Krisendienst:Schnelle Hilfe in seelischer Not

Bezirkstagspräsident Josef Mederer stellt einen neuen wohnortnahen Krisendienst für die Landkreise Dachau und Freising vor. Die Einrichtung soll die psychiatrische Versorgung in den Landgemeinden wesentlich verbessern

Von Rudi Kanamüller, Dachau/Freising

Krisendienst: Rund um die Uhr ist das Krisentelefon besetzt, auch an den Wochenenden. Fürsprecher des Angebots ist Extrembergsteiger Alexander Huber.

Rund um die Uhr ist das Krisentelefon besetzt, auch an den Wochenenden. Fürsprecher des Angebots ist Extrembergsteiger Alexander Huber.

(Foto: Toni Heigl)

Katrin Meck aus Neufahrn bei Freising hat schon einige psychische Krisen erlebt und durchlebt. Sie kennt diese Situation aber nicht nur als Betroffene, sondern auch als Angehörige, wie sie im kleinen Sitzungssaal des Dachauer Landratsamtes erzählt. Wie froh wäre sie gewesen, sagt sie, wenn es schon früher, als sie akut den Leidensdruck verspürte, eine "schnelle, wohnortnahe und passgenaue Hilfe" gegeben hätte. So eine, wie sie vom 1. Dezember an in den Landkreisen Dachau und Freising angeboten wird. Dann können Menschen in seelischer Not täglich von neun bis 24 Uhr unter der Telefonnummer 0180 / 655 30 00 den "Krisendienst Psychiatrie" erreichen.

Bezirkstagspräsident Josef Mederer (CSU), der das neue Angebot in Dachau vorstellte, bezeichnete das Projekt, in das der Bezirk Oberbayern vom Jahr 2017 an 7,4 Millionen Euro investieren wird, als "Meilenstein für die wohnortnahe Versorgung psychiatrischer Notfälle in Oberbayern". Denn mit dem Krisendienst für ganz Oberbayern könnten sich endlich auch Menschen in akuten seelischen Krisen, die nicht in München lebten, fachliche Hilfe holen. Entgegengenommen werden die Anrufe von einer Leitstelle, die ihren Sitz in München hat und aktuell mit 14 Kräften besetzt ist. Sie soll aber noch ausgebaut werden.

Lotsenfunktion

Die Fachleute, Psychologen, Sozialpädagogen, Pfleger mit psychiatrischer Erfahrung, vermitteln den Betroffenen das am besten geeignete Hilfeangebot - in der Nähe ihres Wohnorts, wie der Leiter der Leitstelle, der Psychiater Michael Welschehold, sagte. "Bei uns liegt die Lotsenfunktion", erklärte der Psychiater. "Wir hören zu, deeskalieren, beraten und vermitteln und das direkt und ohne Voranmeldung." Der Krisendienst befindet sich noch im Aufbau. Andrea Kreppold-Roth steuert zusammen mit drei Kollegen die Gebietskoordination für die Region 14. Sie erklärte, ein Schwerpunkt werde die aufsuchende Krisenhilfe sein, die auch präventiv erfolgen könne. Welschehold sagte: "Netzwerkpartner für die Vor-Ort-Einsätze sind die Dienste der Freien Wohlfahrtspflege." In den Landkreisen liegt die Krisenintervention unter anderem in den Händen von Sozialpsychiatrischen Diensten und Psychiatrischen Institutsambulanzen. Es gibt kurzfristige ambulante Behandlungstermine, Kriseneinsätze vor Ort oder stationäre Klinikeinweisungen.

Die Leiter der Sozialpsychiatrischen Dienste in den Kreisen Dachau und Freising, Andreas Miller und Kristina Kluge-Rasche, erwarten sich von dem neuen Angebot eine wesentlich bessere Versorgung in der Region. Neben hauptamtlichen Mitarbeitern wird auch eine Vielzahl an geringfügig beschäftigten Fachkräften vor allem die Arbeit an Wochenenden oder nach Feierabend übernehmen. Insgesamt entstehen im Bezirk Oberbayern 88 neue Stellen. In den Landkreisen Dachau und Freising werden demnach jeweils etwa zwischen 20 und 25 Helfer stundenweise in den aufsuchenden Diensten tätig sein. Einen Wermutstropfen gibt es laut Bezirkstagspräsident Josef Mederer dennoch: "Die Kraftanstrengung müssen wir leider alleine schultern, weil sich die Krankenkassen nicht beteiligen." Dabei verringere der Krisendienst die Kosten der Krankenkassen.

Der neue Krisendienst rechnet mit bis zu 20 000 Anrufen pro Jahr. Allein in den vergangenen drei Jahren haben bei der Münchner Notrufnummer jährlich 13 000 Menschen um Hilfe gebeten. Prominenter Fürsprecher des Krisendienstes ist übrigens Extrembergsteiger Alexander Huber, der selbst eine seelische Krise überwunden hat. "Wenn man merkt, dass es einem nicht gut geht, sollte man selbst aktiv werden." Er ermutigt deshalb Menschen in psychischer Not, sich Hilfe bei qualifizierten Stellen zu holen.

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