Dachau:Corona-Pandemie lässt Müllberge wachsen

Dachau: Völlig überfüllte Mülltonnen, wie diese in der Leipziger Straße in Dachau, sind im Landkreis Dachau keine Seltenheit.

Völlig überfüllte Mülltonnen, wie diese in der Leipziger Straße in Dachau, sind im Landkreis Dachau keine Seltenheit.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Im Landkreis Dachau wird jedes Jahr mehr Abfall produziert. Zum Problem wird aber nicht nur die schiere Menge, sondern auch die falsche Entsorgung. Statt auf Kontrollen will das Landratsamt auf Aufklärung setzen.

Von Anna Schwarz, Dachau

An Weihnachten und Silvester stapelt sich der Müll an den Wertstoffinseln im Landkreis Dachau ganz besonders. Laut Landratsamt fallen in der Weihnachtszeit rund 85 Tonnen mehr Restmüll an. Auch Wochen danach zeigt sich das altbekannte Bild: Glasflaschen, Kartons, Müllsäcke oder Papiertragetaschen werden einfach neben den Containern der örtlichen Wertstoffinseln abgeladen, dann fahren die Müllsünder mit dem Auto weg und schon ist die Sache für sie erledigt. Andere Leute wiederum bringen teils absurden oder gar gefährlichen Abfall zu den Containern. Immer mehr Städte, etwa Ebersberg, schicken deshalb mobile Teams los, um Müllsünder aufzuspüren.

Für den Landkreis Dachau kommt das derzeit nicht infrage, erklärt die Pressesprecherin des Landratsamtes Sina Török: "Die Abfallwirtschaft arbeitet aktuell an einer Kampagne, um den Bürgern die Wichtigkeit des Trennens nochmal näher zu bringen. Statt Kontrolle möchten wir eher auf Aufklärung setzen."

Die Pandemie hat das Abfallproblem noch vergrößert

Die Corona-Pandemie hat dazu beigetragen, dass die Müllberge deutschlandweit wachsen. Laut Statistischem Bundesamt erhöhte sich das Abfallaufkommen der privaten Haushalte im ersten Corona-Jahr 2020 deutlich: "Das Pro-Kopf-Aufkommen an Haushaltsabfällen stieg von 457 auf 476 Kilogramm" - also um 19 Kilogramm. Insgesamt gab es Steigerungen bei allen Abfallarten, vor allem bei Wertstoffen wie Papier, Pappe und Plastikabfällen sowie bei Bioabfällen. Verglichen mit 2019 hat sich die Menge an Haushaltsabfällen 2020 um vier Prozent gesteigert. Zahlen für das Jahr 2021 liegen bislang noch nicht vor.

Auch im Dachauer Land hat sich die Restmüllmenge vergrößert, erklärt Barbara Mühlbauer-Talbi von der Abfallwirtschaft des Landkreises: "Das liegt wohl daran, dass wir mehr Zeit zuhause verbringen, einige fangen an zu renovieren und dadurch entsteht zum Beispiel Bauschutt. Andere fangen an daheim auszumisten." Dadurch wird mehr Restmüll produziert, wie die Zahlen zeigen: 2019 verursachte jeder Landkreisbürger noch 124,9 Kilogramm davon, 2020 waren es bereits 131,3 Kilogramm. Bei rund 154 913 Einwohnern im Landkreis ergibt das rund 20 300 Tonnen Restmüll im Jahr.

Restmüll und Sperrmüll des Landkreises werden übrigens im Abfallheizkraftwerk Geiselbullach entsorgt. Bei der Verbrennung wird Energie gewonnen und daraus wird wiederum Fernwärme und Strom erzeugt.

Und wie läuft es mit der Mülltrennung in den privaten Haushalten des Landkreises? Dazu teilt das Landratsamt mit: "In Einfamilienhäusern und in ländlichen Gebieten klappt die Trennung in der Regel sehr gut, problematisch sind Wohnanlagen, hier funktioniert die Trennung meist nicht gut." Barbara Mühlbauer-Talbi vermutet: "In den Wohnanlagen ist wohl mehr Anonymität da. Zum Teil wird der Müll gar nicht getrennt und es wird einfach alles im Restmüll zusammengeworfen." Welcher Müllsünder dahinter steckt, könne meist nicht nachvollzogen werden.

Wer sich bei der Mülltrennung nicht sicher ist, kann sich bei der Abfallwirtschaft Tipps holen

Eine weitere Fehlerquelle ist der Biomüll: "Einige packen ihre Bioabfälle in Plastiksäcke oder Biokunststofftüten", so Mühlbauer-Talbi. Aber sogar letztere verrotten sehr langsam: "Und im weiterverarbeiteten Kompost ist dann wieder Mikroplastik, der in unserer Erde landet." Mühlbauer-Talbi empfiehlt, den Biomüll in Papiertüten zu entsorgen oder in Zeitungspapier einzuwickeln. Ein weiterer Tipp: Wer sich beim Abfalltrennen nicht sicher ist, kann sich auf der Website des Landratsamtes eine Abfalltrennliste mit Bildern herunterladen.

An die Bürger, die ihren Müll neben den Wertstoffcontainern abladen, appelliert Mühlbauer-Talbi: "Wenn der Container voll ist, sollte man einfach zu einem anderen oder zu einem Recyclinghof fahren." Für diesen Vorschlag hagelte es unter einem Facebook-Post des Landratsamtes Ende Dezember scharfe Kritik. User bemängelten, dass die Container im Landkreis zu selten geleert werden und sie ihren Müll nicht durch die Gegend kutschieren möchten. Ein User schrieb: "Man sollte nicht nur auf den Bürger schimpfen, sondern überprüfen, ob die Container auch wirklich geleert worden sind. Denn oft scheint es so, dass zwei Wochen lang nicht geleert wird oder die Intervalle müssen eben erhöht werden." Ein weiterer Facebook-Nutzer kritisierte: "Selten so wenige Glascontainer gesehen wie im Landkreis Dachau."

Darauf antwortete Landrat Stefan Löwl (CSU) höchst persönlich: "Die Erweiterung der Behälterkapazitäten scheitert oftmals an fehlenden Erweiterungsflächen für zusätzliche Sammelcontainer, konkrete Vorschläge - möglichst abgestimmt mit dem Grundstückseigentümer und der Stadt/Gemeinde - nehme ich gerne auf. Eine Verkürzung der Abholintervalle ist bei einer regelmäßigen Überfüllung denkbar."

Bislang entsteht das Müllchaos an den Wertstoffinseln aber immer wieder. Zum Teil beobachtet Mühlbauer-Talbi auch Skurriles: "Manche nützen die Situation aus und stellen zum Beispiel ein altes Sofa neben die Container" - um sich die Sperrmüllkosten zu sparen, vermutet Mühlbauer-Talbi.

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