HochwasserDer Landkreis Dachau ruft den Katastrophenfall aus

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In Petershausen ist die Lage aufgrund der über die Ufer getretenen Glonn besonders kritisch.
In Petershausen ist die Lage aufgrund der über die Ufer getretenen Glonn besonders kritisch. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Allein am Samstag sind 750 Kräfte der Feuerwehr, des THW und BRK im Einsatz, um das schlimmste zu verhindern. Trotzdem spitzt sich die Lage in mehreren Gemeinden über Nacht weiter zu, die ersten Personen müssen evakuiert werden. Nun sollen die Hilfsleistungen besser koordiniert werden.

Vor allem aufgrund „der kritischen Entwicklung in Petershausen sowie weiterer angespannter Stellen in mehreren Gemeinden des Landkreises und um die Hilfeleistung besser koordinieren zu können“, hat Landrat Stefan Löwl (CSU) in der Nacht zum Sonntag um 4.32 Uhr den Katastrophenfall ausgerufen. Dieser Schritte, den am Samstag schon mehrere umliegende Landkreise gegangen waren, soll laut einer Pressemitteilung helfen Hilfen auch „überörtlich“ in den Landkreis zu schicken.

Schon am Samstag waren zahlreiche Keller vollgelaufen und Straßen aufgrund von über die Ufer laufenden Bäche und Flüsse nicht passierbar. In der Nacht zum Sonntag sind die Pegelstände aber laut dem Landratsamt an der Glonn, der Maisach sowie der Amper noch einmal weiter angestiegen. Vor allem Petershausen ist akut gefährdet: Dort hat die Glonn Teile des Hauptorts überflutet, elf Personen mussten von Einsatzkräften aus überfluteten Bereichen retten. Weitere Evakuierung würden vorbereitet, heißt es.

Betroffen sind allein in Petershausen über 50 Wohnhäuser. Die Asylunterkunft direkt neben der Glonn wurde bereits am Samstagabend evakuiert. „Der Schritt wurde notwendig“, sagt Landrat Stefan Löwl, da die örtlichen Kräfte nicht mehr ausreichen, um die zahllosen Einsatzstellen und kritischen Bereiche auch in den kommenden Stunden abarbeiten zu können. Deshalb habe er „auf Bitten“ der Feuerwehreinsatzleitung sowie des Petershausener Bürgermeister Marcel Fath (FW) entschieden, „den K-Fall festzustellen“. Es gehe nun darum, alle Kräfte zu aktivieren und zu bündeln sowie externe Hilfeleistungskontingente zu koordinieren. 

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Für die Glonn erwartet das Wasserwirtschaftsamt laut der Pressemitteilung, dass in den kommenden Stunden am Pegel Hohenkammer die Meldestufe 4 überschritten wird. Auch für die Amper werde die Meldestufe 3 erwartet. Dramatisch gestaltet sich demnach auch die Lage in Markt Indersdorf und Altomünster sowie an der Maisach.

Die Bergkirchner Feuerwehren konnten unterstützt durch das Technische Hilfswerk (THW) Dachau sowie zahlreicher Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr München bisher die über die Ufer getretene Maisach eindämmen und eine Ableitung des Hochwassers über den Bulachgraben in die Amper erreichen. Das beim Hochwasser 2013 komplett überflutete Wohngebiet westlich des Bulachgrabens kämpft daher – wie viele andere Gemeinden im Landkreis – mit dem Eintritt von Grundwasser in Keller und Tiefgaragen. In Markt Indersdorf ist vor allem das Wohngebiet neben dem Volksfestplatz durch das Hochwasser der Glonn massiv betroffen.

30 000 Sandsäcke sind bislang verteilt worden

In Altomünster muss das Rückhaltebecken trotz einer bereits am Samstag erfolgten Erhöhung durch Sandsäcke durch eine Hochleistungspumpe des THW beständig abgepumpt werden, damit die dahinterliegenden Wohngebäude nicht überflutet werden. Eine weitere Hochleistungspumpe des THW unterstützt die Freiwillige Feuerwehr Sulzemoos, damit ein dortiger Graben nicht bis in Wohngebäude fließt. Zusätzlich läuft die Produktion der Sandsackabfüllanlage im Katastrophenschutzzentrum in Hebertshausen „auf Hochtouren“: 30 000 Säcke wurden bisher verteilt, weitere 20 000 werden befüllt. 

