KVD:Das neue Quartett im Künstlerkollektiv

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Die Neuzugänge in der KVD sind Anna Kroschewski, Weiran Wang, Marlene Tyroller und Stephan M. Schuster.
Die Neuzugänge in der KVD sind Anna Kroschewski, Weiran Wang, Marlene Tyroller und Stephan M. Schuster. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die neuesten Mitglieder der Künstlervereinigung Dachau stellen sich bei einer Ausstellung in der Kulturschranne vor. Ihre Stile reichen von abstrakter Malerei auf großer Leinwand bis hin zur unkonventionellen Fotografie-Installation. Ein Besuch.

Von Greta Kiso, Dachau

Mit der Wasserwaage richtet Weiran Wang jeden Rahmen einzeln aus, denn auf keinen Fall soll hier ein Bild schief hängen. Der Boden in der Galerie der Dachauer Kulturschranne ist übersät mit Bildern. Sie werden erst am Boden angeordnet, bevor sie ihren perfekten Platz an der Wand bekommen. Schon drei Tage vor Eröffnung arbeiten die neuen Mitglieder der Künstlervereinigung Dachau (KVD) an der gemeinsamen Ausstellung in der Dachauer Altstadt. Drei Künstlerinnen und ein Künstler stellen hier einige ihrer Arbeiten und sich selbst vor. Ihre Stile reichen von abstrakter Malerei auf großer Leinwand bis hin zur unkonventionellen Fotografie-Installation.

Auf der Website der KVD sind aktuell 48 Mitglieder aufgelistet. Um als Künstlerin oder Künstler aufgenommen zu werden, gebe es verschiedene Kriterien, sagt der Vorsitzende der KVD, Johannes Karl: "Für eine Bewerbung muss man einen Lebenslauf, Werkbeispiele als Mappe oder Katalog sowie eine Arbeit in Real einreichen." Außerdem brauche es einen Wohn- oder Ateliersitz im Dachauer Landkreis.

"Wenn der Punkt gesetzt ist, kann man das Bild in die Welt gehen lassen"

Marlene Tyroller gehört zu den neuesten Mitgliedern, sie steht auf einer Leiter, um den Raum in der Kulturschranne richtig auszuleuchten. Denn was bringt die schöne Kunst, wenn man sie nicht richtig sehen kann? "Aus dem leeren Raum muss man eine Einheit schaffen", sagt Tyroller. Die Künstlerin zeigt große, farbintensive und abstrakte Arbeiten in der Ausstellung. Wer ihre Leinwände genauer betrachtet, sieht die 46-Jährige vor dem geistigen Auge, in ausholenden Bewegungen mit der Farbe arbeiten. Dabei gehe es ihr immer um die Mischung von Harmonie und Gegensätzen, von Emotion und Theorie, sagt Tyroller.

Die gebürtige Dachauerin studierte an der Designschule München Grafikdesign und danach Kunstpädagogik. Abstraktes Arbeiten heiße für sie nicht, ausschließlich aus dem Gefühl heraus zu malen, sondern auch die Regeln der Farblehre zu beachten. Marlene Tyroller sagt: "Man muss auf den Punkt kommen, um etwas beim abstrakten Malen zu schaffen. Wenn der Punkt gesetzt ist, kann man das Bild in die Welt gehen lassen." Das abstrakte Bild mit all seinen Farben und Formen rufe in jedem verschiedene Gefühle hervor, das sollte man individuell erleben.

Politische Debatten geben den Anstoß für ihre Kunst

Aus dem Studium der Kunstpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München kennen sich Marlene Tyroller und Anna Kroschewski. Die Künstlerin leitet auch die Kreativwerkstatt in der Grundschule Dachau-Süd. Als neues KVD-Mitglied schätze sie, dass die Künstlervereinigung Raum für Ausstellungen bietet, außerdem sei die Mitgliedschaft ein Qualitätskriterium. Vor allem aber sei die Vernetzung innerhalb der KVD und auch darüber hinaus sehr wertvoll, sagt die 44-Jährige.

Anna Kroschewski kombiniert in ihren Kunstwerken verschiedene Techniken. Vor allem die Hinterglasmalerei hat sie für sich entdeckt. In den kleinen Rahmen mit bemaltem Glas und Papier sowie Collage-Elementen entstehen Kunstwerke mit Tiefenwirkung. Sie sagt: "Ich starte mit einem Gedanken und bin dann nur noch mit dem Bild unterwegs." In letzter Zeit sei dieser Gedanke häufig von aktuellen politischen Debatten geprägt gewesen, Kroschewski antwortet in ihrer Kunst mit viel Farbe darauf.

