Landkreis Dachau:Christentum und Islam

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Historiker Wilhelm Liebhart erklärt Gemeinsamkeiten der Religionen, anstatt wie sonst üblich, das Trennende zu betonen.

Simon Schramm

Zu den großen Fragen der Zeit gehört das Verhältnis des Christentums zum Islam. Tatsächlich ist vielen unbekannt, dass im Koran, der heiligen Schrift des Islam, viele Elemente der christlichen Theologie zu finden sind. Der Historiker Wilhelm Liebhart (Foto: npj) hält an diesem Freitag, 2. Dezember, zu diesen Thema einen Vortrag in Altomünster, im Thoma-Zimmer im Kapplerbräu. Die SZ sprach mit Liebhart über Islam und Christentum und ihren Gemeinsamkeiten.

Der Historiker Wilhelm Liebhart hält am Freitag, 2. Dezember, einen Vortrag zu einer der großen Fragen unserer Zeit, dem Verhältnis zwischen Christentum und Islam. (Foto: Joergensen)

Herr Liebhart, wie wird denn die Weihnachtsgeschichte im Koran erzählt?

Die Vorgeschichte ist durchaus ähnlich. In der Bibel erscheint dann ein Engel, der die Geburt Christi verkündet. Hier liegt der Unterschied: Im Koran erscheint ein schöner Mann als "Verkörperung von Gottes Geist", der die Geburt verkündet. Und schließlich das Kind zeugt. Was bei uns geheimnisvoll ist, wird hier anders erzählt.

Welche christlichen Elemente sind noch im Koran zu finden?

Jesus selber kommt in 15 Suren vor. Tatsächlich wird die ganze Geschichte Jesu erzählt, von der Geburt bis zur Kreuzigung. Doch das ist interessant: Die Kreuzigung findet im Koran gar nicht statt. Jesus stirbt dort einen "normalen Tod", er wird getötet. Auch die Bergpredigt kommt im Koran vor. Die Trinität wird im Koran verändert: Statt dem Heiligen Geist steht dort Maria. Maria kommt allgemein oft im Koran vor.

Woher kommen diese Verschränkungen?

Das liegt daran, das Mohammed, der sich übrigens als letzter Prophet in der Reihe der jüdischen Propheten einschließlich des "Propheten" Jesus ansieht, als Kaufmann zu seiner Lebenszeit viel Kontakt mit Juden und Christen hatte. Damals war die gesamte Ostküste des Roten Meeres bis nach Medina von vielen Juden bewohnt. Der jüdische Einfluss im Koran ist bekannt; umso überraschter war ich, zu sehen, wie viel Christliches dort auch einfließt.

Aus welchem Grund haben sie denn nach den Gemeinsamkeiten der beiden Religionen gesucht?

Ich halte momentan eine Vorlesung über den Nahost-Konflikt, dort gibt es auch einen Schwerpunkt Islam. Bei meinen Recherchen ist mir aufgefallen, dass im Koran nicht nur viel Jüdisches, sondern auch einige christliche Elemente vorkommen. So bin ich auf die Spur gekommen. Und schließlich halte ich den Vortrag auch aus einem schlichten Anliegen: Momentan leben 4,2 Millionen Muslime in Deutschland. Es ärgert mich, dass immer nur das Trennende betont und diskutiert wird. Man sollte das Gemeinsame suchen und fordern! Ähnlich wie es der Theologe Hans Küng macht.

Interview: Simon Schramm

© SZ vom 02.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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