KZ-Gedenkstätte Dachau:Erinnerung und Familiengedächtnis

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Die Veranstaltungsreihe "Erinnerung und Familiengedächtnis" an der KZ-Gedenkstätte Dachau wird fortgesetzt: Am Donnerstag, 15. März, berichtet Jörg Watzinger im Gespräch mit der Gedenkstättenleiterin Gabriele Hammermann vom Leben mit seinem Vater Karl Otto, der von Oktober 1941 bis November 1944 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert war. Jörg Watzinger erinnert sich, dass sein Vater kaum von seiner KZ-Haft sprach, aber immer wieder hörte er zwei Sätze: "Anderen, den rassisch Verfolgten, ging es noch viel schlechter" und "Ich habe erfahren, was es heißt, völlig rechtlos zu sein".

Karl Otto Watzinger wurde am 17. Mai 1913 in Gießen geboren und wuchs in Tübingen in einem bildungsbürgerlichen Umfeld auf. Er entschied sich für ein Jura-Studium, das er in Tübingen begann und in Berlin fortsetzte. 1939 wurde er verhaftet, weil er sich kritisch mit der NS-Politik auseinandersetzte. "Wegen Vorbereitung zum Hochverrat" wurde er zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Er verbüßte die Strafe, wurde aber 1941, unmittelbar nach seiner Entlassung, ins Konzentrationslager Dachau verschleppt. Dort musste er in der Kleiderkammer arbeiten - "jeder menschlichen Würde beraubt" und "einer brutalen Macht ausgeliefert", wie er in seiner Kurzbiografie schrieb. Nach drei Jahren verpflichtete er sich zwangsweise zur SS-Brigade Dirlewanger, die schwere Kriegsverbrechen beging. Karl Otto Watzinger geriet aber schon vor Kampfhandlungen in Kriegsgefangenschaft. Im September 1945 kehrte er nach Tübingen zurück.

Nach der Promotion arbeitete Karl Otto Watzinger als Rechtsrat der Stadt Ulm, bevor er 1954 als Rechtsbeirat der Stadt Mannheim tätig und später Bürgermeister wurde. Er war Mitglied der SPD und engagierte sich schon früh für den Mieterschutz, begründete einen Verein für christlich-jüdische Zusammenarbeit und schrieb Biografien von jüdischen Mannheimer Bürgern. Noch in seinem 90. Lebensjahr bot er Führungen über den jüdischen Friedhof von Mannheim an. Karl Otto Watzinger starb am 30. April 2006 mit fast 93 Jahren in Mannheim. Mit seiner Frau Anna-Barbara war er seit 1954 verheiratet. Ihr Sohn Jörg, der nun an der KZ-Gedenkstätte über das Familiengedächtnis spricht, wuchs mit zwei jüngeren Geschwistern auf.

Die Veranstaltung im Besucherzentrum der KZ-Gedenkstätte Dachau beginnt um 19 Uhr. Die Teilnahme für Besucher ist kostenlos, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

© SZ vom 15.03.2018 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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