Süddeutsche Zeitung

Holocaust-Gedenktag:Erinnern für die Zukunft

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth besucht am Holocaust-Gedenktag die KZ-Gedenkstätte Dachau und ruft dazu auf, sich klar gegen die AfD zu positionieren.

Thomas Radlmaier, Dachau

Die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) hat am internationalen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus das ehemalige Konzentrationslager Dachau besucht. Dabei riefen sie und andere Politiker dazu auf, sich klar gegen die rechtspopulistische AfD zu positionieren. "Was wir im Bundestag erleben, ist der Versuch, die Geschichte umzudeuten. Dem muss man etwas entgegensetzen", sagte Roth. Erinnerungskultur sei in diesen Zeiten wichtiger, als viele vielleicht denken würden. "Wir erinnern uns an die Vergangenheit, um eine demokratische Zukunft zu bauen."

Auch Landtagsvizepräsident und Direktor der Bayerischen Gedenkstätten Karl Freller (CSU) griff am 74. Jahrestag der Befreiung der Überlebenden des Nazi-Vernichtungslagers in Auschwitz Politiker der AfD scharf an. In seiner Begrüßungsrede las er einen Tweet von Alice Weidel vor, der AfD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag. Diese hatte auf die Gedenkrede der Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde Charlotte Knobloch im Bayerischen Landtag reagiert. Abgeordnete der rechtspopulistischen Partei hatten aus Protest gegen Knoblochs Ausführungen demonstrativ den Plenarsaal verlassen. Auf Twitter schrieb Weidel: "Muttis beste Freundin Charlotte #Knobloch hat sich wirklich entblödet, im Bayerischen Landtag eine Gedenkveranstaltung für geschmacklose Parteipolitik zu missbrauchen. Wie tief muss man sinken?"

Karl Freller: "Die Spitze der AfD ist brandgefährlich"

Freller nannte das "skandalös". So könne man nicht mit Zeitzeugen umgehen. Zur Dachauer SZ sagte Freller: "Die Spitze der AfD ist brandgefährlich." Er habe große Sorge, "welcher Geist hier wieder wach wird." Man müsse alles tun, "dass dieser Geist nicht noch mehr Anhänger finden wird".

Die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Gabriele Hammermann führte Roth, Freller, die Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer (Grüne) und den Dachauer Stadtrat Thomas Kreß über das Gelände. Vor dem Internationalen Mahnmal legte Roth einen Kranz nieder, auf dessen Schleife stand: "Erinnern in die Zukunft". Sie sagte: "Das Selbstverständliche ist nicht mehr selbstverständlich." Es sei nun an der Zeit, dass die demokratische Mehrheit in der Gesellschaft klar Stellung beziehe.

Am Sonntagabend sprach Roth bei der Gedenkfeier der Stadt Dachau im Foyer des Rathauses. Auch die Zeitzeugin Ruth Melcer nahm daran teil. Melcer hat als Kind das KZ Auschwitz überlebt.

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SZ vom 28.01.2019 / thra
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