Streuobstwiesenführerin, Hobbyimkerin, Schnapsbrennerin, Seifensiederin, Bäckerin und Kräuterpädagogin. Monika Engelmann hat viele Berufe - und keinen davon kann man an einer Universität erlernen. Natürlich kann man stundenlang in dicken Büchern wälzen und die lateinischen Namen für alle möglichen Wildpflanzen auswendig lernen. Aber um beispielsweise die einzelnen Kräuter auseinander halten zu können, muss man raus in die Natur und diese mit allen Sinnen erleben.
"Die Liebe zu Pflanzen wurde mir praktisch in die Wiege gelegt", sagt Engelmann, die seit mittlerweile zehn Jahren zertifizierte Kräuterpädagogin ist. Gemeinsam mit ihrem Mann und Kollegin Maite Schneider betreibt sie "Die Kräuterei" im Schlossgut Sulzemoos. Gelernt hat die Dachauerin ihr Handwerk an der Gundermann-Schule in Meerbusch bei Krefeld. Anfangs wurden die Kurse nur für Landwirte angeboten. Nachdem die Subventionen der EU ausgelaufen waren, öffnete man das Angebot jedoch auch für die Öffentlichkeit.
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Kräuter im Fernsehen und als Buch
Engelmann war damals eine der Ersten, die das Angebot wahrnahm. Die Arbeit in der Verwaltung erfüllte sie nicht mehr. Und nachdem sie mit ihrem Mann einen alten Hof im Vogtland gekauft hatte, in dessen Garten es nur so blühte, wollte sie mehr wissen über all die verschiedenen Pflanzen und ihre Wirkungsweise. Mittlerweile arbeitet Engelmann sogar regelmäßig mit dem Bayerischen Rundfunk zusammen. Als sogenannte Bayern-Kräuterexpertin für das Format "Wir in Bayern" veröffentlichte sie zusammen mit Adelheid Lingg ein Buch mit dem Titel "Gesund und fit mit Kräuterkraft".
In der Ausbildung, die mehr als ein Jahr lang jeden Monat an einem Wochenende stattfand, lernte sie mehr über (Ethno-)Botanik, Pädagogik und Heilkunde. "Teil der Prüfung war am Ende eine Kräuterwanderung mit Experten und das Anlegen eines Herbariums, aber natürlich auch eine schriftliche Prüfung", sagt Engelmann. Ganz ohne das Pauken von Fachliteratur geht es eben doch nicht. Auch heute noch verbindet die Frau mit dem brünetten Kurzhaarschnitt in ihren Workshops deshalb das Theoretische mit dem Praktischen.
"Viel Wissen ist über die Jahrzehnte verloren gegangen", da ist sich Engelmann sicher. Vor allem deshalb ist es ihr wichtig, das Wissen, das noch vorhanden ist, zu bewahren, weiterzugeben. Und das Interesse ist da: "Es gibt eine Rückbesinnung auf das, was vor unserer Haustür wächst", sagt die quirlige 47-Jährige. Die von der Kräuterei in Sulzemoos angebotenen Seminare seien stets gut besucht. Wenig überraschend sind es viele Frauen, die ihre Kurse besuchen, doch häufig kämen diese in Begleitung ihrer Partner, aber auch ganze Firmen und Schulklassen würden an den Workshops teilnehmen. Vom Althippie bis zum Firmenchef sei alles dabei, sagt Engelmann.
"Es ist ein bisschen so, als würde ich in Hogwarts leben", sagt Engelmann mit einem Schmunzeln. Sie sagt das, weil sie weiß, dass ihr Umgang mit der Natur in Zeiten von Massenproduktion und Umweltkatastrophen eher die Ausnahme, als die Regel ist. "Wir müssen aufpassen auf die Natur", mahnt Engelmann deshalb. Zauberkräfte stehen ihr hierzu zwar nicht zur Verfügung, aber ihre Begeisterung wirkt doch zumindest ansteckend. "Die Ausbildung hat mein Leben verändert", sagt Engelmann. Das mag abgedroschen klingen, aber die Frau mit den wachen, blauen Augen die ihren Gegenüber stets freundlich anblicken, meint was sie sagt.
Wer sich auf der Homepage der Kräuterei umschaut, der hat eine Vielzahl an Veranstaltungen, aus denen er wählen kann: In Kooperation mit der Münchner Firma Chocqlate kann man lernen, Schokolade zuzubereiten, Seife zu sieden, Schnaps in der hauseigenen Destillerie zu brennen, und man kann auf Wildkräuter-Entdeckungstour und Streuobstspaziergänge gehen. Was die Kräuterpädagoginnen Engelmann und Schneider herstellen, sei es Tee, Sirup, Honig oder Schnaps, das kann man auf kleinen Märkten oder direkt auf dem Schlossgut Sulzemoos von ihnen kaufen. Eine Massenproduktion liegt ihnen aber fern. "Man muss feststellen: Wildkräuter möchten nicht unbedingt kultiviert werden", sagt Engelmann. Sie ernten deshalb Kräuter und Beeren von Wegrändern und in den Gärten von Freunden. Mit Maß und Sorgfalt.
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Zum monatlichen Programm der Kräuterei zählt auch ein Workshop zur "Pflanze des Monats". Im Januar war es Quinoa, im Februar wird es Moringa, aber auch dem heimischen Waldmeister und Apfel wird ein Monat gewidmet. Obwohl Engelmann, die als junges Mädchen zwischen Kartoffelacker und Obstbäumen aufgewachsen ist, viel Wert auf Regionalität und Saisonalität legt, findet sie es spannend, sich auch mit Food-Trends wie der südamerikanischen Quinoa-Pflanze zu beschäftigen und Neues zu entdecken.
Wer es doch lieber regional mag, dem schlägt Engelmann Buchweizen als Alternative vor. Das sei zwar im Gegensatz zum Superfood Quinoa nicht glutenfrei, aber diese ganzen Trends sieht die Expertin sowieso kritisch. Wenn sie dennoch eine bayerische Superpflanze nennen müsste, wäre es die Brennnessel. "Sie ist Lebensmittel und Heilmittel zugleich", sagt sie. Früher habe man aus den Fasern der Pflanze sogar Kleidung gesponnen. Die Brennnessel stecke voller Vitamin C, Chlorophyll, Mineralstoffe und Eiweiße. Wer sie am liebsten roh essen will, sollte am besten einmal mit dem Nudelholz darüber walzen und sie dann klein hacken. Statt in den Supermarkt geht man aber am besten auf die nächstgelegene Wiese und begibt sich auf Entdeckungsreise. Nimmt vielleicht ein wenig mehr Zeit in Anspruch, aber wer schon einmal selbst etwas geerntet hat, weiß: Am Ende schmeckt es doppelt so gut.
Über das Angebot der Kräuterei - wie zum Beispiel Vorträge zur jeweiligen "Pflanze des Monats" - kann man sich über www.die-kräuterei.de informieren.