Am gestrigen Samstag haben laut Informationen des Landratsamts mehr als 750 Kräfte der Feuerwehren, von THW und BRK im ganzen Landkreis über 1200 Einsätze abgearbeitet. Trotzdem steht in vielen Keller noch immer das Wasser beziehungsweise dringt aufgrund des hohen Grundwasserstands weiterhin ein. „Ein sich aktuell deutlich abzeichnendes Problem sind zahlreiche ausgelaufene Öltanks“, heißt es. Die Bergung der beschädigten Tanks sowie das Abpumpen des kontaminierten Wassers werde in den kommenden Tagen eine große Herausforderung. Davon, die überschwemmten Flächen zu betreten oder Hund dort herumlaufen zu lassen, wird deshalb „dringend abgeraten“.

Die Ortsdurchfahrt Petershausen wird wohl langfristig gesperrt

Auch der Verkehr ist von dem Hochwasser vielerorts betroffen: Die Bahn hat zwar noch keine Streckenabschnitte gesperrt, einige Busse können allerdings Haltestellen nicht anfahren, weil Straßenabschnitte gesperrt sind.

Zudem ist die A8 ist in Fahrtrichtung München zwischen den Anschlussstellen Sulzemoos und Dachau/Fürstenfeldbruck bis auf Weiteres gesperrt. Auch mussten mehrere Glonnbrücken aufgrund der hohen Wasserstände gesperrt werden. Das Landratsamt gibt jedoch zu bedenken, dass sich die Lage mit fallenden Pegelständen laufend ändern kann. Aktuell sind zum Beispiel die Staatsstraßenverbindungen in Erdweg und Markt Indersdorf wieder befahrbar. „Die Ortsdurchfahrt Petershausen wird jedoch längerfristig gesperrt bleiben.“

Vor allem in Bergkirchen und Odelzhausen sind viele Straßen gesperrt

Zahlreiche weitere Straßen sind im ganzen Landkreis gesperrt, insbesondere im Gemeindebereich von Bergkirchen und Odelzhausen. Das Landratsamt bittet darum, entsprechende Sperrungen zu beachten, denn auch bei nur noch niedrigen Wasserständen könnten durch das Wasser veursachte Straßenschäden womöglich nicht erkennbar sein.

Immerhin: Für die Stromversorgung in der Stadt Dachau geben die Stadtwerke vorerst Entwarnung. „Es bestehen derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass großflächige Stromausfälle zu erwarten wären.“ Auch die Trinkwasserversorgung ist gesichert, wie die Stadtwerke bereits gestern Abend in einem Post mitteilten.

Wie sich die Lage ansonsten entwickelt, bleibt abzuwarten. Das Landratsamt geht jedoch von „weiter steigenden Hochwasserständen“ aus. Für lokale Informationen gelte es jedoch die Wetterlage sowie die Pegelstände in der jeweiligen Gemeinde zu beachten. Und, wer nicht auf die überlasteten Einsatzkräfte warten will, der kann ausnahmsweise auch am Sonntag zum Baumarkt fahren und sich mit Hilfsmitteln eindecken: Seit 10.30 Uhr und noch bis 15 Uhr hat der OBI in Dachau-Ost geöffnet. Zu früh sollte man sich darüber aber nicht freuen, denn: Wasserpumpen gibt es dort keine mehr, die sind schon seit gestern ausverkauft.

Seit 10 Uhr steht Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Dachau ein Bürgertelefon für Informationen und allgemeine Fragen rund um das Hochwasser und die Folgen im Landkreis Dachau zur Verfügung. Zu erreichen sind Mitarbeitende des Landratsamts unter den Nummern 08131 74-250 und -131.

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