Kommunalwahl in Dachau:Ende einer Ära

Kommunalwahl in Dachau: Drei Kandidaten kämpfen um den Posten von Hansjörg Christmann und wollen ins Landratsamt Dachau einziehen.

Drei Kandidaten kämpfen um den Posten von Hansjörg Christmann und wollen ins Landratsamt Dachau einziehen.

(Foto: DAH)

Klare Favoriten, ungewisse Mehrheiten und mehrere offene Rennen: Drei Kandidaten kämpfen um den Posten von Hansjörg Christmann. Und in sechs Gemeinden im Landkreis Dachau kann die Wahl noch spannend werden. Ein interaktiver Überblick.

Von Helmut Zeller

Eine Ära geht zu Ende. Nach 37 Jahren kandidiert Bayerns dienstältester Landrat Hansjörg Christmann (CSU) nicht mehr. Wer jedoch glaubte, die Landratswahl werde nun endlich einmal spannend, wurde enttäuscht. Der SPD-Chef und Landtagsabgeordnete Martin Güll erkannte zwar die "historische Chance" auf einen Politikwechsel - doch weder seine Partei noch die Grünen oder Freien Wähler (FW) wollten sie wirklich ergreifen. Vor allem an den Freien Wählern scheiterten Gülls Pläne für eine Allianz, die einen gemeinsamen Kandidaten gegen die CSU ins Rennen schicken sollte. Davor hätten sich die Christsozialen gefürchtet.

Die CSU erlitt in der Kommunalwahl 2008 landesweit herbe Verluste. Hansjörg Christmann verlor mehr als 13 Prozentpunkte und erreichte 53 Prozent. Ein deutliches Warnzeichen des Wählers. Sein voraussichtlicher Nachfolger, der 40-jährige CSU-Mann Stefan Löwl, kann mit einem solchen Ergebnis mehr als zufrieden sein. Aber die Situation ist günstig: Nach dem CSU-Erfolg bei den Landtagswahlen 2013 ist das Stimmungsbarometer wieder gestiegen.

Stefan Löwl, ein Jurist und Neuling im politischen Geschäft, kann die Landratswahl vielleicht sogar auf Anhieb gewinnen - fehlt es doch an gefährlichen Mitbewerbern. Michaela Steiner (FW) kämpft auf aussichtslosem Posten. Als Vorsitzende von "Dachauer Land" wird sie zwar Sympathiepunkte sammeln, doch auch in den eigenen Reihen wurden Zweifel an ihrer Kompetenz laut. Wie, fragen nicht wenige, konnten die Freien Wähler sie nur nominieren?

Der Sozialdemokrat Martin Güll ist ein politisches Schwergewicht, aber er will eigentlich gar nicht ins Landratsamt einziehen. Als Kandidat ließ er sich einfach deshalb aufstellen, weil seine Partei niemand sonst hatte. Der Bildungsexperte der SPD macht im Landtag einen guten Job - und dort wollen ihn seine Wähler auch sehen.

So wird die Kommunalwahl am 16. März keine Wende bringen. Der Umweltexperte Stefan Löwl, obgleich ein eher aufgeschlossener und bürgernaher Vertreter der neuen CSU-Generation, wird keinen Perspektivenwechsel in der Kreis-Politik herbeiführen. Da steht schon die Partei davor. Die paar Grünen, die davon träumen und für Löwl trommeln, werden bald aufwachen. Der Wähler will auch keinen Wandel: Es läuft doch alles gut. Hansjörg Christmann war immer mal wieder umstritten, zuletzt wegen seiner Verstrickung als Verwaltungsratsmitglied in die Landesbank-Affäre. Aber seine kommunalpolitische Bilanz nach 37 Jahren, etwa in der Schulpolitik oder in der Förderung von Kunst und Kultur, sticht. Darauf kommt es dem Wähler im Landkreis an, und viele verbinden die Erfolge mit der CSU.

Natürlich, es gibt Probleme, große sogar, und sie lassen sich unter dem Stichwort "Metropole und Dorf" zusammenfassen. Der Siedlungsdruck im Ballungsraum München stellt den Landkreis und seine 17 Kommunen vor Herausforderungen: zunehmender Landverbrauch, größere Verkehrsströme, explodierende Mieten und Wohnraummangel, steigende Armut und soziale Konflikte oder auch die Energiewende.

