Kulturschranne Dachau:Entschleunigt und skurril

"Warum die Zeit mit Sinnlosem vergeuden, wenn man sie sinnlos verstreichen lassen kann?" - In fast völliger Dunkelheit begeistert "Bohren & der Club of Gore" in der Schranne die Fans.

Anna Schultes

Ein notorisch unterforderter Multiinstrumentalist am Keyboard, ein Bassist, der sich bewegt wie ein melancholischer Biber, ein Mann am Schlagzeug, der mit behaarter Tatze energisch auf das Fell der Trommel schlägt, und ein Saxofonist, der sich "der Alte nennt - klingt bizarr? Das ist die Band Bohren & der Club of Gore auch, was nicht nur an der Vorstellung der Musiker und dem ein wenig seltsam anklingenden Namen liegt. Der Auftritt in der Dachauer Kultur-Schranne am vergangenen Samstag bot allerhand Skurrilitäten. Wieder einmal hat Tobias Schneider damit ein gutes Händchen bewiesen: Denn nicht nur der Kulturamtsleiter selbst hört die Band gerne. Die 160 Zuhörer, darunter Fans aus München, Bamberg oder Bad Tölz, klatschten und pfiffen bereits nach dem ersten Lied so begeistert, als wäre man bei der Zugabe angekommen.

Kulturschranne Dachau: Die Fenster der Kulturschranne sind mit dunklen Tüchern verhüllt. Mit kaum zu überbietender Langsamkeit bewegen sich die Musiker in der fast völligen Dunkelheit. Eine Vorstellung in Monotonie, zum Zurücklehnen, um Entschleunigung und Skurrilität zu genießen.

Die Fenster der Kulturschranne sind mit dunklen Tüchern verhüllt. Mit kaum zu überbietender Langsamkeit bewegen sich die Musiker in der fast völligen Dunkelheit. Eine Vorstellung in Monotonie, zum Zurücklehnen, um Entschleunigung und Skurrilität zu genießen.  

(Foto: npj)

Die Fenster in der Schranne sind mit schwarzem Stoff verhängt. Mit einer Taschenlampe bahnen sich Thorsten Benning, Christoph Clöser, Morten Gass und Robin Rodenberg ihren Weg durch das Publikum auf die Bühne. Fortan beleuchten nur vier kleine Lampen den dunklen Raum. Monoton wechseln sie die Farbe über den Köpfen der Musiker: blau - violett - rot - gelb - grün, gut eineinhalb Stunden lang. Der Ambient Jazz der Band ist düster, schwer, die Instrumente hallen lange nach, die Töne verwirren sich ineinander. Die sanften Klänge des Saxofons verhindern, dass die Zuhörer vollkommen in Melancholie versinken.

Dazu bewegen sich die Musiker mit einer kaum zu überbietenden Langsamkeit. Bassist Rodenberg beugt sich nach vorne, bis der Rücken rund ist, um sukzessive wieder in eine aufrechte Position zu gelangen - gut eineinhalb Stunden lang. Die Band spielt mit dem Gleichklang der langgezogenen Songs, die sich bis zu 15 Minuten hinziehen. Mit tiefer Stimme wird angekündigt, dass es im folgenden Stück um Häuser geht, die nach Blumenkohl stinken ("Zombies never die"), oder um Dramen, die sich an der Theke abspielen. Dabei sind die Ansagen beliebig austauschbar, und letztlich dreht sich alles um die Frage: "Warum die Zeit mit Sinnlosem vergeuden, wenn man sie sinnlos verstreichen lassen kann?" In der Musik liegt eine tiefe Ruhe, aber langweilig sind die vier Herren in dunklen Anzügen sicherlich nicht.

Die Band gibt es bereits seit 1988, in der aktuellen Formation spielen die Musiker seit 1997 zusammen. Angefangen hat alles mit Hardcore und Heavy Metal. Der Name Bohren - wie der Website der Band zu entnehmen ist, geht es tatsächlich um das Löcher bohren - erhielt erst später den Zusatz Der Club of Gore. Denn die Entscheidung, instrumentale Musik zu spielen, fiel durch den Einfluss der Band Gore. So gibt es zumindest eine Tatsache, die bei Bohren & der Club of Gore logisch zu erklären ist. Ansonsten kann man sich getrost zurücklehnen, um Entschleunigung und Skurrilitäten einfach zu genießen.

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