Süddeutsche Zeitung

Landkreis Dachau:Die gemeinsame Zukunft im Blick

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Die Internationale Jugendbegegnung in Dachau entwickelt sich zu einem Forum deutsch-israelischer Beziehungen - eine Erfolgsgeschichte, die vor 30 Jahren begann.

Helmut Zeller

Für die Entwicklung der Stadt Dachau zu einem Lern- und Erinnerungsort, von dem Kommunalpolitiker heute sprechen, ist eine Einrichtung von großer Bedeutung: Die Internationale Jugendbegegnung im August jedes Jahres, die 2012 zum 30. Mal stattfinden wird. Der Förderverein für Internationale Jugendbegegnung und KZ-Gedenkstättenarbeit unter der Leitung von Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, hatte diese Begegnung ins Leben gerufen und dann auch, 1998, das Jugendgästehaus gegen viele Anfeindungen aus der Dachauer Kommunalpolitik durchgesetzt.

Mehr als 130 Jugendliche aus 20 Nationen beschäftigten sich in diesem Jahr zwei Wochen lang intensiv in Arbeitsgruppen und in Zeitzeugengesprächen mit der Geschichte des Konzentrationslagers Dachau und aktuellen Fragen zu antisemitischen und neonazistischen Umtrieben in Europa. Seit mehr als zehn Jahren schon bereitet die Internationale Jugendbegegnung auch den Boden für eine Annäherung zwischen Israel und Dachau. Der Holocaust-Überlebende Abba Naor organisiert alljährlich einen Schüleraustausch zwischen israelischen und deutschen Jugendlichen.

Die Israelis nehmen an der Internationalen Jugendbegegnung in Dachau teil - und daraus entstehen häufig intensive Kontakte, schließlich Freundschaften mit Deutschen, um die es Abba Naor vor allem geht. Unabhängig von der Politik will der 84-jährige Israeli die israelisch-deutschen Beziehungen auf ein Fundament von Vertrauen und Verständnis füreinander stellen. Das geht über die Politik alleine nicht. Dafür muss man die Menschen zueinanderbringen. "Die Jugend", sagt er, "ist unsere Zukunft, die Jugend muss an die Verbrechen der Nazis erinnern, aber den Blick auch auf eine gemeinsame Zukunft richten können." Für die Stadt Dachau, die sich um bessere Beziehungen zu Israel, gar um eine israelische Partnerstadt bemüht, ist Naors Programm ein Glücksfall.

Allerdings nimmt nur eine verschwindend geringe Zahl Dachauer Jugendlicher teil. Die israelischen Gäste sind jedes Jahr in Gautinger Familien untergebracht. Der Austausch zwischen dem Otto-von-Taube-Gymnasium im Landkreis Starnberg und dem Givat-Brenner-Gymnasium südlich von Tel Aviv besteht bereits seit 2006. Begonnen hat Abba Naor mit vier israelischen Schülern. Er musste viel Überzeugungsarbeit leisten, bevor die Eltern, vor allem die Großeltern, zumeist Holocaust-Überlebende, ihre Enkelkinder nach Gauting und Dachau reisen ließen. Heute findet Naor nicht mehr ausreichend viele Gastfamilien, so stark ist die Nachfrage. Axel Kisters, Lehrer am Otto-von-Taube-Gymnasium, bringt es auf den Punkt: "Das ist Völkerverständigung pur."

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Quelle:
SZ vom 07.12.2011
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