Süddeutsche Zeitung

Pandemie:Landkreis Dachau verschärft Corona-Regeln

Die Sieben-Tage-Inzidenz überschreitet den dritten Tag in Folge den kritischen Wert von 100. Ab Donnerstag gelten damit wieder strengere Maßnahmen wie eine nächtliche Ausgangssperre. In Indersdorf entsteht ein Testzentrum

Von Jacqueline Lang, Dachau

Stunden bevor Ministerpräsident Markus Söder in einer Pressekonferenz um 12. 30 Uhr am Dienstag die Beschlüsse der Kabinettssitzung verkündet, kündigt Landrat Stefan Löwl (beide CSU) via Facebook an, dass ab diesem Donnerstag, 25. März, die sogenannte "Notbremse" im Landkreis Dachau in Kraft treten wird. Der Grund: Bereits den dritten Tag in Folge liegt der Inzidenzwert über 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner, am Dienstag bei exakt bei 146,5.

Laut dem, was Bund und Länder am 3. März beschlossen haben, ist eine Inzidenz über 100 ein kritischer Wert, der weitere Lockerungen unmöglich macht und bereits bestehende außer Kraft setzt. So gilt für den Landkreis Dachau ab diesem Donnerstag unter anderem Folgendes: Treffen des eigenen Hausstandes sind nur noch mit einer weiteren Person erlaubt, ausgenommen von dieser Regelung sind Kinder unter 14 Jahren. Sport ist nur kontaktlos und unter Einhaltung der Kontaktbeschränkungen erlaubt. Kundenverkehr in Geschäften ist gänzlich untersagt, eine Ausnahme stellen nach wie vor Lebensmittelgeschäfte dar. Von 22 bis 5 Uhr gilt wieder eine nächtliche Ausgangssperre. Museen und vergleichbare Kulturstätten müssen schließen.

Doch es gibt auch positive Nachrichten: 15 725 Personen haben inzwischen ihre erste Impfung erhalten, das sind 10,2 Prozent der gesamten Landkreisbevölkerung. 6786 haben sogar die zweite Spritze bekommen. Laut einer Pressemitteilung des Landratsamtes können alle Personen der höchsten Prioritätsstufe, die sich bis zum vergangenen Wochenende angemeldet haben, nun einen Termin zum Impfen vereinbaren. Personen aus dieser Gruppe, die sich jetzt erst noch registrieren lassen, sollen "umgehend" eine Impfeinladung erhalten. Ab sofort werden aber auch Personen der zweiten Prioritätsgruppe geimpft. Bis zum Ende dieser Woche sind weitere 1850 Erstimpfungen geplant. Ursprünglich war geplant, dass Hausärzte im Landkreis ab Donnerstag, 1. April, zusätzliche Impfangebote machen können. Mit den nun verordneten Ruhetagen, die wie Sonn- und Feiertage behandelt werden sollen, am Gründonnerstag sowie Ostersamstag sollen die Hausärzte mit diesen Angeboten laut Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) deshalb schon einen Tag früher und zwar am Mittwoch, 31. März beginnen können. Landrat Löwl sagte dazu, dass die Entscheidung, wann damit gestartet werde, von den einzelnen Ärzten abhänge.

Gesundheitsminister Holetschek setzt vor allem im Fall des Impfstoffs Astra Zeneca auf die Mithilfe der Hausärzte. Durch die zwischenzeitliche Aussetzung des Impfstoffs habe die Verunsicherung in der Bevölkerung stark zugenommen, so Holetschek. Die Hausärzte könnten bei der Aufklärung helfen. Laut Landrat Löwl gibt es auch im Landkreis Dachau immer wieder Menschen, die Impftermine absagen, weil sie sich nicht mit Astra Zeneca impfen lassen wollen. Bislang habe aber jeder frei gewordene Impftermin neu vergeben werden können. Es sei also nicht so, dass Impfdosen ungenutzt in den Schränken der Impfzentren herumlägen.

