Süddeutsche Zeitung

Konzert:Ey! Yo! Aha!

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Das Ensemble "Jobarteh Kunda" verzaubert das Publikum in Lauterbach mit afrokaribischen Klängen und Geschichten

Von Magdalena Hinterbrandner, Bergkirchen

"Bum ba, bum balala", singen die Männer im Publikum mit rudernden Armbewegungen, während die Frauen ein melodiöses, zartes "O ele, o ele, o ele, malia magase" darüber summen. Fast niemand sitzt mehr auf den Stühlen, alle stehen und machen voller Begeisterung mit. "Wir sitzen hier alle im gleichen Boot", werden sie angefeuert. Ganz vorne auf der Bühne stehen vier Musiker, die es geschafft haben, dass der ganze Raum entzückt karibische Verse rezitiert und mit schwingenden Hüften durch die Reihen tanzt.

Jobarteh Kunda, so nennen sich die vier Künstler, die am Samstagabend in der alten Schule in Lauterbach mit chilligem Reggae, afrikanischen Rhythmen und karibischem Flair die Besucher mit guter Laune und Tanzlust angesteckt haben. Und da passt alles: Mit afrikanischem Turban und Hawaii-Hemd zupft Felix Occionero seinen E-Bass, der dunkelhäutige Humphrey Cairo aus Aruba sitzt mit langen Rastalocken am Schlagzeug, und Yasmin Jobarteh vollendet den Sound mit afrikanischen Percussion-Instrumenten und einem klaren, vollen Gesang. Tormenta Jobarteh, der Leader der Band, steht vorne, bekleidet mit bunten Gewändern, und begleitet seinen Gesang mit einem außergewöhnlichen Instrument: der Kora. Eine 21-saitige westafrikanische Stegharfe, deren Korpus aus einem Kürbis und überzogener Kuhhaut besteht. Sie wird mit vier Fingern gespielt und wird auch oft als Harfenlaute bezeichnet. Tormenta stützt den runden Korpus auf den Bauch, hält den Steg schräg von sich und zupft zart an den Saiten. Damit erzeugt er wunderbare Töne.

Zu Beginn des Konzertes erklärt Tormenta erst einmal, wie sich das Publikum zu verhalten habe. Die Band spielt nämlich nicht nur, sie erzählt auch Geschichten mit musikalischer Untermalung, und da erwartet man schließlich als Erzähler auch eine Reaktion. Man muss ja wissen, ob die Lauschenden zuhören. "Wenn ihr was verstanden habt, dann heißt es "aha", wenn ihr überrascht seid, sagt man "ey", und wenn ihr zufrieden seid, dann "jo"", erklärt er. Das wird gleich geübt und klappt ganz hervorragend. Und so erzählt Tormenta seine erste Sufi-Geschichte über einen Mann und seine schöne Tochter Yasmina. Die Leute lachen am Ende, das Eis ist gebrochen und durch den Abend zieht sich eine lockere, aufgeheiterte Stimmung. Immer wieder zwischendurch ertönt aus dem Publikum bei anderen Geschichten ein "ey" oder ein "aha". Die Lieder, mit denen Jobarteh Kunda die alte Schule in Lauterbach zum Tanzen bringt, ziehen sich über verschiedene Stile wie Salsa und Reggae und sind erfüllt von afrikanischem Spirit und einem chilligen Bob-Marley-Feeling. Wer nicht tanzt, sitzt lächelnd da, hin und her schaukelnd und mit wippendem Fuß auf seinem Stuhl und genießt.

Zwischendrin tauscht der Schlagzeuger Humphrey Cairo mit Tormenta Jobareth die Position. Humphrey haut Tormenta lachend auf die Schulter. Die Musiker sind eine Einheit, sie brennen für die gleiche Musik, und diese Begeisterung spürt man auch. Dann spielt der studierte Schlagzeuger Tormenta die Drums und Humphrey bringt die E-Gitarre ins Spiel und damit wieder einen neuen Sound. Man könnte meinen, die Musiker haben diese Musik im Blut. Und das haben sie auch. 1986 kam Tormenta, der in München aufwuchs, nach Westafrika und erlernte dort acht Jahre das Spiel auf seiner Kora. Er wurde sogar von der dort lebenden Familie Jobarteh adoptiert und zum Griot ernannt, einem afrikanischen Geschichtenerzähler und weisen Berater. Eine große Besonderheit für einen Nichtafrikaner. An seine Tochter Yasmin, die in der Band Percussion und Gesang macht, hat er die Leidenschaft für die Musik weitergegeben.

Als Zugabe spielt Jobarteh Kunda ein Lied, das Tormenta nachts zusammen mit seiner Tochter in Marokko in der Medina, also der Altstadt, geschrieben hat. "Tagsüber wird man überhäuft von verschiedensten Geräuschen, nachts ist es ruhig", erzählt Tormenta. Und wenn man die Augen schließt und dem englischsprachigen Gesang von Yasmin an der akustischen Gitarre und Tormenta an der Kora zuhört, sieht man diesen Trubel vor sich, fühlt aber auch den Zauber der nächtlichen Stille.

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Quelle:
SZ vom 18.03.2019
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