KZ-Häftling:Titus Brandsma, der Märtyrer

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Der niederländische Priester 1985 wurde selig gesprochen. Nun folgt die Heiligsprechung durch den Papst

Der niederländische Karmelit Titus Brandsma war ein freundlicher, liebenswürdiger Mann, intelligent und gebildet noch dazu. Sah er die Kirche in Gefahr oder wichtige, unverrückbare Prinzipien verletzt, ging der Ordensmann geradlinig dagegen an. Als die Nationalsozialisten die Niederlande besetzten, organisierte er in der katholischen Kirche den Widerstand. Er gehörte zu den frühesten und kompromisslosesten Nazi-Gegnern. Weil ihn das Regime als "Feind der nationalsozialistischen Sache" betrachtete, landete er im Gefängnis. Nach einem langen Leidensweg wurde er am 26. Juli 1942 im KZ Dachau ermordet. Brandsma ist der erste seliggesprochene Märtyrer aus diesem Konzentrationslager. Am vergangenen Donnerstag hat Papst Franziskus den Weg freigemacht für Brandsmas Heiligsprechung.

Die Karmeliten, Brandmas Ordensgemeinschaft, verehren ihn als Beispiel wahrer Nächsten- und Feindesliebe. 2003 wurde im niederländischen Bolsward ein Museum eröffnet, 2004 in Nimwegen eine Kirche nach ihm benannt. Dort gibt es auch ein Titus-Brandsma-Institut, das sich der Erforschung christlicher und jüdischer Mystik und Spiritualität widmet.

Am 23. Februar 1881 wurde er als Anno Sjoerd Brandsma in eine Bauernfamilie im niederländischen Friesland geboren. Von den sechs Kindern traten fünf in einen Orden ein; so auch Anno, der bei den Karmeliten den Ordensnamen Titus erhielt. Nach Studium und Priesterweihe ließ ihn die Wissenschaft nicht los; mit 51 Jahren wurde er Gründungsrektor und Präsident der Katholischen Uni Nimwegen. Brandsma widmete sich aber nicht nur akademischen Tätigkeiten; er war auch Journalist und schrieb Artikel für katholische Zeitschriften. 1935 wurde er geistlicher Beirat des Katholischen Journalistenverbandes.

Schon früh warnte er vor der Gefahr des Nationalsozialismus, nannte ihn eine "schwarze Pest" und "heidnisch". Die Judenverfolgung verurteilte er scharf. Von NS-Sympathisanten wurde er als Kommunist und Judenfreund beschimpft. Nach der Besetzung der Niederlande 1940 durften Ordensleute in ihren Schulen keine Leitungsfunktionen mehr ausüben. Ihre Gehälter wurden gekürzt, die Aufnahme jüdischer Kinder untersagt. Als Präsident der katholischen weiterführenden Schulen protestierte Brandsma energisch und konnte einen Aufschub erreichen. Sein Widerspruchsgeist war auch bei der Nazi-Aktion gegen die katholische Presse im November 1941 gefragt. Als die Besatzungsmacht verlangte, in kirchlichen Medien Anzeigen und Propaganda schalten zu können, wehrten sich die Bischöfe. Brandsma sollte die Redakteure katholischer Titel auf die Linie der Bischöfe einschwören und sie in ihrem Widerstand bestärken.

Es dauerte nicht lange, bis er auf der Schwarzen Liste der Nazis landete: Am 19. Januar 1942 ließen sie ihn in seinem Kloster in Nimwegen verhaften. Es begann ein Leidensweg durch verschiedene Gefängnisse, der in Dachau endete. Auf Geheiß des Lagerarztes wurde Titus Brandsma am 26. Juli 1942 von einer Krankenschwester mit einer Spritze ermordet - als "lebensunwertes Leben". Offiziell starb er an einem Darmkatarrh. An diesem Tag, einem Sonntag, wurde in allen Kirchen der Niederlande ein Hirtenbrief der Bischöfe verlesen. Sie protestierten darin gegen die Deportation ihrer jüdischen Mitbürger in die Todeslager im Osten. Die Nazis ordneten die Verhaftung aller Katholiken jüdischer Abstammung an. Am folgenden Donnerstag wurden auch die später heiliggesprochene Edith Stein und ihre Schwester Rosa verhaftet und bald darauf in Auschwitz ermordet.

Seit Mitte der 50er Jahre betrieben die niederländischen Karmeliten die Seligsprechung Brandsmas. Auch die Krankenschwester, die ihm die tödliche Spritze gesetzt hatte, bezeugte, dass er ihr und den anderen Wachen verziehen habe. Im November 1985 sprach Papst Johannes Paul II. Brandsma selig. Brandsma ist auch der erste Journalist, der seliggesprochen wurde. Die Weltunion der katholischen Presse (UCIP) verleiht seit 1992 einen nach ihm benannten Preis an Medienschaffende, die wegen ihres Engagements für eine wichtige menschliche oder christliche Sache bedroht oder verfolgt wurden.

© SZ vom 30.11.2021 / kna - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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