Kulturschranne:Die Legende von der großen Liebe

Kulturschranne: Christina Schäfer in der Dachauer Kulturschranne.

Christina Schäfer in der Dachauer Kulturschranne.

(Foto: Toni Heigl)

Das Hoftheater und seine begeistert aufgenommene Revue über die These: "Männer und Frauen passen nicht zusammen"

Von Dorothea Friedrich, Dachau

Drei Beispiele aus der ganze Bibliotheken füllenden Literatur über Frauen und Männer: Alice Schwarzer beschrieb 1997 "Der kleine Unterschied und seine großen Folgen". Deborah Tannen stellte ein Jahr später fest: "Du kannst mich einfach nicht verstehen". Dieter Schwanitz schrieb 2001: "Männer - eine Spezies wird besichtigt". Alles Bestseller zu ihrer Zeit, so wie heutzutage jedes noch so ominöse Paar-Beziehungsbuch die Charts stürmt. Das Hoftheater Bergkirchen hat nun seinem und unserem Wissensdrang nachgegeben und eine Collage aus Liedern und Texten unter dem Titel "Männer und Frauen passen nicht zusammen" auf die Bühne der Kulturschranne gebracht. Am Mittwoch war Premiere im voll besetzten, neu gestalteten Veranstaltungsraum.

Susanne Biller, Christina Schäfer und Herbert Müller haben auf Loriots Version der Szenen einer Ehe verzichtet. Aus denen stammt das schon klassische titelgebende Zitat. Aber irgendwo spukte wohl ab und zu der Mann mit dem feinsinnigen Humor im Hinterkopf von Regie und Darstellern, während die umwerfend gute An-Na Nam am Flügel mühelos vom Schmachtfetzen zum Chanson oder zur Revuenummer wechselte.

Hier eine Du-kannst-mich-mal-Wendung des Kopfs von Janet Bens, da ein hoheitsvoll-arroganter Blick, den niemand so gut drauf hat wie Lisa Wittemer. Dort ein verlegen-verschmitztes Lächeln von Ansgar Wilk, eine hinreißend übertriebene Bel-Ami-Pose von Tobias Zeitz oder eine hintersinnig-boshafte Geste von Christina Schäfer - und schon war wieder irgendeine Szene aus Loriots Sketchen und Filmen präsent. Dabei wäre der niemals auf den Gedanken gekommen, so unverblümt an eine Frau zu schreiben wie Mozart an seine Konstanze. Mozarts wortreich be- und nur leicht umschriebene Sehnsüchte nach dem ehelichen Beischlaf wären womöglich in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ebenso auf dem Index gelandet wie das Hugo-Wiener-Chanson

"Der Nowak lässt mich nicht verkommen". Darin geriert sich besagter Nowak als spießbürgerlicher Beschützer seiner Frau/Freundin - und nimmt ihr jede Möglichkeit, ihr Leben zu leben. Was die Bundessprüfstelle seinerzeit als jugendgefährdend einstufte, lässt sich im 21. Jahrhundert zwar nicht mehr nachvollziehen, wirft aber ein grelles Licht auf die verklemmten damaligen Moralvorstellungen und jagt einem immer noch leise Schauer des Grauens den Rücken herunter.

Von einer sehr viel erheiternderen Seite betrachtet dagegen Donna Leon die Suche nach "Mr. Right". Es war einfach köstlich zu hören, wie charmant die Erfinderin des Commissario Brunetti die Schwächen diverser Aspiranten auf den Titel "Geeignete Männer" seziert. Ebenso fröhlich wie nachdenklich stimmten Passagen aus "Adams Tagebuch" von Mark Twain. Adam ist kein selbstverliebter Kraftprotz, Eva keine Schlange in Menschengestalt. Vielmehr nähern sich da zwei völlig unterschiedliche Wesen tastend einander an - mit den bekannten Folgen.

Das ist auch das Thema von "Die Geschichte von jemand anderem". Die Autorin Anneliese Mackintosh erzählt einfühlsam von der ersten großen Liebe im Kindesalter und weckte bei den Zuschauern wohl so manche Erinnerung. Rosenkrieg herrscht dagegen im Chanson "Wir zwei sind ein Paar". Wie man in wenigen Minuten die Beziehungsfassaden zum Einsturz bringen kann, ist schon eine Meisterleistung - von Komponist Rainer Bielfeldt und den Sängern auf der Bühne gleichermaßen. Das galt auch für dessen brutales "Kauf dir eine Frau".

Es führt deutlicher als jede Gesetzesinitiative vor Augen, dass für Freier "ihre" Hure nur eine Ware ist. Doch es gab auch andere Töne an diesem bemerkenswerten Abend: die doppelsinnigen von Theodor Fontane, die pointierten von Mascha Kaleko, die witzigen von Joachim Ringelnatz, die spöttischen von Heinrich Heine und nicht zuletzt die schlager- und operettenseligen.

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