SZ-Serie: Mit dem Bus in den Landkreis, Ende der Serie:Der Herr der Fahrpläne

Albert Herbst koordiniert im Landratsamt die Buslinien. Das ist eine ziemlich komplexe Aufgabe

Von Julia Putzger

Von Unterumbach bis Dachau, von Randelsried bis Markt Indersdorf, von Mittermarbach bis Sigmertshausen - die Busse im Landkreis sind auch dort unterwegs, wo nicht nur Ortsfremde zweimal auf die Straßenkarte schauen. Doch damit nicht genug: In Zukunft soll der öffentliche Nahverkehr im Landkreis noch weiter ausgebaut und verbessert, das Angebot attraktiver werden. Wer aber entscheidet eigentlich, wann ein Bus wohin fährt?

In Dachau weiß auf diese und viele weitere Fragen vor allem einer die Antwort: Albert Herbst, Leiter des Sachgebiets Kreisschulen und Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) im Landratsamt. Seit 32 Jahren ist er für das Amt im Dienst, die Nummern der Buslinien kann er runterrattern, wie andere das Alphabet. Über Fahrpläne und Haltestellen entscheidet er trotzdem nicht allein. Unterstützt wird er von seinem Team, außerdem besteht eine enge Kooperation mit dem MVV und den einzelnen Gemeinden. Und schließlich ist es der Nahverkehrsplan des Landkreises, nach dem sich die Arbeit von Herbst richtet.

Im Fokus stehen dabei derzeit verschiedene Projekte. Der ÖPNV soll künftig weniger nachfrageorientiert und stärker angebotsorientiert sein, Tangentialverbindungen sollen geschaffen - die fehlen nämlich noch vielerorts im Münchner Umland - und der Raum Odelzhausen gestärkt werden. "Die Arbeit wird uns in den nächsten Jahren nicht ausgehen", sagt Herbst. Denn bis eine neue Linie im Landkreis verkehrt, vergehen von der Entwurfsphase an mindestens zweieinhalb Jahre. Entsprechend der im Nahverkehrsplan festgelegten Prioritäten konzeptionieren Herbst und sein Team im Landratsamt in enger Abstimmung mit der MVV GmbH Linienweg und Taktfolge des Busses. Dieser Entwurf wird dem Kreisausschuss vorgelegt, danach beginnt das EU-weite Vergabeverfahren. Ein Jahr vor der eigentlichen Ausschreibung ist allerdings eine sogenannte Vorabbekanntmachung nötig. Diese ermöglicht es Bewerbern, eigenwirtschaftliche Anträge einzubringen - also solche, die ohne öffentliche Betriebskostenzuschüsse auskommen.

SZ-Serie: Mit dem Bus in den Landkreis, Ende der Serie: Herbts Expertentum fußt nicht nur auf Theorie; er fährt auch selber mit dem Bus.

Herbts Expertentum fußt nicht nur auf Theorie; er fährt auch selber mit dem Bus.

(Foto: Toni Heigl)

"Der ÖPNV ist in der Regel defizitär. Es gibt keine Linie mit Überschüssen, darum sind die Zuschüsse notwendig, und es gab bei uns, soweit ich weiß, im Rahmen der Vorabbekanntmachung noch keinen Antrag. Diese Jahresfrist ist für uns darum vor allem ein zeitliches Hemmnis", erklärt Herbst. Nach der einjährigen Wartezeit sind die nächsten Schritte die eigentliche Ausschreibung und die Bewertung der Angebote. Neben dem Preis ist vor allem die Einhaltung vorgeschriebener Qualitätsstandards wichtig.

