Landkreis Dachau:Gute Zeiten für Schwarzkittel

Wildschweine vermehren sich rasant im Landkreis Dachau. Dabei profitieren die Tiere auch vom milden Winter.

Viktoria Großmann

Wildschweine profitieren vom milden Winter: Sie finden genügend Futter im Wald und können sich munter vermehren. Bleibt auch der Februar mild, könnten die meisten Frischlinge durchkommen. Ein Schreckensszenario ist das für Bauern und Jäger, denn Schwarzwild kann auf Feldern große Schäden anrichten und es vermehrt sich so rasant, dass die Jäger kaum nachkommen. Sie sind es aber, die für Wildschäden haftbar gemacht werden.

Frischlinge bleiben bei Eiseskälte auf der Strecke

Ein Frischling sucht den Kontakt zu seiner Mutter.

(Foto: dpa)

Ein Winter ohne Schnee macht es den Jägern noch schwerer. Denn Wildschweine werden nicht umsonst Schwarzwild genannt. Im dunklen Wald sind sie kaum zu sehen. Schnee würde den Jägern eine deutlich bessere Sicht verschaffen. Außerdem würden die Tiere gut sichtbare Fährten hinterlassen. So erklärt es Johannes Hiller, der beim Dachauer Jagdverband für Hege und Naturschutz zuständig ist. Wildschweine haben Zuwächse von 300 bis 400 Prozent im Jahr, sagt Hiller. Rehe vermehrten sich im selben Zeitraum um 100 Prozent. Im Sommer zerwühlen und verwüsten die Tiere Mais- und Getreidefelder. Die Höhe der Schäden kann 1000 Euro und mehr betragen, sagt Andreas Tyroller vom Bayerischen Bauernverband. Im Wald reißen die Wildschweine ganze Bäumchen aus, um die Wurzeln zu fressen. Die Tiere sind, wie Hiller sagt, "extrem vorsichtig, sehr intelligent und anpassungsfähig", außerdem "völlig unberechenbar". Und deshalb schwierig zu bejagen. Die Tiere sind nur schwer aufzuspüren, haben anders als Rehwild keine festen Zeiten und Plätze, an denen sie erscheinen. Die Jäger müssten ihre Jagdmethoden verändern, sagt Tyroller. Viele seien noch auf die Rehjagd eingestellt. Nun müssten die Jäger "lernen, auf bewegte Ziele zu schießen". Denn Wildschweine stehen nicht still in Gruppen auf dem Feld. Wichtig seien Drückjagden, sagt Tyroller. Diese seien jedoch im Landkreis Dachau schwer umzusetzen, erklärt der Vorsitzende des Dachauer Jagdverbandes Max Lederer. Denn die Wälder sind so stark zersiedelt, dass es kaum Fleckchen gibt, wo nicht Spaziergänger und Jogger vorbeikommen. Kurz: Drückjagden seien zu gefährlich. Oder sehr aufwendig: "Wir müssten Straßen sperren."

Dafür, dass es den Wildschweinen so gut geht, werden nicht zuletzt Bauern und Jäger selbst oft verantwortlich gemacht. Dass auf den Feldern immer mehr Mais angebaut werde, sei jedoch nicht der Grund für die Ausbreitung, sagt Andreas Tyroller vom Bauernverband. Bereits seit den sechziger Jahren werde mehr Mais angebaut; die starke Vermehrung des Schwarzwilds habe jedoch erst in den neunziger Jahren eingesetzt. In immer größeren Maisfeldern hätten die Tiere allerdings immer bessere Möglichkeiten sich zu verstecken, fügt Tyroller hinzu. Die stark gedüngten Pflanzen auf Feldern enthalten viel Eiweiß, erklärt Johannes Hiller, und diese führen dazu, dass die Tiere schneller geschlechtsreif werden. Sich also noch stärker vermehren - Wildschweine haben mehrmals im Jahr Nachwuchs. Jäger hingegen schössen die falschen Tiere, kritisieren Naturschützer wie die Organisation Naturefund mit Sitz in Wiesbaden. Wenn zuerst die alten Tiere geschossen werden, dann werden die Jungtiere zwangsläufig früher selbständig - und geschlechtsreif. Bei der Jagd gilt daher: "Klein vor groß, braun vor schwarz". Braun sind die Jungtiere. So erklärt es auch Andreas Tyroller. Im Landkreis Dachau würden diese Regeln jedoch eingehalten. In der Region, sagt Tyroller, arbeiten Bauern und Jäger auf Verbandsebene gemeinsam an der Lösung des Wildschwein-Problems. Bleibt der Klimawandel, der ein Übriges dafür tue, dass es den Tieren saugut geht: in milden Wintern und warmen, trockenen Frühjahren entwickeln sich die meisten Jungtiere prima. Zudem tragen Eichen und Buchen häufiger Früchte als früher, erklärt Andreas Tyroller: etwa alle zwei bis drei Jahre nämlich, statt wie früher alle fünf Jahre. Somit haben die Wildschweine das ganze Jahr über ausreichend zu fressen.

Wildschweine dürfen das ganze Jahr über gejagt werden. In der Jagdsaison 2010/2011 haben die Dachauer Jäger etwa 300 Wildschweine erlegt, sagt Hiller - 400 sollen es dieses Jahr werden.

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