Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Pfaffenhofen:Bodenständige Harmonie

Die Grünen haben gewaltigen Rückenwind. Doch im ländlichen Pfaffenhofen ist CSU-Bürgermeister Helmut Zech unangefochtener Favorit. Als Konservativer, der auch offen für Neues ist, findet er immer wieder Lösungen, die auch die anderen Kräfte im Gemeinderat mittragen.

Von Horst Kramer, Pfaffenhofen a.d. Glonn

"Was wollt Ihr eigentlich anders machen?", wollte Gabriele Berglmeir von der Grünen-Bürgermeisterkandidatin Susanne Vedova, 55, wissen. Gestellt wurde diese Frage auf einer Veranstaltung der Pfaffenhofener Grünen, der Landtagsabgeordnete Martin Büchler referierte dort zum Thema "Mobil auf dem Lande". Berglmeir, eine Bauexpertin im Rathaus der kleinen Glonntalkommune, fuhr fort: "Es ist doch toll, was Helmut und der Gemeinderat in den vergangenen Jahren alles geleistet haben! Und das sage ich, obwohl er mein Chef ist." Berglmeir erntete einige Lacher und Kopfnicken. Ihr Chef heißt Helmut Zech, 51. Er regiert in Pfaffenhofen seit 2002 und ist Mitglied der CSU.

Ähnlich wie die kommunale Beamtin hatte sich kurz zuvor Klaus Reindl, 65, geäußert, der intellektuelle Kopf der AWG (Allgemeine Wählergruppe), die zweite politische Gruppierung im Pfaffenhofener Gremium: "Helmut hat viel bewegt. Er ist der letzte, der bei uns alles zupflastern will." Reindl ist kein CSU-Fan, er hat sich oft kritisch zu Vorhaben Zechs geäußert, ebenso zu Entscheidungen des Landratsamts unter Stefan Löwl (ebenfalls CSU).

Die beiden Äußerungen sind bezeichnend für die politische Stimmung in der kleinen Glonntalkommune: Seitdem sich die Ortsgruppe der Grünen im vergangenen Jahr gegründet und Susanne Vedova ihren Hut als Bürgermeisterkandidatin in den Ring geworfen hat, herrscht eine gewisse Nervosität im sonst so beschaulichen Pfaffenhofen. Bis zu zwanzig Prozent der Stimmen werden den Grünen zugetraut - eine sehr optimistische Einschätzung, hatten dort bei den Europawahlen im vergangenen Jahr doch gerade mal rund 13 Prozent für die Ökopartei votiert.

Doch selbst dieses Ergebnis würde wohl für zwei Sitze im Gemeinderat reichen. Da das Gremium von zwölf auf 14 Sitze wächst, besteht die Chance, dass die CSU erneut sieben Vertreter und die AWG weiterhin fünf Personen in den Rat schicken kann. "Die Gemeinderatswahl ist eine Persönlichkeitswahl", geben sich die AWG-Listenführer Harald Mang, 53, und Manfred Wolf, 47, selbstbewusst. Beide sind im Ort bestens bekannt, im Gegensatz zu manchen Namen auf der Grünen-Liste. Mang fungiert zudem als zweiter Bürgermeister. Dass Wolf im Vorstand des Pfaffenhofener CSU-Ortsverbands sitzt, sehen die Grünen kritisch. "Da steht zwar AWG oben über der Liste, doch darunter findet man CSU", monierte Vedova kürzlich und warb: "Wer nicht die CSU wählen will, muss uns die Stimme geben." Dass viele Gemeinderatsbeschlüsse in den vergangenen Jahren einstimmig gefasst wurden, hat indes weniger mit der CSU-Nähe mancher AWG-Räte zu tun, dafür mehr mit der konservativen Grundeinstellung der Landbevölkerung.