Doch auch nachdem die Entscheidung über den künftigen Buslinienbetreiber gefallen ist, beschäftigen sich Herbst und sein Team weiter mit der Linie. Einerseits müssen Fahrpläne erstellt und veröffentlicht werden, andererseits muss nach Inbetriebnahme evaluiert werden, ob die Linie den Bedürfnissen der Bürger tatsächlich entspricht. Und nach nur wenigen Jahren beginnt das gesamte Prozedere wieder von vorn: "Die geplante Expressbuslinie von Dasing nach Pasing wird beispielsweise nur für fünf Jahre ausgeschrieben - danach sind nämlich die Fahrzeuge auf Grund der vielen Fahrtkilometer hinüber", erklärt Herbst.

SZ-Serie: Mit dem Bus in den Landkreis, Ende der Serie: Albert Herbst ist Experte für den Busverkehr im Landkreis.

Albert Herbst ist Experte für den Busverkehr im Landkreis.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Mehr als vier Millionen Nutzwagenkilometer legen die öffentlichen Busse jährlich im Landkreis zurück, knapp ein Viertel davon allein in der Stadt Dachau. Hinzu kommen Leerkilometer für Strecken, welche die Busse außerdienstlich fahren. Bedient werden dabei 40 Regiobuslinien und fünf Rufbuslinien im MVV-Tarifgebiet. Diese Zahl soll in den kommenden Jahren wachsen, beim heurigen Fahrplanwechsel gibt es diesbezüglich aber noch keine großen Veränderungen: "Wir haben viel in der Pipeline und sind selber fast ein bisschen ungeduldig. Die großen Würfe sind aber erst 2020 und 2021 dabei."

Neben der Dauer mancher Projekte bereitet Herbst aber vor allem eines Sorgen: Der Busfahrermangel. Denn Geld für die zahlreichen Investitionen sei derzeit genug vorhanden. Vielmehr werde das Angebot momentan so stark ausgeweitet, dass nicht genügend Personal für den Betrieb vorhanden sei. "Früher hat sich jeder Busunternehmer über ein Mehr gefreut", erzählt Herbst, eine Situation wie derzeit habe er in den vergangenen 32 Jahren nie erlebt. Auch Fahrzeuge stünden nicht immer genug zur Verfügung, eine Erweiterung in Karlsfeld wurde etwa wegen eines Lieferproblems vertagt. Trotz dieser und weiterer Herausforderungen - etwa der Erweiterung des Dachauer Busbahnhofs - ist sich Herbst sicher: "Die wichtigsten Sachen haben wir schon auf den Weg gebracht und alles ist machbar."

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Herbst ist Optimist und mit viel Herzblut und Engagement bei der Sache. Ein Traumjob sei seine Arbeit, da er gestalterisch und konzeptionell tätig sein, in seinem Landkreis etwas verändern könne. Und das, obwohl Herbst als Kind doch eigentlich Lokführer werden wollte. Die Affinität zum Thema ist ihm jedenfalls geblieben und mit der Bahn fährt er trotzdem regelmäßig: "Schon seit der Schulzeit bin ich öffentlicher Fahrer durch und durch." Somit sei er stets mit mindestens einem Ohr bei den Fahrgästen und bereit, deren Vorschläge aufzugreifen.

Eine weitere kleine Anekdote weiß der Herr über die Buslinien des Landkreises dann noch zu erzählen: "In der neunten oder zehnten Klasse, da sollten wir Schüler eine Erörterung schreiben. Das Thema lautete: Wie ein Fahrplan entsteht. Damals wusste ich überhaupt nichts damit anzufangen und hätte nie gedacht, dass ich mich damit einmal tagtäglich beschäftige. Heute könnte ich wohl mehrere Bücher darüber schreiben."

Die Lokalausgaben der Süddeutschen Zeitung suchen im Oktober gemeinsam mit dem MVV den Busfahrer oder die Busfahrerin des Jahres. Teilnahmecoupons liegen in allen Regionalbussen aus. Ihren Favoriten oder ihre Favoritin können Fahrgäste aber auch per Mail vorschlagen: busfahrer-aktion@mvv-muenchen.de.

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