Künstlervereinigung Dachau:Auf der Suche

Noch einmal stellt die Künstlervereinigung Dachau im Schloss aus. Diesmal Werke im Quadrat. Doch der Ort erscheint nicht zeitgemäß

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Also doch wieder das Schloss. Wieder die alten Stellwände, weil die wesentlich besseren aus der Georg-Baselitz-Ausstellung von vor einem Jahr technisch viel zu aufwendig sind. Da gerät die Künstlervereinigung Dachau (KVD) an ihre organisatorischen und technischen Grenzen der Machbarkeit. Insofern ist das Angebot der Volksbank Dachau als Veranstalter der Druckgrafik-Retrospektive von Baselitz verlockend gewesen. Aber dazu hätten die Künstler beispielsweise die Bauhöfe von Stadt und Landkreis benötigt. Wegen neuer rechtlicher Vorgaben sind solche Beihilfen für Vereine, auch wenn sie gemeinnützig sind, rechtlich umstritten.

Aber warum wieder das Schloss, wo die Künstlervereinigung unter der Führung von Johannes Karl das MD-Verwaltungsgebäude vor zwei Jahren herausragend bespielte und damit aufzeigte, welche Dimensionen von Kunst und zeitgenössichen Trends den Dachauern wegen beschränkter Galerieflächen entgehen? Die aktuelle KVD-Galerie in ihrer betulichen Wohnzimmeratmosphäre gerät regelmäßig an die Grenzen, wenn jemand eine Installation oder eine Videoarbeit plant. Performances sind nicht möglich, sie würden sich zwischen den Säulen läppisch ausnehmen. Der Renaissance-Saal des Schlosses wird von den großen Porträts der Wittelsbacher beherrscht. Der Eigentümer, die staatliche Schlösser- und Seenverwaltung, erlaubte bisher nur einmal, dass sie abgehängt werden. Klar, Georg Baselitz wollte sie nicht vor den Kopf stoßen. Die KVD kämpft mit dem Problem seit Jahrzehnten.

In der Vergangenheit war der Saal stets als Versuch gedacht, die zeitgenössische Kunst durch den Raum zu nobilitieren. Aber mittlerweile stellt sich jedes Jahr die Frage, was denn den Künstlern als Idee noch einfällt, um den Saal ordentlich bespielen zu können. Diesmal setzt die KVD auf die Reduktion. Sie gibt das Format vor, das Quadrat: zwei mal zwei Meter. Und sie ironisiert es bereits in der rechteckigen Einladungskarte mit dem Abbild zweier Meterstäbe (zwei mal zwei Meter). Allerdings lässt die Liste der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler eine anspruchsvolle Ausstellung erwarten, die am Sonntag, 6. August, eröffnet wird. Die Vernissage beginnt um 11 Uhr.

Kunstwerk auf Schwarz für Ipad

Das Gemälde des jungen Künstlers Oliver Winheim aus München wird in der Schlossausstellung der Künstlervereinigung Dachau zu sehen sein. Sie wird am Sonntag. 6. August, 11 Uhr, eröffnet.

(Foto: Oliver Winheim/oh)

Annekathrin Norrmann aus Biberbach beispielsweise hat an das Museum der Sammlung Marli Hoppe-Ritter (Ritter Sport) einige ihrer Werke zum Thema Quadrat verkauft. Die Malerinnen und Maler Paul Havermann, Gabriele Middelmann, Karin Schuff, Mette Therbild und Günther Urban dürften mit der formalen Vorgabe keine Probleme haben. Die junge Simona De Fabritiis wird eh den Weg Richtung Videokunst gehen, genau so wie Johannes Karl. Silvia Kirchhof aus Altomünster ist als Fotografin in ihren Formaten völlig frei. Und Bildhauer Klaus Herbrich hat den Weg ins Relief gewählt. Sie alle mussten sich von Eike Berg, der das Künstlerhaus Schafhof in Freising leitet, und der Galeristin Uta Römer aus München jurieren lassen.

