Haushalt 2023:Kämmerer sieht Handlungsfähigkeit des Landkreises in Gefahr

Haushalt 2023: Im Haushalt 2023 des Landkreises sind auch erste Baukosten für den Neubau des Landratsamtes eingeplant.

Im Haushalt 2023 des Landkreises sind auch erste Baukosten für den Neubau des Landratsamtes eingeplant.

(Foto: Landratsamt Dachau)

Energiekosten, Inflation, Wohngeldreform, zwei neue Gymnasien: All das belastet den Haushalt des Landkreises im kommenden Jahr enorm. Deshalb steht wieder eine Erhöhung der Kreisumlage im Raum. Doch auch die Kommunen kämpfen mit finanziellen Problemen.

Von Anna Schwarz, Dachau

Wer mehr Aufgaben schultert, der braucht auch mehr Geld: Das war das Fazit von Kämmerer Michael Mair, als er den Haushalt des Landkreises für 2023 im Kreisausschuss vorstellte. Mair sagte, dass der Landkreis im kommenden Jahr viele finanzielle Herausforderungen bewältigen müsse - unter anderem wegen des Ukraine-Kriegs: die Inflation, erhöhte Zinsen, steigende Energiepreise und höhere Treibstoffkosten im öffentlichen Nahverkehr. Auch politische Entscheidungen des Bundes belasten die Finanzen. Außerdem will der Landkreis ein neues Landratsamt und zwei neue Gymnasien in Röhrmoos und Karlsfeld für rund 160 Millionen bauen. Deshalb sollen die Gemeinden künftig mehr Geld an den Landkreis abdrücken - ein unliebsames Thema unter den Kreisräten.

Auch 2023 ist wieder ein Rekordhaushalt geplant, das Haushaltsvolumen des Landkreises steigt auf rund 252 Millionen Euro an, im vergangenen Jahr waren es noch 207 Millionen Euro. Zu Buche schlagen im kommenden Jahr etwa die Personalkosten für Landratsamt-Mitarbeiter, die sich im Vergleich zu 2022 um 2,5 Millionen Euro auf 33,5 Millionen Euro erhöhen. Grund dafür ist eine erwartete Tarifsteigerung von rund sechs Prozent. Auch die Energiekosten gehen wegen des Ukraine-Kriegs nach oben: Hier wurden 1,2 Millionen Euro mehr als im Vorjahr, also rund 2,9 Millionen Euro, veranschlagt.

"Der Anteil der Anspruchsberechtigten beim Wohngeld wird sich wohl verdreifachen."

Auch sozialpolitische Entscheidungen der Bundesregierung machen sich im Kreishaushalt bemerkbar, wie die Einführung des Bürgergeldes, der Rechtsanspruch von ukrainischen Flüchtlingen auf Hartz-IV und Reformen beim Wohngeld: "Wir gehen davon aus, dass sich der Anteil der Anspruchsberechtigten beim Wohngeld verdreifacht", sagte der Kämmerer, daher müsse wohl ein dritter Sachbearbeiter oder eine dritte Sachbearbeiterin im Landratsamt eingestellt werden. Für Sozialleistungen sind insgesamt rund 59,6 Millionen Euro im Kreishaushalt 2023 eingeplant.

Darüber hinaus explodieren die Kosten für den ÖPNV, unter anderem wegen der höheren Spritpreise. Michael Mair rechnet mit einem Defizit von rund zehn Millionen, die der Landkreis aufbringen muss. Unklar sei außerdem, ob Fördermittel des Freistaats für den ÖPNV verlängert werden, deshalb appellierte er an die Kreisräte: "Setzt euch bei euren Landtags- und Bundestagsabgeordneten dafür ein, dass die Förderungen weitergehen." Wie wichtig Investitionen in den ÖPNV wären, zeigt die Lage auf den Schulbus-Linien 704 und 708 im Landkreis, die Busse sind oft völlig überfüllt und Fahrten wurden gestrichen - Grund dafür ist der Busfahrermangel, deshalb plant der MVV eine Erhöhung der Busfahrer-Gehälter.

