Eigentlich hatten sich die Ottes auf das Hochwasser vorbereitet und Sandsäcke ins Haus geschleppt. Doch auf einmal sei „die Glonn über den Damm gekommen“, schildert es Petra Otte. Am Montag, einen Tag später, hängt öliger Geruch in der Luft. Innerhalb kurzer Zeit stand der Keller der siebenköpfigen Familie in Petershausen bis zum Rand unter Wasser, ihr Garten ist geflutet, die Ölheizung kaputt, so erging es vielen. Mehr als drei Stunden haben die Ottes am Sonntag auf ein Rettungsboot gewartet, das die Familie bis zum Sportheim fuhr. Die untere Etage, in der zwei Kinder gelebt haben, ist nicht mehr bewohnbar. Es wird wohl Wochen, Monate oder gar Jahre dauern, bis bei den Ottes wieder Normalität einkehren wird – und die Familie ist im Landkreis bei Weitem nicht die einzige.
Überflutete Keller, verwüstete Vorgärten und zerstörte Einfamilienhäuser: Seit Freitag herrscht im Landkreis Dachau wegen des anhaltenden Hochwassers Ausnahmezustand. Neben Markt Indersdorf hat die Gemeinde Petershausen mit den größten Verwüstungen zu kämpfen. Bürgermeister Marcel Fath (FW) hat schon einen kurzen Blick in die Daten geworfen: Seiner Recherche nach hat es in Petershausen in der Geschichte noch nie einen so hohen Pegelstand gegeben. Die über die Ufer getretene Glonn hat am Wochenende mindestens 50 Wohnhäuser unter Wasser gesetzt. Laut Fath waren am Wochenende etwa 150 Feuerwehrleute aus der Gemeinde im Einsatz.
„Das Wasser ist deutlich schneller gekommen als erwartet“, erzählt der dreifache Familienvater Jesper Christensen. In seinem Haus in der Münchner Straße in Petershausen riecht es modrig, der Holzboden ist aufgeweicht. Trotz der leicht erhöhten Lage des Grundstückes habe das Hochwasser den gesamten Keller geflutet und alle Einrichtungsgegenstände zerstört. Zudem sei im Garten ein kniehoher See entstanden. Auch die Jespers mussten mit einem Schlauchboot in Sicherheit gebracht werden.
Sämtliche Einrichtungen mussten in Petershausen am Montag geschlossen bleiben. Die Grundschule teilt mit, dass der Präsenzunterricht wegen der Wasserschäden vorerst entfällt. Für Montag sei keine Notfallbetreuung eingerichtet worden, da die Schulgebäude aufgrund des Hochwassers nicht freigegeben seien. Ab Dienstag soll aber wieder Präsenzunterricht stattfinden. Es werde die Schulpflicht gelten, sagte Fath. Offen bleibe aber, wie die Kinder in die Schule kommen. Die Münchner Straße und somit auch die Ortsdurchfahrt sei von Wasser unterspült und bis auf Weiteres gesperrt. Ob und wie Schulbusse in den nächsten Tagen wieder fahren können, könne man noch nicht sagen.

Hochwasser:Donau-Pegel sinken
Der Wasserstand geht langsam runter, in Regensburg wurde der Katastrophenfall beendet, ebenso in Passau. Die Europawahl verlief in den von der Flut betroffenen Gebieten reibungslos.
In der Schule selbst sei die Mensa vom Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen worden. Das gestiegene Grundwasser habe Sand in die Räumlichkeiten gespült, der nun von Putzkräften entfernt wird. Die Kantine bleibt daher bis einschließlich Mittwoch geschlossen, die Schüler sind angehalten, ihr eigenes Pausenbrot mitzubringen. Auch die Kitas in Petershausen mussten am Montag geschlossen bleiben. Laut Bürgermeister Fath ist eine Kinderkrippe so sehr vom Hochwasser in Mitleidenschaft gezogen worden, dass sie voraussichtlich erst Ende des Jahres wieder öffnen wird. Ab Mittwoch werde die Gemeinde eine Notfallbetreuung für die betroffenen Familien einrichten.