Die Gäste indes sind von der KVD eingeladen worden. Uwe Jonas ist im Landkreis ein guter Bekannter, weil er mehrmals gemeinsam mit Annekathrin Norrmann in der KVD-Galerie oder im Atelier der Künstlerin in Biberbach zu sehen war. Sein Format ist das Quadrat, das er meist aus Steinen zusammensetzt. Er aber hat sich für eine Überraschung entschieden.

Dieses Jahr hat die KVD auch darauf geachtet, dass die Altersmischung stimmt. Florian Baumgartner, Sebastian Pöllmann, Sascha Günay oder Oliver Winheim sind im Alter von Johannes Karl, also um die 30. Ein besonderer Gast ist Pretta Fiore aus Fondi, der Dachauer Partnerstadt in Süditalien. Die weiteren Teilnehmer sind Gisela Heide, Peter Schaller, Ines Seidel und Stefan Wehmeier. Die meisten von ihnen stammen aus dem Münchner Raum.

Zur Schlossausstellung wird die KVD ihre Sommerakademie veranstalten. Bisher konzentrierte sie sich auf Workshops mit Laien. Diesmal befasst sich die Künstlervereinigung mit sich selbst. Denn es steht - nimmt man die Vorläufergruppe dazu, die 1919 gegründet wurde - das 100. Jubiläum an. Am Freitag, 11. August, sollen die Mitglieder untereinander zentrale organisatorische Aspekte klären. Dazu zählt eine eventuelle Kooperation mit dem Zweckverband Dachauer Museen und dem städtischen Kulturamt. Wollen, können sie sich eine Kooperation vorstellen?

Vernissage Mitgliederausstellung

Johannes Karl leitet die Künstlervereinigung Dachau und zweifelt am Schloss als geeignetem Standort für die alljährliche zentrale Ausstellung. Er sucht dringend nach Alternativen

(Foto: Niels P. Joergensen)

Außerdem möchte die KVD Eckpfeiler ihres bisherigen Selbstverständnisses abklären. Sie will die Ausstellungstätigkeit in der Galerie, die Druckwerkstatt, den künstlerischen Austausch mit Auschwitz und die Einbindung der Vorgeschichte, die mit der früheren Gruppe D verbunden ist, reflektieren.

Solchermaßen gerüstet will die KVD am Samstag in zwei Workshops all diejenigen einbinden, die sich für bildende Kunst interessieren und an einem gemeinsamen Programm für das Jahr 2019 mitwirken wollen. Dann wird sich auch die Frage stellen, ob das Schloss tatsächlich noch das geeignete Forum für eine KVD im 21. Jahrhundert ist. Für die eher jüngeren Künstler wie Johannes Karl sicher nicht. Er stellt eine Neuausrichtung in Aussicht. "Es ist fraglich, ob es noch eine Schlossausstellung gibt." Für ihn ist die kulturpolitische Debatte um die künstlerische Hoheit über den Renaissance-Saal gegen Folklore, Volksfest und Eingriffen in die Werkauswahl durch die Kommunalpolitik in den Achtzigerjahren bloß noch eine nette Anekdote.

Folgt man den aktuellen internen Diskussionen, liegt die Prognose nahe, dass die Schlossausstellung 2017 vermutlich die vorletzte, wenn nicht schon die letzte auf absehbare Zeit werden dürfte. Daher darf das Stimmungsbild zu diesem Thema am Samstag, 12. August, mit einer gewissen Spannung erwartet werden. Der Zuspruch aus dem Publikum vor zwei Jahren für neue Ausstellungsformen auf dem MD-Areal war immerhin so groß, dass Johannes Karl sogar mehrere neue Fördermitglieder gewinnen konnte. Der Vorstand startet gerade eine Initiative dazu mit dem Titel: "Ja, ich will."

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