Mair warnte außerdem: "Ohne erhebliche Einsparungen und gleichzeitiges Wachstum ist die Handlungsfähigkeit des Landkreises gefährdet", darauf hat er bereits im vergangenen Haushaltsjahr hingewiesen. In den kommenden Jahren wird die Verschuldung des Landkreises enorm zunehmen: Für 2023 geht Mair noch von Schulden in Höhe von rund 44 Millionen Euro aus, 2026 werden es rund 149 Millionen Euro sein: "Da werden wir wohl hinkommen, weil wir in die Schulinfrastruktur investieren." Allein im kommenden Jahr wird der Landkreis Kredite in Höhe von rund 30 Millionen Euro aufnehmen. Nun liege es am Kreistag zu entscheiden: "Entweder Zinsen für einen Kredit zurückzahlen oder gleich eine höhere Kreisumlage festlegen", so Mair. Damit sprach er ein unbeliebtes Thema an, vor allem bei den Bürgermeistern im Sitzungssaal des Landratsamtes.

Alle Jahre wieder wird über den Hebesatz der Kreisumlage hitzig diskutiert. Er gibt an, welchen Anteil Kommunen, je nach Finanzstärke, an den Landkreis zahlen müssen. Konkret: Je höher der Hebesatz, desto höher die Abgabe der Gemeinde an den Landkreis. Im vergangenen Jahr einigten sich die Kreisräte auf einen Hebesatz von 49 Prozentpunkten, für dieses Jahr waren 49,5 Prozent eingeplant. Doch Mair schlug vor, auf 49,99 Prozent zu erhöhen, damit bleibe man noch unter "den magischen 50". Landrat Stefan Löwl (CSU) sagte dazu: "Eigentlich reicht das nicht", um etwa den kostenintensiven ÖPNV in seiner jetzigen Form weiter zu betreiben. Für die Folgejahre setzte der Kämmerer auf seinen Präsentationsfolien sogar noch einen höheren Hebesatz an: 52 Prozent für 2024 sowie je 55 Prozent für 2025 und 2026. Haushaltsposten, wo gespart werden könnte, sah Landrat Löwl eher nicht: Denn von den freiwilligen Leistungen in Höhe von rund 16 Millionen Euro fließen etwa zehn Millionen Euro in den ÖPNV.

"Das Land muss halt mehr zahlen für die Kinderbetreuung."

Daraufhin meldete sich Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). Auch er sehe kaum einen Bereich, um einzusparen, denn die Lebensqualität im Landkreis sollte erhalten bleiben. Darüber hinaus plädierte er dafür, "bei den Leuten, die uns Sachen ins Programm schreiben, um Gegenfinanzierung zu bitten" und meinte damit Bundestags- und Landtagsabgeordnete: "Doch das stößt leider nicht immer auf Gehör", stellte er fest. Zudem forderte Hartmann: "Das Land muss halt mehr zahlen für die Kinderbetreuung", das würde die Kommunen entlasten. Zur Verschuldung des Landkreises sagte er, dass Bund und Freistaat "wohl erst aufwachen" und die Finanzierungsproblematik erkennen, wenn sie die "massive Verschuldungen" der Kommunen sehen.

Karlsfelds Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU), dessen Gemeinde seit Jahren Finanzprobleme hat, kritisierte die Höhe der Kreisumlage in den vergangenen Jahren immer wieder. Vorerst hielt er sich zurück. Über die Erhöhung wolle er mit seiner Fraktion diskutieren und "heute noch keine Marschrichtung vorgeben", so Kolbe und betonte: "Wir gehen zunächst einmal von 49,5 Prozent aus". Löwl sagte dazu: "49,9 Prozent sind eine Grundlage, die kann nach oben und nach unten gehen." Im Januar werden die Ausschüsse über den Haushalt beraten, Anfang Februar soll die Entscheidung über die Kreisumlage fallen. Anfang März stimmt der Kreistag über den Haushalt ab. Im zweiten Quartal des Jahres soll außerdem die finale Entscheidung fallen, ob das Landratsamt neu gebaut wird.

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