefongespräch mit dem Fahrrad nach Hause.

Wie die Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck mitteilt, hat sich ein Jugendlicher im Alter zwischen zwölf und 15 Jahren mit längeren blonden Haaren an einem sechsjährigen Buben sexuell vergangen. Der Bub war mit seinem fünfjährigen Freund auf dem Spielplatz in der Siedlung am Anemonenring.

Zunächst soll sich der Täter am Spiel der beiden Kinder nur beteiligt haben. "Im weiteren Verlauf", so die Krirminalpolizei Fürstenfeldbruck, missbrauchte er den Sechsjährigen, verdeckt hinter einem Erdhügel am Spielplatz." Er floh, als die Mutter ihren Sohn abholen wollte. Die Großfahndung noch am Freitagabend, zu der die Polizei einen Hubschrauber einsetzte, war vergebens. Das sind die Fakten.

Aber die Menschen in der Siedlung fühlen sich tief getroffen. Die Wohnanlage nicht nur am Anemonenring, sondern weiter Richtung Kürbiskernhof von Wally Loock, mit Reihen- und Einzelhäusern gruppiert sich um eine Ebene, die über ein Bächlein zur modernen Sportanlage von Schwabhausen mit Bolzplatz, Skateranlage und bald auch einem Feld für Beachvolleyball führt. Dieses Wohngebiet ist als Idyll gestaltet, das einerseits am Rande von Schwabhausen liegt, andererseits mit den Sportanlagen einen eigenen ländlichen Mittelpunkt bildet.

Niemand dort wäre hier jemals auf die Idee gekommen, dass hier ein Kind auf einer öffentlichen Fläche sexuell missbraucht werden könnte. Denn alles ist einsehbar. Und wenn man Nachbarn wie Günter und Silvia Jilge hat, fühlt man sich sowieso sicher. Die beiden haben zwar schon einen 20-jährigen Sohn, aber vor mehr als 14 Jahren sind sie wegen einiger Vorkommnisse aus Karlsfeld zunächst nach Oberroth gezogen und vor drei Jahren in die neue Anlage, neben den Spielplatz.

"Wir kennen hier jedes Kind und jeden Jugendlichen", sagen beide. Sie bedauern es, am Freitag gerade gegen 17.45Uhr beim Einkaufen gewesen zu sein. Ihnen wäre, da sind sie sicher, der Jugendliche mit dem BMX-Rad aufgefallen. Obwohl: "Wer denkt schon an so etwas, wenn ein Jugendlicher dort mit zwei Kindern spielt?" fragt sich Christian Jilge. Wenn es ein Mann gewesen wäre, dann wären die Jilges auf jeden Fall alarmiert gewesen.

Vergangenen Freitag hatten zwei Buben im Alter von fünf und sechs Jahren zunächst gemeinsam im Garten von Christian Weber gespielt. Dann sind sie zum Spielplatz gegangen, der keine 50Meter entfernt liegt. Christian Weber, der Vater des fünfjährigen Buben, arbeitete im Garten, als die Mutter des Sechsjährigen vorbeikam, um ihn abzuholen. Sie ging zum Spielplatz. "Plötzlich rannte ein Jugendlicher hinter dem Hügel heraus", erzählt sie der SZ. Mittlerweile haben die Ermittlungen ergeben, dass sie Schlimmeres verhinderte. Nach eingehender Beratung mit der Polizei ist sie überzeugt, dass es bei einer sexuellen Annäherung geblieben sei, die ihr Sohn in seiner Unschuld wohl als "unangenehme Spielereien" empfunden habe. Deshalb, sagt sie, verspüre sie weniger Verzweiflung als "eine große Wut". Und sie vermutet, dass der Täter gegenüber ihrem Kind sehr aggressiv hätte werden können.

Noch auf der Flucht, erzählt die Mutter weiter, "hat er mit der Steinschleuder auf die beiden Buben geschossen". Man kennt das Gefühl der Bedrohung von Menschen, in deren Haus eingebrochen wurde. Sie grämen sich nicht nur wegen des gestohlenen Eigentums, sondern fühlen sich wegen des Übergriffs auf ihr Heim plötzlich schutzlos und ohnmächtig. Genau so ergeht es Christian Weber. Deshalb sucht er im Einverständnis und nach Absprache mit der Familie des sechsjährigen Buben die Öffentlichkeit. "Wir sind sind alle entsetzt" sagt er. "Die letzten beiden Tage war kein Kind draußen." Und in nächster Zeit darf wohl keines mehr auf den Spielplatz, wenn nicht Eltern aufpassen.

Weber kümmert sich um die Nachbarfamilie, die beiden Buben gehen in denselben Kindergarten . Beide Familien leben seit Generationen in Schwabhausen. Wegen des Idylls und der, wie sich jetzt herausstellt, trügerischen Sicherheit haben sie hier gebaut. Niemals hätten sie gedacht, dass der Platz hinter dem kleinen Hügel für die Rutsche als Versteck für einen sexuellen Missbrauch dienen könnte. Seit einigen Tagen erreichen ihn Anrufe von Schwabhausener Familien, die schon im April einen Jugendlichen beobachtet haben wollen, der Kinder auf Spielplätzen der Gemeinde "seltsam" (Weber) angestarrt haben soll. Weber will davon sofort die Kriminalpolizei in Fürstenfeldbruck informieren.

Der Täter ist nach Angaben der Polizei circa 12 bis 15 Jahre alt, etwa 1,40 Meter groß, hat längere blonde Haare und war mit kurzer Hose und einem beigen T-Shirt Er war mit einem schwarz-weiß-orangen BMX-Rad ohne Schutzbleche unterwegs. Hinweise: 08141/6120.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: