Süddeutsche Zeitung

Kongress im Schloss Dachau:Gute Absichten

Der Verein Dachauer Moos lädt zu einer interkommunalen Konferenz für den Landschaftsschutz. Umweltminister Marcel Huber verspricht Investitionen. Die Nordumfahrung wird trotzdem für nötig erachtet

Von Petra Schafflik, Dachau

Auch wenn kein typischer Herbstnebel über dem Dachauer Moos liegt - mit Bilderbuchlandschaften wie im Allgäu oder Voralpenland kann dieser Naturraum vor unserer Haustür nicht mithalten. Dennoch hat die auf den ersten Blick unspektakuläre Landschaft versteckte Qualitäten, beherbergt seltene Tier- und Pflanzenarten, erfüllt wichtige Funktionen für Wasserhaushalt, Klimaschutz und Naherholung. Damit das so bleibt, wollen Bürger, Verbände, Kommunal- und Landespolitik künftig noch stärker an einem Strang ziehen. Das ist das Ergebnis einer interkommunalen Konferenz zu Landschaftsentwicklung und Moorschutz unter dem Titel "Let's do Moor", zu der am Montag der Verein Dachauer Moos, die Landeshauptstadt München und das Bayerische Umweltministerium ins Dachauer Schloss geladen hatten.

Eine vorbereitete gemeinsame Absichtserklärung konnte zwar nicht unterzeichnet werden. Die CSU im Dachauer Umweltausschuss hatte ein Veto eingelegt und damit Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) blockiert. Doch egal ob unterschrieben oder nicht: Der Verein Dachauer Moos werde die Ziele des Konzepts vorantreiben, "das ist unsere satzungsgemäße Aufgabe", erklärte Peter Felbermeier (CSU), Vereinsvorsitzender und Bürgermeister von Haimhausen. "Damit auch unsere Enkel noch einen Strauß Wiesenblumen vor der Haustür pflücken können."

Das Dachauer Moos mag wie eine "Alltags- und Gebrauchslandschaft" wirken, wie die Münchner Stadträtin Heike Kainz (CSU) es formulierte, dennoch liegt dieses Grün vielen Menschen am Herzen. Weil oft ganz persönliche Erlebnisse und Eindrücke damit verbunden sind. So erfreut sich vom Traktor aus Simon Sedlmair, Landwirt und Vorstandsmitglied im Kreisbauernverband, bei jeder Fahrt an der "schönen Landschaft". Als einer von sechs Bürgern, die ihre persönliche Perspektive aufs Dachauer Moos schilderten, plädierte Sedlmair für weitere Maßnahmen zum Naturschutz, forderte aber Rücksicht und Ausgleichszahlungen für die Bauern.

Als Jäger und Fischer sorgt sich der Haimhausener Edmund Krusche um den sinkenden Wasserstand, der Moos und angrenzende Auwälder gefährde. Eine jüngere Entwicklung, Albert Donhauser, ehemaliger Leiter des Gröbenzeller Heimat- und Torfmuseums erinnert sich, dass vor Jahrzehnten dieses Gebiet noch ein feuchtes und damit auch gefährliches Moor war. "Von dieser Ursprünglichkeit ist wenig geblieben." Trotzdem findet Fotograf Andreas Pirchmoser dort immer noch packende Motive und Stimmungen. "Die Lebensqualität dieses Erholungsraums vor der Haustür gilt es zu erhalten" appellierte er.

Der Schleißheimer Wanderführer Otto Felkel setzt bei seinen Rundgängen auf persönliches Erleben. Wer eine seltene Orchidee oder einen Kiebitz entdecke, "geht danach achtsamer mit seiner Umgebung um." Daniel Stöckel, ehrenamtlicher Biotopfleger, warnt, dass zwar noch viele geschützte Tier- und Pflanzenarten im Dachauer Moos zu finden seine. "Aber die Bestände sind rückläufig."

Gerne werden die engagierten Bürger gehört haben, dass das Umweltministerium einen neuen "Masterplan Moore" auflegt zur Renaturierung dieser wichtigen und sensiblen Landschaften, die Bayern stark prägen. "Damit nicht zerstört wird, was unwiederbringlich ist", sagte Umweltminister Marcel Huber (CSU) im Schloss Dachau. Intakte Moore als "essenzielle ökologische Infrastruktur" bieten Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten, stabilisieren bei extremen Wetterereignissen den Wasserhaushalt und binden mehr Kohlendioxid als jedes andere Ökosystem, erläuterte Huber. "Das sollte uns Motivation sein, auf unsere Moore aufzupassen."

Der Freistaat wird 16 Millionen Euro investieren und ressortübergreifend arbeiten, um Landnutzung und Naturschutz unter einen Hut zu bringen. Ein Projekt, dem angesichts des jüngsten Klimaschutzberichts besondere Bedeutung zukommt. Aber auch deshalb wichtig ist, weil Fragen des Klimaschutzes "die Menschen überall intensiv beschäftigen", wie die stellvertretende Landrätin des Landkreises München, Annette Ganssmüller-Maluche (SPD) betonte.

Doch gerade in der Boomregion um München stehen Naturschutz-Projekte vor besonderen Herausforderungen - und immer in Konkurrenz zu anderen Vorhaben. Etwa den geplanten Umfahrungsstraßen Nord und Ost. Diesen Konflikt sieht auch Dachauer-Moos-Vorstand Felbermeier. "Wir sind ein extremer Verdichtungsraum, das erfordert Kompromisse." Eine Ideallösung gebe es nicht, erklärte auch Landrat Stefan Löwl (CSU). Aber jeder müsse anpacken, Maßnahmen dürften nicht radikal sein, müssten sich am Möglichen ausrichten. Vorbilder könnten Vorhaben vom Rheinmaingebiet bis zum Oberland sein, die auf der Konferenz präsentiert wurden. In jedem Fall, so Felbermeier, müssten alle sich an dem Ziel ausrichten "dieses Kulturerbe für nachfolgende Generationen zu bewahren."

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SZ vom 09.10.2018
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