Landkreis Dachau:Kampf der Heldinnen

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Die kongolesische Politologin Jeanne-Marie Sindani berichtet über den Kampf der Frauen in Afrika gegen Diskriminierung.

Simon Schramm

Jeanne-Marie Sindani kämpft gegen ein Klischee. Das Klischee der vom Mann abhängigen afrikanischen Frau. Die Politologin möchte beweisen, dass die afrikanische Frau sehr wohl voll "Vitalität, Lebensfreude und Professionalität" und unabhängig vom Mann ist. Und dass es in Afrika seit jeher starke Frauen gab und gibt, nicht nur Ellen Johnson, die liberianische Staatspräsidentin, die in diesem Jahr zusammen mit zwei weiteren Frauen aus dem Jemen den Friedensnobelpreis bekommen hat. Dieser Beweis ist Sindani, die im Kongo geboren ist, bei ihrem selbstbewussten Vortrag am Mittwochabend im Mehrgenerationenhaus gelungen.

Die Kongolesin Jeanne-Marie Sindani lebt, mit Unterbrechung, seit 1988 in Deutschland. Heute ist sie Leiterin der internationalen kongolesischen Organisation in Fürstenfeldbruck. (Foto: npj)

Der Internationale Frauenstammtisch hatte zum einstündigen Vortrag unter dem Titel "Afrika und seine Frauen" geladen, und der kleine Vortragsraum war gut gefüllt. Zunächst sprach Sindani von Afrika als einer männlich bestimmten Gesellschaft, die auf klassischen Vorurteilen beruht. Die Nichtigkeit der Frau, heißt es dort, sei biologisch bestimmt, die Frau nur zum Putzen, Kochen und Gebären nützlich. Doch gerade aus dieser angeblichen Benachteiligung ziehen die Frauen in Afrika großen Stolz: "Das ist eine Gabe Gottes. Und wir sind Göttinnen, weil wir den Mann gebären." Schließlich sei der Mann deshalb benachteiligt. Diese Aussage stieß auf große Zustimmung im rein weiblichen Publikum Eine Frau rief: "Richtig, sehe ich auch so."

Von stillen Heldinnen zu Nobelpreisträgerinnen" lautete der Untertitel des Vortrags. Sindani zählte eine Reihe von Frauen in der afrikanischen Geschichte auf, die zu diesen Heldinnen gehören. Zum Beispiel Tinibu aus Nigeria, die im 19. Jahrhundert ein Beinahe-Monopol auf Palmöl hatte und durch ihren internationalen Handel den damaligen Sklavenhandel zumindest bremsen konnte. Denn die in England ankommenden Schiffe hatten keine afrikanischen Sklaven mehr an Bord, "das Schiff war voll mit Export-Artikeln", wie Sindani grinsend erzählte.

Auch im modernen Afrika komme die Gleichstellung der Frau voran. Wie die Politologin Sindani erzählte, sind Frauen in allen Berufen vertreten, arbeiten als Ärztin, Richterin oder Polizistin und gründen gleichzeitig Familien. Die politische Vertretung der Frauen habe sich verbessert; so sei in der Afrikanischen Union, dem dortigen Pendant zur EU, eine Frauenquote von 50 Prozent durchgesetzt worden. Der Nobelpreis für Ellen Johnson markiert in dieser Entwicklung den Höhepunkt. "Ich war sehr stolz", sagte Sindani dazu.

Tatsächlich ist Jeanne-Marie Sindani selbst eine emanzipierte, afrikanische Frau. Sie ist 1965 im Kongo geboren und wuchs unter der Diktatur von Mobutu auf. 1988 zog Sindani wegen ihres Studiums nach Frankfurt am Main, ihren Abschluss machte sie 2002 in Kanada. Danach kehrte sie nach Deutschland zurück und arbeitet heute in Fürstenfeldbruck als Leiterin der internationalen kongolesischen Organisation. Trotz der Fortschritte in Afrika würden Frauen dort nach wie vor im Alltag diskriminiert, wie Sindani abschließend im Vortrag anmerkte. Über die Unterdrückung der Frauen wird sie demnächst auch berichten. Am Donnerstag, 24. November, referiert Sindani im Landratsamt Dachau anlässlich des "Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen" über die Zustände und den Alltag in ihrer Heimat Kongo.

© SZ vom 15.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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