Manches konnten jedoch auch Zech und sein harmonisches Gremium nicht durchsetzen. So kommt ein Radweg zwischen Unterumbach und Oberumbach nicht zustande, weil sich ein Grundbesitzer beharrlich weigert, einen schmalen Grünstreifen zur Verfügung zu stellen; die dringend notwendige Erneuerung des Straßenbelages bleibt damit ebenfalls liegen. Die für Schulkinder so bedeutsame Radstrecke nach Dietenhausen hängt aus demselben Grund in der Luft. Die Zweitrangigkeit des Zweiradverkehrs korreliert mit der Priorität des Autos. So lehnten nicht wenige Bewohner der Glonntalkommune die Ansiedlung eines Lebensmittelmarkts am Kreisverkehr bei Wagenhofen mit dem Argument ab, dass man ja sowieso mit dem Auto nach Odelzhausen fahre. Zech hat sich im abgelaufenen Jahrzehnt als lernfähiger Konservativer erwiesen. Er war der erste Bürgermeister auf dem Land, der auf barrierefreies Bauen setzte und kommunale Wohnungen errichten ließ. Zwar nur im kleinen Rahmen, aber Pfaffenhofen ist auch eine kleine Gemeinde. Zech ist ein überzeugter Verfechter erneuerbarer Energien und hatte sich schon kritisch über Kernkraftwerke geäußert, als die Mehrheit seiner Partei im Atomstrom noch die Zukunft sah. Zudem ist er ein versierter Baumanager - er koordinierte erfolgreich das Megaprojekt des Odelzhausener Schulzentrums oder auch den aktuellen Bau des Egenburger Kinderhauses, in dem sogar für eine Arztpraxis Platz ist.

Seine Herausforderin Vedova, 55, hat sich erst im vergangenen Jahr zu einem parteipolitischen Engagement entschlossen. Kommunalpolitisch trat die Pädagogin erstmals hervor vor einigen Jahren als eine von mehreren Initiatorinnen einer Unterschriftenliste, die für den Erhalt der Verwaltungsgemeinschaft mit Odelzhausen und Sulzemoos eintrat - ein Begehren, das zum Scheitern verurteilt war, weil die beiden größeren Kommunen unbedingt ihre Selbständigkeit wiedererlangen wollten.

So spät Vedova zur Kommunalpolitik gefunden hat, so leidenschaftlich vertritt sie nun ihre Ziele: Sie fordert mehr Bürgerbeteiligung, einen Gemeindeentwicklungsplan oder auch die ökologische Bepflanzung und Pflege aller öffentlichen Flächen. Ganz konkrete Maßnahmen sind in ihrem Programm nicht zu finden. Sie gesteht offen ein: "Wir müssen noch lernen." Etwa sich mit dem Gemeindehaushalt auseinanderzusetzen, der auf Baulandeinnahmen angewiesen ist.

Zech nimmt seine Gegenkandidatin ernst, ebenso die grüne Liste. So ernst, dass er die Öko-Kommunalpolitiker bei öffentlichen Auftritten zu erwähnen vermeidet. Der Vizelandrat will mit einem guten Wahlergebnis beweisen, dass er mit seinem Stil die Welle grüner Zustimmung brechen kann. Nicht zuletzt davon könnte abhängen, ob er auch im nächsten Kreistag wieder als Stellvertreter eines siegreichen Landrats Stefan Löwl fungieren darf. Alles andere als ein deutlicher Sieg Zechs mit mindestens sechzig Prozentpunkten Vorsprung wäre eine Sensation. Vedova könnte hingegen eine Zustimmung von zwanzig Prozent als Erfolg verbuchen.

Zechs CSU wie auch Mangs AWG taten sich schwer, politisch interessierte Frauen für ein Engagement unter ihren Wappen zu begeistern: Beide Fraktionen schicken jeweils nur drei Kandidatinnen ins Rennen. Die Grünen bieten immerhin fünf Frauen auf ihrer zehnköpfigen Liste auf, besetzt im paritätischen Reißverschlussverfahren. Das Abstimmungsverhalten der Wählerinnen dürfte beim Ergebnis eine entscheidende Rolle spielen. Wo die eingangs erwähnte Gabriele Berglmeir ihr Kreuzchen machen wird, lässt sich indes jetzt schon erraten.

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SZ vom 25.02.2020
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