Landkreis Dachau:Die Komposthaufen-Fahnder

In Dachau haben viele Bürger keine Biotonne, weil sie angeblich einen Komposthaufen besitzen. Das Landratsamt glaubt das nicht und beginnt zu kontrollieren.

Gregor Schiegl und Ariane Lindenbach

Als der Online-Kartendienst Google Street View durch die Landkreise fuhr, um Straßen zu fotografieren, brandete Empörung auf; Kommunen verfassten geharnischte Briefe an den Konzern, um ihre Bürger vor der vermeintlichen Bespitzelung zu schützen.

Aggressives EHEC-Bakterium in Bioabfalltonne nachgewiesen

Nur 30 Prozent der Haushalte im Landkreis Dachau haben eine Biotonne.

(Foto: dpa)

Wenn es um das eigene Grundstück geht, hört für viele Bürger der Spaß auf. Nun schaut das Landratsamt Dachau sich flächendeckend Grundstücke an, um Haushalten auf die Spur zu kommen, die zu Unrecht keine Biotonne bereit halten. In Fürstenfeldbruck hingegen verzichtet der zuständige Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises auf derartige Kontrollen.

"Wir wollen keine Müllpolizei aufstellen", versichert auch Peter Kistler, Sachgebietsleiter Kommunale Abfallwirtschaft am Landratsamt Dachau. Es müsse auch niemand befürchten, dass auf einmal ein Kontrolleur im Garten stehe und nach einem Komposthaufen fahnde. Vielmehr überprüft die Abteilung anhand von digitalem Kartenmaterial, ob die Haushalte, die keine Biotonne vorrätig haben, tatsächlich, wie vorgeschrieben, über mindestens 25 Quadratmeter unversiegelter Gartenfläche pro Person verfügen, wie dies eine Richtlinie seit 2010 vorschreibt.

70 Prozent der Haushalte im Landkreis Dachau haben sich von der Biotonne befreien lassen. Nach Schätzungen der Kommunalen Abfallwirtschaft geben zehn Prozent von ihnen aber nur vor, selbst zu kompostieren. Insgesamt landen im Landkreis Dachau etwa 440 Tonnen Bioabfälle im Jahr in der Restmülltonne. Umgekehrt missbrauchen in großen Wohnanlagen viele die Biotonne als Restmülltonne.

Weil das Aussortieren zu teuer wurde, wurden diese Tonnen teilweise dort sogar wieder abgeschafft. "Scheinkompostierer" müssen übrigens keine Bußgelder fürchten. "Wir werden einen freundlichen Brief schicken, sich doch an die Biotonne anschließen zu lassen", sagt Peter Kistler.

Mit Vertrauen statt systematischen Kontrollen begegnet der Abfallwirtschaftbetrieb (AWB) in Fürstenfeldbruck dem Thema. "Wir verstehen uns als Dienstleister, nicht als Kontrollbehörde", sagt AWB-Leiter Herbert Britzelmair. Dabei ist der Anteil an Eigenkompostierern in beiden Kreisen mit rund zwei Dritteln gleich hoch. Doch im Gegensatz zu den Dachauer Kollegen ist Britzelmair mit der Mülltrennung der Brucker sehr zufrieden.

"Wir sehen ja an den Wertstoffhöfen, dass unser System gut funktioniert." 34000 Tonnen Restmüll gehen zur Müllverbrennungsanlage, mehr als 55000 Tonnen werden wiederverwertet. Deshalb decken Gebühren zwei Drittel der Abfallentsorgungskosten, den Rest nimmt der Betrieb durch Wiederverwertung der Wertstoffe ein.

Beim Biomüll gibt es zum einen den Bioabfallsack für Küchenabfälle, zum anderen für Gartenabfälle die Möglichkeit, sie kostenlos an den Wertstoffhöfen abzugeben. Wie Britzelmair berichtet, haben knapp 15000 der 56000 Anwesen mit Restmülltonne den Bioabfallsack aus Papier, der bei einer 70-Liter-Tonne für nicht einmal 20 Euro im Jahr wöchentlich abgeholt wird. Der Anteil der Eigenkompostierer ist laut Barbara Steinmetz, im Abfallwirtschaftsbetrieb zuständig für Öffentlichkeitsarbeit, "seit Jahren konstant".

Dafür sinken im nächsten Jahr die Gebühren zum dritten Mal binnen einer Dekade. Angesichts der Bedeutung von organischen Abfällen für die Energiegewinnung kann sich Britzelmair sehr wohl vorstellen, dass dieser Preis weiter fällt oder sogar einmal gegen Null geht. Seit man 1992 als "Vorreiter" im Landkreis Fürstenfeldbruck mit dem Sammeln von Biomüll begonnen habe, "sind die Preise extrem gefallen", sagt er und spricht von "deutlich mehr als der Hälfte".

Denn auch der Abfallwirtschaftsbetrieb muss für die Entsorgung des Biomülls - die 5000 Tonnen Küchenabfälle pro Jahr landen in einer Biogasanlage im niederbayerischen Volkenschwand, die 14 0000 Tonnen Gartenabfälle werden im Mammendorfer Ortsteil Egg aufbewahrt - noch bezahlen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: