Ausstellung bei der KVD:Erinnerungsbilder

Silvia Kirchhof und Michael Krause befassen sich in ihrer gemeinsamen Ausstellung mit der Frage nach der Funktionsweise des Gedächtnisses.

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Silvia Kirchhof und Michael Krause aus Altomünster sind zwar verheiratet, verstehen sich aber nicht als Künstlerpaar. Rein künstlerisch betrachtet sehen sie sich sogar als Gegensätze, obwohl sie das übergeordnete Thema der Erinnerung verbindet. Beide verweisen in der Galerie der Künstlervereinigung (KVD) während der Hängung darauf, dass diese Ausstellung keinesfalls eine Symbiose darstellt. Deshalb haben sie ihre Arbeiten strikt voneinander getrennt.

Auf der einen Seite präsentiert die Fotografin Bilder, bei denen die Unschärferelation das maßgebliche gestalterische Mittel ist. Direkt gegenüber und in Konfrontation mit den ausgeklügelten Lichtspielen seiner Frau präsentiert Michael Krause seltsam anmutende Relikte als eine Serie von Schmuckgegenstände. Die Installation ergänzt er um vergrößerte Pressefotografien von Tatorten mit Leichenfunden. Das neue Format soll die Eindringlichkeit des Geschehenen im Gedächtnis festigen.

Private Mythen

Das Thema der beiden Künstler lautet: "Illusionäre Erinnerung." Im Untertitel heißt es dazu: "Legenden, private Mythen, Zurechtgelegtes, Gesehenes, Gelesenes, Geträumtes und Gehörtes vermischen sich." Kirchhof und Krause wissen, dass ihr Anspruch ein sehr hoher ist: Denn das Nachdenken über die Funktionsweise des Erinnerns zählt zu den grundlegenden Fragen in der Kunst überhaupt. Da geht es um die Relation von Erinnerung und Gedächtnis oder um die Verlässlichkeit des Erinnerten (siehe Sigmund Freud).

Die beiden Altomünsterer reihen sich explizit in die Riege von Künstlern ein, die für dieses Thema wegweisend waren. Man denke nur an Marcel Prousts Romanwerk "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit", in dem der französische Keks mit dem Namen "Madelaine" einen Erinnerungsstrom auslöst. In diese Richtung zielen die Fotos von Silvia Kirchhof, die explizit von sich sagt: "Mein Thema sind die privaten Mythen." Damit meint sie die Erzählungen und Position, die sie selbst als Künstlerin einnimmt. Daran orientieren sich die Fotografien von Räumen mit zahlreichen Spiegelungen, in denen Gegenstände aller Art aufscheinen. Dazu hat Kirchhof einen Computer so programmiert, dass mithilfe eines Zufallsgenerators Worte an die Wand reflektiert. "Selbstachtung" leuchtet auf weißem Hintergrund auf oder "Freiheit".

Archäologe der Zukunft

Michael Krause dagegen versteht sich als "Archäologe der Zukunft". Auf Metallplatten an einer Wand hat er Relikte arrangiert, die von verbrannten Leichen übrig bleiben. Metallschienen, die einst Knochen zusammenhielten oder kugelartige ehemalige Kniegelenke. Krause hat nichts dagegen, wenn Präsentation und Gegenstand als makaber empfunden werden. Denn auf den ersten Blick wirkt manches Detail wie ein Teil eines Schmuckobjekts. Krause sagt: "Wenn solche Relikte irgendwann ausgegraben werden, gelten sie als wertvolle Indizien für eine frühere Kultur." Mit anderen Worten: Dann freuen sich Archäologen.

Krause konzentriert sich in seinen Arbeiten auf die Frage nach der Distanz, die Menschen zu ihrer Welt entwickeln. Welche Erinnerungen und welche Bilder lassen sie zu? Und er zielt drauf ab, wie diese Distanz aufgehoben oder zumindest verkleinert werden kann. In dem Sinne will er ausloten, was ein Mensch an Realität aushält und wie er sie im Laufe seines Lebens verarbeitet.

Silvia Kirchhof und Michael Krause: "Illusionäre Erinnerung." Vernissage Donnerstag, 18. Februar, 19.30 Uhr, Galerie der KVD, Kulturschranne.

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