Konzert:Elegant und vornehm

Konzert: Ohne zur Schau-Stellen seiner Virtuosität zieht das Streichquartett Kodály die Zuhörer in die Tiefe der Musik.

Ohne zur Schau-Stellen seiner Virtuosität zieht das Streichquartett Kodály die Zuhörer in die Tiefe der Musik.

(Foto: Toni Heigl)

Das Streichquartett Kodaly spielt bei den Schlosskonzerten wie es früher üblich war

Von Adolf Karl Gottwald, Dachau

Es war ein Kammermusik-Abend wie aus der guten alten Zeit der Dachauer Schlosskonzerte, als sich dort noch Solisten und Ensembles der Weltklasse die Klinke reichten. Zu Gast war das berühmte Kodaly Quartett aus Budapest, das sich anlässlich seines 50-jährigen Bestehens auf Welttournee befindet und dabei auch einen Abstecher zu den Dachauer Schlosskonzerten machte.

Das Kodaly Quartett begann mit Mozart - vielleicht weil tags zuvor, am 27. Januar, in der musikalischen Welt Mozarts Geburtstag gefeiert wurde - und man erlebte ein Musizieren, das keine Frage nach der Interpretation zuließ, das wunschlos glücklich machte, weil es der absoluten Vollkommenheit von Mozarts Musik denkbar nahe kam. Jüngere Ensembles neigen dazu oder halten es sogar für ihre Aufgabe, die Werke, die sie aufführen, neu zu inszenieren und fragen sich, mit welchen Tempi und Akzentuierungen sie ihre Interpretation auszeichnen und vom bisher Gebotenen absetzen können. Beim Kodaly Quartett fragt man sich als Zuhörer nicht, wie schnell etwa ein Allegro, ein Larghetto, ein Allegro assai - so die Satzbezeichnungen von Mozarts Streichquartett B-Dur KV 589 - zu nehmen ist oder wie es wohl zu Mozarts Zeit war. Die Tempi sind so natürlich und selbstverständlich, als ob sie nicht anders sein könnten. Das Gleiche gilt für Akzentuierung, Dynamik, Phrasierung, klangliche Balance der Instrumente. Mozart hat in diesem Quartett das Violoncello mit vielen schönen solistischen Stellen bedacht. György Eder spielte sie und sein Duett mit der ersten Violine (Attila Falvay) wunderbar unaufdringlich, also elegant und vornehm.

Das größte Werk in diesem Programm war das Streichquartett cis-Moll op. 131, das größte aller Beethoven-Streichquartette. Hier wird von den Musikern, aber auch von den Zuhörern, die Beethovens Musik voll und ganz folgen wollen, 40 Minuten lang höchste Konzentration gefordert. Das Kodaly Quartett spielte die fast nahtlos ineinander übergehenden sieben Sätze, in der gleichen selbstverständlichen Vollkommenheit wie Mozart. Natürlich kann man als Zuhörer die Größe von Beethovens Komposition in diesem Werk nur erahnen, vielleicht teilweise erkennen. Es ist ein Verweilen in den höchsten Gefilden der Musik, und das sind für die Freunde der klassischen Musik zugleich Gefilde der höchsten Seligkeit. Das Kodaly Quartett vermied auch bei Beethoven jedes äußerliche Zur-Schau-Stellen seiner überragenden Virtuosität, sondern versenkte sich gleichsam in Beethovens Musik und zog damit die Zuhörer in die Tiefe dieser Musik.

Bei Bela Bartoks viertem Streichquartett von 1928 ist die Situation anders. Dieses Quartett befremdet den unbefangenen Zuhörer zunächst durch die Anhäufung von Dissonanzen gleich zu Beginn des ersten Satzes. Man muss sich bewusst hineinhören und entdeckt dann - vielleicht - die Sonatenform des ersten Satzes und im ganzen Werk die tonale Grundlage, die trotz gehäufter Dissonanzen nie verlassen wird. Am meisten beeindruckte die scharfe, auch von der ungarischen Volksmusik geprägte Rhythmik bei Bartok, dann aber auch das unglaublich schnelle Prestissimo, bei dem alle Instrumente mit Dämpfer gespielt werden und das nur so dahinhuscht, und der durchgehend pizzicato zu spielende vierte Satz, schließlich aber doch der zentrale dritte Satz mit seinen ätherischen Klängen und dem großen, deutlich ungarisch gefärbten Cello-Solo, dem später die erste Violine antwortet. Bei der Aufführung dieses Werks war neben der großen musikalischen auch die profunde technische Virtuosität des Kodaly Quartetts zu bewundern.

Die eingangs erwähnte "gute alte Zeit" der Dachauer Schlosskonzerte hat jetzt aber ein großes Manko. War zu Rauffers Zeiten ein Schlosskonzert dieser überragenden Qualität stets restlos ausverkauft - es gab sogar eine Warteliste-, so blieb jetzt fast ein Drittel der Plätze frei. Als 1989 das Bartok Quartett aus Budapest mit dem vierten Streichquartett und großem Beethoven-Programm bei den Dachauer Schlosskonzerten auftrat, war das noch anders.

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