Immer noch sind viele Haushalte ohne Strom
Vom Strom abgeschnitten sind bislang alle Gebiete in Petershausen, die nahe der Glonn stehen, wie etwa die Baumsiedlung oder der Ortsteil Asbach. Dennoch ist laut Fath die sichere Trinkwasserversorgung aufrechterhalten geblieben, auch die Kläranlage blieb unbeschadet. Immerhin.
„Dank der Regenpause hat sich die Lage ein wenig entspannt“, sagt Wolfgang Reichelt, Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr Dachau. Teilweise sind die Pegel jedoch noch immer zu hoch, sodass ein Leerpumpen von Kellern und Tiefgaragen noch nicht überall möglich ist; insbesondere im Gemeindegebiet Karlsfeld. Über das gesamte Wochenende verzeichneten die Einsatzkräfte aber über 360 Einsatzmeldungen. Am Montag seien die Feuerwehrleute überwiegend damit beschäftigt gewesen, Wasser aus den Kellern zu pumpen. Reichelt berichtet von müden Helfern, seit Samstagfrüh seien sie kontinuierlich im Einsatz gewesen.






In Dachau sank der Gröbenbach am Sonntag, in Bergkirchen hatte die Maisach in der Nacht zu Sonntag dagegen erst ihren vorläufigen Höhepunkt von fast 269 Zentimeter erreicht, seit Montag sinkt der Pegel. Bergkirchens Bürgermeister Robert Axtner (CSU) berichtet von großflächigen Überschwemmungen, besonders in Eisolzried und Bergkirchen. Mittlerweile habe sich die Lage aber entspannt, sagt er. Durch die Zusammenarbeit von den Feuerwehren, Landwirten, dem THW und rund 80 freiwilligen Helfern am Sonntag habe man Schlimmeres verhindern können. Landrat Stefan Löwl lobte in einem Post „die Hilfsbereitschaft der Nachbarschaft“ und dankte „allen für das Miteinander und die Hilfe, die geleistet wurde und nach wie vor geleistet wird“.
Der Katastrophenfall, der in der Nacht zu Sonntag ausgerufen wurde, solle nun, da das Wasser langsam zurückgeht am Montagabend oder Dienstagfrüh für beendet erklärt werden, sagte die Sprecherin des Landratsamts, Sina Török, am Montagvormittag. Es gilt jedoch immer noch der Aufruf, Abwasser beim Duschen, den Toilettengängen oder Waschmaschinen zu reduzieren. Das Trinkwasser kann man hingegen bedenkenlos trinken.
Török geht davon aus, dass weit mehr 600 Wohnung vom Hochwasser betroffen seien. Bei der Zahl handele es sich nur um jene Haushalte, die sich an die Leitstellen der Feuerwehr oder Polizei gewandt hätten, sagte Török. Die Dunkelziffer sei vermutlich viel höher.
„Die meisten wollen wissen, wie der Pegel steht“
Für betroffene Haushalte hat die kommunale Abfallwirtschaft ein Soforthilfeprogramm für Hochwassergeschädigte aufgesetzt. In dieser und der kommenden Woche können Bürgerinnen und Bürger ihren Sperrmüll zudem auf allen Wertstoffhöfen im Landkreis kostenlos abgeben.
Im Landkreis Dachau sind nach dem Hochwasser die Aufräumarbeiten bereits im vollen Gange – in der Hoffnung, dass es endlich ganz aufhört zu regnen. Im Landratsamt ist man dahingehend zuversichtlich. Török jedenfalls geht davon aus, dass die 50 000 Sandsäcke, die man in der neuen Katastrophenschutzhalle in Hebertshausen am Wochenende gefüllt hat, vorerst ausreichen werden: „Im Hinblick auf die aktuelle Wetterprognose für die nächsten Tage haben wir im Landkreis noch genug Sandsäcke vorrätig.“