Verhalten der Freien Wähler sorgt für Irritationen

Doch das alles ist nicht (mehr) strittig. Die Parteien und ihre Kandidaten unterscheiden sich in ihren Antworten darauf nicht wesentlich. Vielleicht schleppt sich deshalb, ungeachtet des Engagements einzelner Kandidaten und der Plakatwälder, der Wahlkampf eher so dahin. Vielleicht ist der Wähler - unter dem Eindruck der Berliner Intrigenspiele und Münchner Kapriolen - auch einfach der Politik müde. Das wird die Wahlbeteiligung zeigen. Schon bei der Landratswahl 2008 lag sie bei schmalen 59,19 Prozent. Noch weniger Bürger hielten die Kreistagswahl für wichtig. Grüne und ÖDP gewannen damals dazu; ob sie darauf aufbauen können, ist fraglich. Die CSU wird wohl die stärkste Fraktion im Kreistag bleiben.

Ein Fragezeichen hinterlässt der verhaltene Auftritt der Freien Wähler im Landkreis, die allerdings geschwächt sind - durch die Dachauer Quertreiber, die eine eigene Liste aufstellten. Die FW nominierten nicht nur eine chancenlose Landratskandidatin. Auch ihre dominante Rolle in der Protestbewegung gegen die dritte Startbahn am Münchner Flughafen haben sie in diesem Wahlkampf aufgegeben - trotz der aktuellen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in München, alle Klagen abzuweisen.

2008 brachten ihnen Startbahngegner wie der Röhrmooser Bürgermeister Hans Lingl noch Stimmengewinne. Der kandidiert aber nicht mehr für das Bürgermeisteramt, ebenso wie seine Kollegen in Altomünster, Markt Indersdorf, Erdweg und Hebertshausen. Fünf Rathäuser - die CSU-Kandidaten haben mit Ausnahme von Altomünster durchaus gute Chancen, sie den Freien Wählern wegzunehmen. In Indersdorf hat der Wahlkampf fast leidenschaftliche Züge - denn dort geht es nicht allein um Politik, sondern um persönliche Kränkungen.

Wo die CSU verlieren könnte

In acht Gemeinden stellen die Christsozialen den Bürgermeister, nachdem Stefan Kolbe 2008 die einstige SPD-Hochburg Karlsfeld eingenommen hat. Die zweitgrößte Gemeinde im Landkreis gewinnen die Sozialdemokraten nicht mehr zurück. Ihnen droht sogar der Verlust der letzten Bastion: Vierkirchen. Der SPD-Bürgermeister Heinz Eichinger tritt nicht mehr an - und da der Dachau Agil-Vorsitzende schon immer schwarz grundiert war, hoffen die Christsozialen doch sehr.

Die CSU könnte aber auch verlieren: Die Bürger in Odelzhausen sind ihrem CSU-Bürgermeister Konrad Brandmair ob der Probleme mit der Kläranlage doch sehr gram. Die Bürgermeisterwahlen in diesen Gemeinden sorgen jedenfalls noch für etwas Spannung bei der Kommunalwahl 2014. Der Wahlausgang in der Stadt Dachau dagegen ist klar: Selbst wenn Oberbürgermeister Peter Bürgel (CSU) wie vor sechs Jahren in eine Stichwahl gezwungen werden sollte - er wird gewinnen. Der Vorwurf einer laxen Amtsführung, den politische Gegner immer wieder mal gerne erheben, prallt an ihm ab. Nicht zuletzt wegen seines jüngsten Erfolgs: dem erfolgreichen Abschluss der jahrelangen Grundstücksverhandlungen für die Aussiedelung des TSV 1865, der auf seinem beengten Stammgelände keine Zukunft mehr hat.

Die Kontrahenten, der 27-jährige SPD-Stadtrat Florian Hartmann und ÜB-Stadtrat Rainer Rösch, haben gegen Bürgel keine Chance. Die Dachauer SPD muss eher um Stadtratssitze bangen: Ihr Renegat, Stadtrat Horst Ullmann, tritt mit einer eigenen Liste gegen seine früheren Genossen an. Aber das größte Kuriosum bleibt: Die Ära Christmann geht zu Ende - doch verändert sich damit so gut wie nichts.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: