Kommunalwahl in Dachau:Eklat bei den Grünen

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Fraktionsvorsitzender Thomas Kreß kassiert auf der Aufstellungsversammlung für den Stadtrat eine krachende Niederlage. In der Stichwahl um den vierten Listenplatz verliert er gegen Martin Modlinger. Diesem wirft Kreß anschließend "schlechten Stil" vor

Von Jacqueline Lang, Dachau

Es brodelt in Stadtrat Thomas Kreß, das ist unübersehbar. Gerade haben ihn die Mitglieder seines Grünen-Ortsverbandes auf der Aufstellungsversammlung für die Stadtratskandidaten abgewatscht und auf Platz sechs der Liste gewählt. Kreß, der seit 2008 im Dachauer Stadtrat sitzt und Fraktionsvorsitzender ist, hatte sich für den vierten Listenplatz beworben, doch die Stichwahl gegen Martin Modlinger verliert er. Kaum hat Wahlleiter Anton Speierl die Versammlung nach knapp drei Stunden für beendet erklärt, geht Kreß an den Tisch, an dem Modlinger sitzt, und wirft ihm "schlechten Stil" vor. Sich als jemand, der sich nur selten bei Ortsversammlungen blicken lasse, so in den Vordergrund zu drängen, sei nicht die feine Art, sagt Kreß verärgert. Er geht weg, ohne eine Antwort abzuwarten.

Es knirscht gewaltig bei den Dachauer Grünen. Im Bund und in den Kommunen ist die Partei im Höhenflug. Aufwind, den sie für die bevorstehende Kommunalwahl am 15. März 2020 gebrauchen können. Die Aussicht auf ein gutes Ergebnis weckt Begehrlichkeiten bei Parteimitgliedern, das zeigt die Aufstellungsversammlung in Dachau. In der Landtagswahl 2018 hatte Stadtrat Kreß als Spitzenkandidat zweistellige Ergebnisse für sich und seine Partei eingefahren - selbst die politischen Gegner erkannten das als sensationelles Ergebnis an.

Kreß hat nicht zum ersten Mal das Nachsehen

Dennoch hat Kreß jetzt - und nicht zum ersten Mal - das Nachsehen. Ihm und seiner Stadtratskollegin Luise Krispenz wurden Ambitionen auf die Spitzenkandidatur für die Oberbürgermeisterwahl in Dachau nachgesagt. Vor allem bei Kreß soll die Parteispitze intensive Überzeugungsarbeit geleistet haben, bis er sich mit dem Sozialdemokraten und amtierenden OB Florian Hartmann als gemeinsamen Kandidaten von Grünen, SPD und Bündnis für Dachau einverstanden erklärt hatte. Nun muss Kreß sich mit Platz sechs begnügen. Bislang haben die Grünen vier von insgesamt 40 Sitzen im Stadtrat, ob es bei der kommenden Wahl für mehr reicht, bleibt noch abzuwarten.

Luise Krispenz steht auf der Liste ganz oben. (Foto: Niels P. Joergensen)

Bei der Aufstellungsversammlung am Donnerstagabend schlägt Jasmin Lang, Sprecherin des Ortsverbands, Thomas Kreß für den vierten Listenplatz vor. Zugleich wird Martin Modlinger von Richard Seidl vorgeschlagen, der kurz zuvor selbst auf Listenplatz zwei gewählt worden war. Die Stichwahl gewinnt Modlinger mit 14 zu sieben Stimmen deutlich. Weil bei den Grünen ungerade Listenplätze automatisch Frauen vorbehalten sind, kommt Kreß erst wieder für Listenplatz sechs in Frage. Für diesen Platz wird er zwar mit 18 von 21 Stimmen gewählt, doch seit der verlorenen Stichwahl sitzt Kreß nur noch mit verschränkten Armen in der Ecke.

"Das ist Demokratie, Thomas"

Er wartet nur noch ab, bis der offizielle Teil beendet ist, um Modlinger "schlechten Stil" vorzuwerfen. In der Gaststube herrscht betretenes Schweigen. Lediglich Jasmin Lang geht dazwischen. "Das ist Demokratie, Thomas", sagt sie sichtlich genervt. Dabei hatte Kreß selbst noch vor seiner Niederlage darauf hingewiesen, dass Listenplätze nach dem bayerischen Wahlrecht gar nicht so entscheidend sind, weil es die Möglichkeit zu kumulieren gibt. So nennt man es, wenn ein Wähler einem einzelnen Kandidaten mehrere Stimmen gibt. Bis zu drei Stimmen pro Kandidat sind möglich.

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Kreß hat den Ortsverband 2006 neu mitgegründet. Die Grünen hätten in den vergangenen Jahren häufig "Überzeugungsarbeit leisten müssen", aber mit guten Argumenten habe man sich oft durchgesetzt, und so wolle er bei einer Wiederwahl auch weitermachen. "Ich bin Stadtrat mit Leidenschaft", schloss Kreß seine Vorstellung. Diese Leidenschaft dürfte ihm von den Anwesenden niemand absprechen wollen. Bis auf diesen einen Zwischenfall verlief die Grünen-Versammlung, wie gewohnt, harmonisch. Vor allem der weibliche Nachwuchs im Dachauer Ortsverband der Grünen signalisierte Geschlossenheit: Die Sprecherin Jasmin Lang schlägt ihre Kollegin Luise Krispenz, beide 30, für Listenplatz eins vor. Von den anwesenden Mitgliedern wird Krispenz mit großer Mehrheit gewählt. Umgekehrt schlägt sie dann Lang für Listenplatz drei vor. Und Sarah Jakob, 29, die als Kreiskassierin, wie sie selbst sagt "bislang eher im "Hintergrund tätig ist", wird für Listenplatz fünf von Krispenz vorgeschlagen. Die beiden jungen Frauen werden ebenfalls mit großer Mehrheit gewählt.

Somit stehen schließlich die ersten zehn Plätze, die einzeln und geheim abgestimmt worden sind, fest: Luise Krispenz, Richard Seidl, Jasmin Lang, Martin Modlinger, Sarah Jakob, Thomas Kreß, Simone Duling, Helmut Esch, Sabine Bader und Anton Speierl. Auf den übrigen 22 Listenplätzen befinden sich neben ein paar Parteineulingen und langjährigen Mitgliedern auch Nichtmitglieder. Um die Liste auf die 40 Sitze im Stadtrat aufzufüllen, wird beschlossen, die ersten acht Plätze doppelt zu gewichten.

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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