Süddeutsche Zeitung

Landkreis Dachau:Abenteuer einer Holzpuppe

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Das Publikum im Theater am Stadtwald lässt sich begeistert von Pinocchio eine lange Nase drehen.

Sophie Burfeind

Die Sonne geht auf in einem kleinen Dorf in Italien: Ein Sargmacher liegt in seinem Sarg und schläft. Er ist betrunken, voll an Vollmond. Der alte Gepetto fühlt sich vereinsamt und wünscht sich nichts sehnlicher als ein Kind. Von der fantastischen Fantasma, oberster Sternschnuppen- und Glücksfee, wird sein Wunsch schließlich erhört: Sie zaubert ihm aus dem Stamm einer Pinie einen Jungen: Pinocchio. Die Geschichte von der Holzpuppe hatte am Samstagnachmittag Premiere im Theater am Stadtwald. Die Jugendbühne des ASV Dachau bringt die Fassung von Thomas Birkmeir großartig zur Aufführung.

Staunend sitzen die Zuschauer auf ihren Plätzen und bewundern die bunte, unglaublich aufwendige Inszenierung von Bernhard Vieregg. Jedes der zehn verschiedenen Bühnenbilder erscheint schöner als das andere. Die 22 jungen Schauspieler sprühen vor Freude und Lebendigkeit in ihrem Schauspiel, ihrem Gesang und den Tänzen. Die Begeisterung, mit der sie spielen, ist ansteckend, und von der ersten Minute an gelingt es ihnen, das Publikum in den Bann ihres spannenden und lustigen Stücks zu ziehen.

Le avventure di Pinocchio", der 1883 erschienene Roman von Carlo Collodi, ist eines der erfolgreichsten Kinderbücher Italiens und gilt als Meisterwerk der Kinderliteratur. Autoren wie Giorgio Manganelli und Umberto Eco forderten zwar, den Roman als Buch für Erwachsene zu betrachten - der Bezüge zur Spätantike, Renaissanceliteratur oder Jesus-Legende wegen. Trotzdem wurde Pinocchio zum Inbegriff von Unterhaltung für Kinder. Sicherlich leistete die Zeichentrickverfilmung von Walt Disney im Jahre 1940 dazu einen wichtigen Beitrag. Wie der berühmte Disneyfilm orientieren sich viele der zahlreichen Adaptionen in Film, Theater und Literatur nur rudimentär am Originaltext. So auch die Bühnenfassung von Thomas Birkmeir.

Humorvoll, aber energisch nimmt die moderierende Kakerlake Flibbertigibbitt (Selina Lauber) den Zuschauer an die Hand und führt ihn durch die wunderbare Welt von Pizza, Vino und Dolce Vita, in der Pinocchio (Viktor Deuber) lebt. Der ist zwar hölzern und klein, aber frech: Er büchst seiner Kinderschabe Flib aus und schließt sich zwei bettelnden Ganoven an, dem Fuchs Stronzo (Stefan Krühler) und dem Kater Stupido (Markus Schain). Pinocchio gerät an einen gefährlichen Zirkusdirektor, der ihn verbrennen will, macht einen Ausflug in einen Vergnügungspark und landet schließlich als Esel im Bauch eines Walfischs, wo er seinen Vater Gepetto wieder trifft. Mit einer Ladung Dynamit können sich die Gefangenen aus der rot-schwarzen Höhle befreien.

Bei aller Heiterkeit bleibt die moralische Lehre nicht aus: Pinocchio verwandelt sich am Ende zwar in ein Kind aus Fleisch und Blut, aber nur, weil er gelernt hat, nicht mehr nur an sich selbst zu denken. Er will nun brav sein und für die Schule lernen. Das kann man dem kleinen Schelm kaum glauben.

Weitere Vorstellungen: Samstag, 17. Dezember, Sonntag, 18. Dezember, Heiligabend, jeweils 13 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 12.12.2011
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