Süddeutsche Zeitung

Konzertkritik:Schluss mit Schubert

Das Busch Ensemble aus England beendet die Schlosskonzerte übertrefflich und ergreifend

Von Adolf K. Gottwald, Dachau

Die beiden bedeutendsten Geiger der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren zweifellos Fritz Kreisler aus Wien und Adolf Busch, der Bruder des seinerzeit berühmten Dirigenten Fritz Busch. Während sehr beliebte Stücke für Violine und Klavier sowie Referenzaufnahmen sämtlicher Violinsonaten von Beethoven und dem fast immer mit Kreislers Kadenz gespielten Beethoven-Violinkonzert die Erinnerung an Fritz Kreisler aufrechterhalten, ist Adolf Busch als Geiger, aber auch als Komponist vergessen. Ein junges englisches Ensemble aber nennt sich nach Adolf Busch "The Busch Ensemble" und pflegt auch dessen Kammermusik.

Es war sehr schön, dass das Kulturamt Dachau dieses junge Ensemble zu einem Schlosskonzert geholt und damit auf dem heute nötigen Umweg über England Adolf Busch wieder in Erinnerung gebracht hat. Das Werk von Adolf Busch, das "sein" Ensemble im Dachauer Schloss präsentierte, war sein Klaviertrio a-Moll op. 15. Man begegnete einem groß angelegten, im Stil der deutschen Spätromantik etwa von Max Reger oder Hans Pfitzner geschriebenen viersätzigen Trio für Klavier, Violine und Violoncello.

Zu hören waren darin sehr schöne Kantilenen für die Streicher, vor allem für das Violoncello, Lyrisches und Erfreuliches, eine große Fuge mit kantablen und sogar spritzigen Zwischenspielen als Finale. Aber auch die ungeheuren, ins Heldenhafte gesteigerten Kraftausbrüche, die uns heute Musik dieser Stilrichtung eher verleiden und deutlich nachvollziehbar erscheinen lassen, dass Komponisten der gleichen Generation des 1891 geborenen Adolf Busch auf diesem Weg nicht weitergehen wollten. Man denke an Igor Strawinsky, Paul Hindemith, Carl Orff. Die Aufführung war fulminant, wobei allerdings zu beobachten war, dass der Klavierspieler seine Neigung zum Fortissimo zu sehr auslebte und die Streicher oft zum Forcieren, zum Streichen aus Leibeskräften zwang.

Das war auch das Problem bei der Aufführung des "Notturno" genannten Satzes für Klaviertrio von Franz Schubert. Mathieu van Bellen, Violine, und Ori Epstein, Violoncello, intonierten den Satz ungemein leise und zart, doch Omri Epstein am großen Konzertflügel war bereits bei den ersten Begleitfiguren des Klaviers zu laut. Es gab aber auch Stellen, die am Klavier mit sehr schönem, leuchtendem Anschlag sehr gut gespielt waren, auf die aber vor allem der Geiger viel zu leise antwortete. Die klangliche Balance zwischen Klavier und Streichern stimmte bei diesem wunderschönen Werk des späten Schubert nie.

Sehr viel besser gelang die Aufführung von Franz Schuberts großem Klaviertrio Es-Dur op. 100. Gewiss gab es auch hier Fortissimo-Ausbrüche, bei denen die Streicher wie ums Überleben gegen das fast brutal dominierende Klavier ankämpften, doch die Passagen, die Franz Schubert sozusagen leben ließen und seiner Musik gerecht wurden, waren weit überwiegend. Das Andante con moto, das Franz Schubert nach einem schwedischen Lied gestaltet hat, hätte, etwas langsamer gespielt, tieferen Eindruck gemacht; dann wäre die Nähe zu Schuberts etwa zur gleichen Zeit geschriebenen "Winterreise" spürbar geworden. Vielleicht wollte das Busch-Trio eher die Nähe zu Beethovens "Eroica" in der gleichen Tonart Es-Dur aufzeigen.

Unendlich schön spielte das junge Busch-Trio den langsamen Satz aus Antonin Dvoraks "Dumky-Trio". Das war unübertrefflich und ergreifend. Franz Schuberts überaus schönes "Notturno" in dieser Art gespielt - da wäre jedem Schubert-Freund zwei Tage nach Schuberts 187. Todestag das Herz aufgegangen.

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Quelle:
SZ vom 23.11.2015
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