KZ-Gedenkstätte Dachau:"Nicht ganz glücklich"

KZ-Gedenkstätte Dachau: Die rekonstruierten Baracken auf dem Gelände des ehemaligen Dachauer Konzentrationslagers sind in einem maroden Zustand. Die Gedenkstätte würde sie gerne sanieren und darin eine Ausstellung sowie ein Lernlabor aufbauen.

Die rekonstruierten Baracken auf dem Gelände des ehemaligen Dachauer Konzentrationslagers sind in einem maroden Zustand. Die Gedenkstätte würde sie gerne sanieren und darin eine Ausstellung sowie ein Lernlabor aufbauen.

(Foto: Toni Heigl)

Der Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi (SPD) rügt Kulturstaatsministerin Roth (Grüne) für ihren Kommunikationsstil - aber mehr noch das Kultusministerium für seinen Förderantrag für die KZ-Gedenkstätte Dachau.

Von Helmut Zeller, Dachau

Die Verwirrung um einen Förderantrag der KZ-Gedenkstätte Dachau an den Bund hält an: Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) ließ vor bald drei Wochen der SZ mitteilen, dass der Antrag vor der "Letztentscheidung" stehe. Anderslautende Informationen der SZ besagten jedoch, dass diese schon gefallen war. Und aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion vom 18. November 2022 ging schließlich hervor, dass der Förderantrag bereits vor Monaten abgelehnt worden war.

Nun hat der SPD-Politiker Michael Schrodi, Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Dachau/Fürstenfeldbruck, der SZ mitgeteilt, dass der Antrag "zurückgestellt" worden sei, da er wegen eines zu großen finanziellen Volumens abgeschichtet werden müsse. "Darüber habe ich bereits mit allen Beteiligten gesprochen." Nur: Weder das zuständige bayerische Kultusministerium noch die Gedenkstättenstiftung sind ihren Aussagen zufolge bisher darüber informiert worden. Schrodi kritisiert in diesem Zusammenhang den Kommunikationsstil Roths als "nicht ganz glücklich".

"Dass die Gedenkstätte erst aufgrund von Presseberichten von der Ablehnung erfahren hat, ist bedauernswert. Da hätte vorher das Gespräch mit den Verantwortlichen gesucht werden müssen", erklärt Schrodi. Im Gespräch mit der SZ präzisierte der Abgeordnete seine Aussage: Demnach ist der Antrag in seiner jetzigen Form abgelehnt worden. Aber Schrodi sieht noch eine Möglichkeit für eine Förderung durch den Bund, wenn der Antrag überarbeitet erneut eingereicht wird. Denn in der Sache gibt der Abgeordnete der Kulturstaatsministerin Recht. Der Förderantrag, der am 1. September 2022 eingereicht worden ist, betrifft ein Zukunftsprojekt der KZ-Gedenkstätte mit einem neuen Lern- und Ausstellungszentrum in den beiden rekonstruierten, denkmalgeschützten Häftlingsbaracken, die Errichtung von Lagerräumen für die Objektesammlung sowie die Erweiterung von Archiv, Bibliothek und Verwaltung.

Der Freistaat Bayern trägt laut Ministerratsbeschluss die Hälfte der geschätzten Kosten von 35,7 Millionen Euro. Für die zweite Hälfte wurde die Förderung beantragt. Der SPD-Politiker zeigt sich verwundert, dass Staatsregierung und Kultusministerium wider besseren Wissens einen Förderantrag über eine solche Summe stellten. "Wie kann man denn einen solchen Antrag stellen, wenn doch der Topf, aus dem das Geld kommt, auf fünf Millionen begrenzt ist?" Da hat man dem SPD-Politiker zufolge die KZ-Gedenkstätte, die den Antrag erarbeitete, in die Irre getrieben.

Als Hintergrund vermutet er: Bis zur Landtagswahl im Oktober werde jetzt auch in der Erinnerungspolitik ein Bashing der Ampelkoalition betrieben. Außerdem könne für Baumaßnahmen - und die machten den Großteil des Antrages aus - aus diesem Topf kein Geld gefordert werden. Obwohl die Förderung von Gedenkstätten in der Verantwortung der Länder liege, unterstütze der Bund Gedenkstätten von bundespolitischer Bedeutung und deren institutionelle und konzeptionelle Arbeit. So würden die beiden KZ-Gedenkstätten in Bayern, Dachau und Flossenbürg, institutionell gefördert. Für 2023 sehe der Bundeshaushalt dafür 1,5 Millionen Euro vor. Aber: "Die Bausubstanz ist Ländersache. Hier steht also nicht der Bund im Weg, sondern die Gelder für die Sanierung müssten vom Land Bayern kommen."

"Jetzt ist der Bund am Zug."

Das Kultusministerium sieht das anders: Der Freistaat Bayern habe seine "Hausaufgaben" für den ersten Schritt der Erneuerung und Erweiterung der Gedenkstätte Dachau gemacht, wie Pressesprecher Andreas Tabbert erklärt. "Jetzt ist der Bund am Zug." Das Ministerium widerspricht auch der Aussage Schrodis, wonach die historische Bausubstanz nicht förderungsfähig sei. Dazu verweist man auf die "Fortschreibung der Gedenkstättenkonzeption des Bundes" von 2008, die explizit die Existenz und den Zustand der historischen Bausubstanz als Erfolgsindikatoren einer Förderung ausweise. Eine Anfrage der SZ an das Amt der Kulturstaatsministerin blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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