Neben den Impfungen setzt die Regierung vor allem auf den vermehrten Einsatz von Schnelltests. Hierzu solle, so Ministerpräsident Söder in der Pressekonferenz, in allen Landkreisen zeitnah ein weiteres Schnelltestzentrum eröffnet und die bereits bestehenden Testzentren um eine "Schnellteststraße" ergänzt werden. Landrat Löwl sagte, darauf habe man sich bereits vorbereitet. Sogar der Standort steht schon fest: Am Parkplatz des Gymnasiums in Markt Indersdorf soll es entstehen. Eine Inbetriebnahme sei theoretisch bis kommenden Dienstag möglich, der genaue Eröffnungstermin werde zeitnah bekanntgegeben werden. Eine Schnellteststraße im bestehenden Testzentrum werde es, so Löwl, allerdings nicht geben, dafür fehle dort der Platz. Das Landratsamt plant gemeinsam mit dem Bayerischen Roten Kreuz und den Johannitern darüber hinaus weitere Kapazitätssteigerungen sowie neue Angebote. In den kommenden Tagen werden dem Landratsamt auch noch weitere 81 000 Schnelltests für die Schulen und Kindertageseinrichtungen zugeteilt, welche über den Katastrophenschutz an alle Einrichtungen im Landkreis verteilt werden.

Ministerpräsident Söder sagte in der Pressekonferenz, dass es Überlegungen gebe, ab dem 12. April nach dem sogenannten Tübinger Modell drei oder vier bayerische "Modellstädte" auszuwählen, in denen maximal zwei Wochen lang verstärkt geimpft und getestet werde, um zu sehen, wie sehr eine solche Strategie das Infektionsgeschehen beeinflusse. Landrat Löwl erklärte auf Nachfrage, dass er solchen Ideen auch für die Landkreisgemeinden grundsätzlich offen gegenüberstehe, wenn diese sich dafür bewerben wollten. Die Voraussetzung: Die Gemeinde oder Stadt muss eine Inzidenz über 100 haben. Vor allem die Markt Indersdorf hätte damit gute Karten: seit einem Ausbruch in der Kindertagesstätte St. Vinzent in der vergangenen Woche liegt der Wert dort bei knapp 400. Mitverantwortlich dafür sollen auch Ausbrüche im privaten Umfeld sein.

Grundsätzlich soll ab dem 12. April in nahezu allen Bereichen - sei es Gastronomie, Sport, Handel oder Schule - über Öffnungen und Lockerungen nachgedacht werden. Allerdings gilt für den Landkreis Dachau, was für den gesamten Freistaat gilt: Ob geöffnet werden kann und unter welchen Bedingungen hängt weiterhin stark davon ab, wie hoch der Inzidenzwert in der jeweiligen Region ist. Schlicht deshalb, weil dieser Wert laut Experten nach wie vor die beste Vergleichbarkeit zulässt.

Am Dienstagnachmittag gedachten die Bayerische Staatsregierung sowie der Landtag allen Todesopfern, die das Virus bislang gefordert hat. Auch Landrat Löwl postet auf Facebook die Zahl der Verstorbenen als "Licht der Erinnerung für die Toten der Corona-Pandemie". An den Folgen der Virusinfektion sind im Landkreis Dachau bislang 128 Personen verstorben.

Viele davon waren zuvor im Dachauer Krankenhaus behandelt worden. Dort befinden sich Stand Dienstagnachmittag, 15.30 Uhr, laut dem Pandemiebeauftragten des Helios-Amper-Klinikum Alexander von Freyburg, insgesamt sieben Corona-Patienten im Krankenhaus, vier davon im Intensivmedizinischen Zentrum. In den ersten beiden Corona-Wellen habe sich gezeigt, dass sich die Zahl der stationären Aufnahmen circa ein bis drei Wochen nach dem Anstieg der Inzidenz ebenfalls erhöhe. "Zum derzeitigen Zeitpunkt ist die Lage in unserem Klinikum noch ruhig. Wir befürchten aber, dass die Zahl der stationär behandlungsbedürftigen Covid-19-Patienten rasch ansteigen wird. Darauf sind wir vorbereitet", so Freyburg.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5244147
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.03.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.