Marlene Tyroller hängt ihr Bild "getting involved" auf.
Marlene Tyroller hängt ihr Bild "getting involved" auf. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Stephan M. Schuster zeigt seine Flugzeugaufnahmen in alten Diarahmen.
Stephan M. Schuster zeigt seine Flugzeugaufnahmen in alten Diarahmen. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Hinterglasmalerei kombiniert mit Collage-Technik von Anna Kroschewski.
Hinterglasmalerei kombiniert mit Collage-Technik von Anna Kroschewski. (Foto: Niels P. Jørgensen)
Weiran Wang ordnet ihre Rahmen zunächst auf dem Boden an und sucht dann den perfekten Platz dafür an der Wand.
Weiran Wang ordnet ihre Rahmen zunächst auf dem Boden an und sucht dann den perfekten Platz dafür an der Wand. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Neben den farbintensiven Arbeiten schlägt Stephan M. Schuster mit seiner Fotografie und Installationen eine ganz andere Richtung ein. In den Achtzigerjahren hat er an der LMU Kunstgeschichte studiert und anschließend im Kunsthandel gearbeitet. Vor drei Jahren ist er nach Dachau gezogen. Damals, mitten in der Pandemie, sei kein Flugzeug am Himmel zu sehen gewesen, sagt der 64-Jährige. Seit sich die Zeiten wieder geändert haben, säße er total fasziniert auf seiner Terrasse. Die Flugzeuge fliegen ihm gefühlt direkt über den Kopf, erzählt er, und Schuster fängt sie mit der Kamera ein.

Unter dem Ausstellungstitel "Himmel über Dachau II" sieht man die vielen Flugzeugaufnahmen, jede ist eingerahmt in einen alten Diarahmen. "In meiner Bewerbung bei der KVD habe ich versprochen, mich themenbezogen Dachau zu widmen", sagt Schuster. Mit diesem fotografischen Blick in den Himmel über Dachau, Neuhimmelreich und Günding stellt er den regionalen Bezug her. Das Motiv des Himmels zieht sich durch Schusters Werke, genauso wie die Kombination von Alt und Neu. Einem Erbstück von seiner Großmutter, einer Stehlampe, hat er einen neuen Schirm geschenkt - bedruckt mit einer Wolkenaufnahme. Zudem hat Schuster ein Gemälde aus dem 19. Jahrhundert des Künstlers Charles Hoguet von seinem Rahmen befreit. Unter dem Titel "Think Pink (Charles Hoguets Exil)" füllt nun eine pinke Wolkenaufnahme den prunkvollen goldenen Rahmen, die alte Ölmalerei hängt daneben - im Exil.

"Mit offenen Augen schlafen"

Ein bedrohlicher Glastropfen ist dabei, in einer von Weiran Wangs Malereien über die darunter stehende Menschenmenge hereinzubrechen. Ihre Inspiration für die Kunst: "Ich denke über die Beziehung zwischen mir und der Gesellschaft nach, als Chinesin in Deutschland." Die 1987 geborene Weiran Wang studierte in Peking chinesische Malerei, bevor sie bis 2020 an der staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studierte. Seit Kurzem arbeitet sie in ihrem neuen Atelier in Schwabhausen.

Ihre Bilder stellt sie in selbst gebauten Rahmen aus: "Jeder spielt eine Rolle. Von außen ist es ganz harmonisch, aber im Inneren hat jeder ein eigenes Gefühl." Der Titel ihrer Ausstellung heißt "Mit offenen Augen schlafen", denn alle würden immer schauen, aber nichts tun, sagt die Künstlerin. In jedem Motiv schwingt deshalb der dringliche Appell an den Betrachter mit, nicht wegzuschauen.

Einen Tag später hängen die Bilder an der Wand, Wasserwaage und Leiter sind wieder verräumt. Nur noch Weiran Wang ist dabei, das letzte Bild aufzuhängen. "Die anderen sind schon fertig", sagt sie. Mit ihren vielen kleineren Arbeiten hatte sie aber womöglich auch am meisten zu tun.

Die Ausstellung in der KVD-Galerie in der Dachauer Kulturschranne ist bis Sonntag, 17. März, zu sehen und wird mit einem Stockwurstfrühstück am Vortag beendet.

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