Kulturschranne:Hymnische Wucht

Kulturschranne: Singen können sie alle: Thomas von Kummant und Danny Müller.

Singen können sie alle: Thomas von Kummant und Danny Müller.

(Foto: Toni Heigl)

Die Dachauer Band "Poolhouse4" in einem mitreißenden Heimspiel

Von Gregor Schiegl, Dachau

Der Andrang in der Kulturschrannen ist so groß, dass der Service irgendwann kapituliert. Zu viele Leute, zu viel Gedränge. Auf der Bühne sitzt Danny Müller, tätowierte Arme, frecher Roger-Cicero-Hut auf dem Kopf, und lässt vom Wirt ausrichten, die Gäste mögen sich die Getränke bitte selbst an der Theke abholen. "Am besten a Flaschl Bier", rät er den Dürstenden, dann dauere es auch nicht so lang.

Für die Band Poolhouse4 ist es der perfekte Einstand: Zum ersten Mal spielt die Dachauer Formation vor heimischem Publikum, zweieinhalb Stunden am Stück - ohne Pause. Danach müssen sie noch drei Zugaben spielen, und die Menge tobt und tanzt. Besser geht's nicht. Ihr Programm bestreitet die Band größtenteils mit Coverversionen von Songs aus den Neunzigern, aber auch von Musiker wie George Ezra, Elliot Smith oder der Band 30 Seconds to Mars. Im Repertoire haben sie auch eigene Songs, darunter das Lied "Piemont", das als lyrischer Entwurf in einer sternenklaren Urlaubsnacht entstand und vom Rest der Band das dreifache Tempo verpasst bekam, um ihm mehr Drive zu geben. "Jeder in der Band bringt Ideen mit, die wir dann gemeinsam in ein neues Gewand packen."

Danny Müller, die Gebrüder Roland und Thomas von Kummant sowie Matthi Hörl proben regelmäßig in einem Poolhaus - zu viert. So einfach bastelt man sich einen Band-Namen. Um sich auch einen Namen beim Publikum zu machen, gehört schon mehr dazu, zum Beispiel ein prägnanter, eigenständiger Stil, und den hat Poolhouse4. Die vier Musiker sind allesamt keine brillanten Virtuosen, technisch könnte man sie der gehobenen Lagerfeuer-Klasse zuschreiben, ihr Spiel ist einfach und klar, aber dadurch auch besonders eingängig. Im Zusammenspiel schaffen die Gitarren eine schöne Klangtiefe, die mit einer elektrisch verstärkten Cajon einen adäquaten perkussiven Rahmen bekommt.

Den besonderen Reiz ihrer Musik macht aber der vielstimmige Gesang aus: Alle vier (und ebenso die sporadisch einspringende Sängerin Michelle) haben tolle Singstimmen, jeder hat seine eigene Tonlage, jeder hat seinen eigenen Charakter. Das Resultat der vielstimmigen Interpretation hat immer etwas Folkhaftes, stellenweise fühlt man sich an Crosby, Stills and Nash erinnert. Gerade hymnische Stücke wie Lordes "Royals" oder "Radioactive" von Imagine Dragons entwickeln in dieser melodiösen Breite eine ungeheure, mitreißende Wucht - auch und gerade, weil die Instrumentierung eher puristisch wirkt.

Andere Nummern funktionieren in dem Setting nicht ganz so gut. Bei "Breaking the Girl", einer wunderbaren Nummer aus den frühen Jahren der Red Hot Chili Peppers, stoßen die Musiker erkennbar an ihre Grenzen. Andere Coverbands würden sich an so etwas wahrscheinlich gar nicht heranwagen und es bei einer dankbaren Nummer belassen wie "Under the Bridge", die jeder kennt und mag und die nicht schwer zu spielen ist. Aber das Erfrischende an der Band ist ja gerade, das sie nicht nur bekannte Partyhits durchnudeln, sondern dass sie die Nummern spielen, die ihnen selbst gefallen - wobei sie auch "Under the Bridge" interpretieren, auf ihre Art. Bei Songs, die man schon bis zum Überdruss gehört hat, ist Verfremdung dagegen fast schon Pflicht; erst das überraschende Momentum macht sie wieder interessant. Zart, fast etwas kitschig geht es in der Zugabe los, und man denkt sich: Ist das . . . Nein! Das ist doch nicht . . .! Und dann legen sie los, vierstimmig: "Highway to hell", und der Saal tobt und tanzt. So geht das!

"Poolhouse4" spielt am 29. Juli beim Festival "Free and Easy" im Backstage kostenlos in München. Beginn ist um 20 Uhr auf der Biergarten-Stage.

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