Eineinhalb Jahre war Tjarda A. zwangsweise in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik. Jetzt ist er frei, auf Bewährung. Und das, obwohl er Ende November 2023 auf einem Campingplatz in Sulzemoos einem anderen Camper mit einem Küchenmesser mit einer elf Zentimeter langen Klinge das Gesicht zerschnitt. Da Tjarda A. zum Zeitpunkt der Tat laut Ärzten an einer sogenannten schizoaffektiven Störung litt, hatte die Staatsanwaltschaft in einem Sicherungsverfahren vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II dessen unbefristete Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik beantragt.
Von dieser schwerwiegenden Maßregel sah das Gericht jedoch letztlich ab. Denn in der vom Amtsgericht München nach der Tat angeordneten einstweiligen Unterbringung habe der Beschuldigte sich behandeln lassen und sei auch nach wie vor bereit, seine Medikamente zu nehmen, sagte Richter Thomas Bott am Ende des Verfahrens. Der Beschuldigte sei, so der Vorsitzende weiter, mittlerweile „absolut krankheitseinsichtig“. Auch wenn Tjarda A. nun wieder in Freiheit ist, werden sich Ärzte weiter um ihn im Rahmen des sogenannten „forensisch betreuten Einzelwohnens“ kümmern.
Anlass des Angriffs war ein Stromkabel auf dem Campingplatz
An jenem 23. November vergangenen Jahres war der 39-Jährige gegen 1.30 Uhr auf den Campingplatz in Sulzemoos gefahren. Obwohl es genügend freie Stellplätze gab, rangierte er seinen Camper ausgerechnet zwischen zwei bereits auf dem Platz stehende Fahrzeuge. Danach verließ er sein Wohnmobil und zog ein Stromkabel aus einer Ladesäule, das ein 57-Jähriger dort angeschlossen hatte. Der Mann bemerkte dies. Da er für den Strom bezahlt hatte, stellte er Tjarda A. zur Rede. Es kam zum Streit. Auch der Fahrer des anderen Campers kam hinzu. Eine alarmierte Streife der Polizei beruhigte die Situation. Doch gegen 5 Uhr morgens kam es zu einer erneuten Auseinandersetzung, nachdem sich der Beschuldigte wieder an dem Stromkabel zu schaffen gemacht hatte. Als der 57-Jährige Tjarda A. zu dessen Wohnmobil bringen wollte, griff dieser ihn mit einem Küchenmesser an. Einer der Streifenpolizisten, die an den Tatort kamen und den 39-Jährigen vorläufig festnahmen, sagte vor Gericht, der Beschuldigte habe immer wieder gesagt: „Ich will ins Licht.“